Biohacking - Gentechnik aus der Garage
sich anhand von nur sechs der mal langen, mal weniger langen Erbgutregionen Hunde zuverlässig voneinander unterscheiden lassen sollen. Bei genetischen Fingerabdrücken vonMenschen werden mittlerweile bis zu 15 solcher Regionen untersucht, um jeglichen Irrtum auszuschließen und absolut sicherzustellen, dass der genetische Fingerabdruck einer DNA-Spur vom Tatort tatsächlich nur zu einer Person passt.
Wir sind DIY-Biologen, es liegt in unserem Wesen, mit so einfachen Methoden wie möglich zu arbeiten und den Aufwand in Grenzen zu halten. Wir beschließen deshalb nach einer kurzen Übung in Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Papier und Bleistift, nur vier Erbgut-Regionen zu untersuchen. Denn das sollte bei der relativ kleinen Zahl überhaupt in Frage kommender Hunde vollkommen ausreichen. Wir wollen wieder den gebraucht gekauften Gen-Kopierer benutzen, mit dem wir gezielt die Abschnitte aus dem Hunde-Erbgut vermehren können, die uns interessieren. Dazu bestellen wir wie gehabt kurze Stücke künstlicher DNA, Primer genannt, die jeweils den Anfang und das Ende des Abschnitts markieren, den wir vermehren wollen. Sie sind jeweils bloß 20 Bausteine lang. Kosten: 9,97 Euro pro Primer. Einer davon beginnt passenderweise mit der Bausteinsequenz ACACAA ...
Statt einer einzigen orangefarbenen Bande wie beim Sushi wollen wir dieses Mal also vier verschiedene Banden in unserem Elektrophorese-Gel sehen – je nach Länge unterschiedlich weit in unserem Gel gewandert. Vier pro Tier, genauer gesagt. Und je nachdem, wie weit die Proben im Gel laufen, werden sie ein individuelles Muster ergeben.
Es klingt simpel, wenn man es in der Versuchsanleitung liest. Es ist aber, wie sich natürlich wieder einmal herausstellt, verdammt schwer, es mit unseren Mitteln in ein funktionierendes Experiment umzusetzen.
Wir machen uns in dieser Zeit nicht unbedingt Freunde auf unserer Büroetage. Beim Hantieren mit den Fundstücken riecht es recht deutlich nach dem, womit wir da arbeiten. Als wäre das nicht schon für einen Tag schlimm genug, brauchen wir auch noch eine geschlagene Woche, bis wir Hunde-Erbgut aus den Proben bekommen. Immer wieder müssen wir von vorne anfangen, wieder ein Stück Hundedreck auflösen, braune Flüssigkeit pipettieren, zentrifugieren, umfüllen, alles wieder reinigen. Das Raumdeodorant, das wir versprühen, kann unsere Amateurhaftigkeit leider nicht übertünchen.
Nach einer Woche sehen wir es dann endlich einmal wieder, das glücklich machende Leuchten im Gel, das keinen Unterschied zwischen Erbgut aus Fischfilet und Hundehaufen macht. Es ist unser erster genetischer Fingerabdruck. Zu welchem vierbeinigen Täter er gehört, wissen wir damit aber noch lange nicht. Zum Abgleich brauchen wir noch Erbgutproben der Verdächtigen aus der Nachbarschaft. Zum Massengentest können wir sie nicht vorladen, ihre Besitzer würden da kaum mitmachen. Wir brauchen einen Trick.
Wer in Deutschland DNA-Proben von Menschen ohne deren Einwilligung nimmt und untersucht, dem droht eine Gefängnisstrafe. Wir hoffen, dass diese Regeln nicht auch für die Beschaffung von Hunde-Erbgut gelten. Und gehen Köder für den DNA-Fang kaufen.
Im nächsten Tierfutterfachgeschäft besorgen wir handliche Gummibälle in Gelb und Grün. Wenn man sie drückt oder auf sie beißt, quietschen sie. Es sind Dinge, die Hunde gern ins Maul nehmen, ohne sie gleich zu fressen. Ideal. Ausgerüstet mit dem Spielzeug und sterilen Plastiktüten bewegen wir uns in den Park, aus dem auch das braune Corpus delicti stammte, von dem wir inzwischen den genetischen Fingerabdruck haben. Um nicht zu sehr aufzufallen, haben wir ein paar Nachbarn mit ihren Hunden organisiert, mit denen wir „Bring das Bällchen“ spielen – was tatsächlich funktioniert und auch andere Hunde sehr interessiert, deren Besitzer erstaunlicherweise weniger.
Ein paar Mal apportieren, und der Sabber trieft vom Ball. Das ist immer noch besser als in Kot wühlen zu müssen. Möglichst unbemerkt vom Herrchen beendet Sascha das Spiel und lässt den nassen Probenträger in eine der Plastiktüten gleiten. Im Laufe des Nachmittags sammeln wir auf diese Weise ein Dutzend DNA-Bälle. Auf den Tüten notieren wir Beschreibungen der jeweiligen Hunde, die nicht unbedingt von hunderassensachkundiger Expertise zeugen: „klein, schwarz, pudelähnlich“, „großer Wuschel“ oder „alter Spitz“.
Nach jeder dieser Probennahmen während unserer Feldforschung wäscht sich Sascha penibel die Hände mit
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