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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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    Mitte Juni 2012 sitzen wir mit Dutzenden Biohackern in einem fensterlosen Tagungsraum im Keller eines Hotels in Walnut Creek, acht Stationen mit der Regionalbahn BART nordöstlich von San Francisco. Begrüßt von einer freundlichen blonden FBI-Agentin, versorgt mit einem „FBI-Menü“ vom Hotel und gegrüßt von einem FBI-Beamten auf dem Weg ins plüschige Hotelzimmer, lässt sich das Gefühl nicht abschütteln, beobachtet zu werden. Dabei gibt sich Nathaniel Head, leitender Special Agent der „Biological Countermeasures Unit“ des FBI und promovierter Mikrobiologe, alle Mühe, sich als Buddy der Biohacker darzustellen. Er ist der Kopf des „Outreach“-Programms und sagt, er könne den Enthusiasmus der fortschrittsaffinen Biohacker gut nachempfinden. So klingt es tatsächlich zunächst nicht nach Spionage, wenn er erklärt, dass das Büro den Workshop organisiert habe, um „mehr über Biohacking“ zu lernen und um „in der Lage zu sein, zwischen den ‚white and black hats‘ zu unterscheiden“.
    Die Schwarzhüte sind im Hacker-Slang jene Gestalten, die ihr Wissen nutzen, um Schaden anzurichten. Die Weißkappen dagegen sinddie Guten in diesem Bild, jene, die Schwachstellen von Systemen offenlegen, ohne sie zu missbrauchen, und vielleicht sogar Systemverbesserungen vorschlagen. Auf DIY-Biologen übertragen bedeutet das: harmlose Bastler einerseits, bioterroristisch motivierte andererseits. Dass man als Behörde auf der Suche nach diesen Hutfarben erst einmal verstehen muss, was Biohacker überhaupt machen, ist nachvollziehbar. Bei Steve Kurtz jedenfalls fehlte dieses Wissen ganz offensichtlich.
    Seit 2009 verfolgt das FBI die „Outreach“-Strategie – offenbar nicht ganz erfolglos. Beim jährlichen iGEM-Wettbewerb etwa, der immer wieder Biohacker hervorbringt (siehe Kapitel 3), veranstalten die Agenten Workshops zu Sicherheitsfragen. Und anstatt mit Schutzanzügen anzurücken und grundlos Leute zu verhaften, bieten die Beamten den Biohackern frühzeitig ihre Unterstützung beim sicheren Aufbau von Biohackerspaces an, kommen mit ihnen ins Gespräch und erklären dann ihre Sicherheitsanliegen. In die Gründung des New Yorker „Genspace“ waren die Beamten früh involviert, stellten Kontakte zum Chef der New Yorker Feuerwehr und den Gesundheitsbehörden her – und feierten dann sogar auf der Eröffnungsparty mit. Die Gründer von Biocurious in Sunnyvale haben die Handynummern des in der Bay-Area zuständigen FBI-Beamten Sean Donahue in ihren eigenen Telefonen gespeichert.
    Und auch sonst ist es für viele US-Biohacker offenbar inzwischen eine Selbstverständlichkeit, mit dem FBI zusammenzuarbeiten. Die erste gemeinsame Konferenz mit der amerikanischen Szene fand 2009 in San Francisco statt. Für Walnut Creek 2012 gingen zum ersten Mal auch Einladungen nach Europa und Asien.
    Gut drei Dutzend Biohacker sind der Einladung gefolgt, überwiegend junge Leute in den Zwanzigern oder Dreißigern. Darunter Biologen, aber auch Programmierer, Elektrotechniker und Künstler. Es ist ein bunter Haufen, den das Desinteresse an modischer Kleidung und die Lust am Forschen und Tüfteln vereinen. Jeans und T-Shirts mit Uni-Emblem herrschen vor. Im Gegenzug zur Übernahme der Spesen für Hotel- und Flugkosten bittet das FBI die Hacker um einen kurzen Vortrag über die derzeitigen Aktivitäten.
    Zwei Tage lang hören wir von der Arbeit der Kollegen und der rasanten Entwicklung der Bewegung, aber auch von den Problemenmit sensationslüsternen Medien und misstrauischen Behörden. Die Sicherheit der eigenen Unternehmungen ist in vielen Vorträgen ein wesentliches Thema. Und es wird deutlich, dass man noch ganz unterschiedlich damit umgeht. Während Biohacker im New Yorker „Genspace“ ihre Experiment-Ideen zunächst skizzieren und im Zweifelsfall von einem wissenschaftlichen Beirat absegnen lassen müssen, verzichtet man im Biohackerspace Biocurious in Sunnyvale, Kalifornien, auf solche Regularien. „Wir haben keine Kontrollinstanz für Experimente“, berichtet Kristina Hathaway, eine der Biocurious-Gründerinnen, in ihrem Vortrag. Wer zu Biocurious komme, werde lediglich gebeten, das Experiment sicher und legal durchzuführen. Man setze vielmehr auf Transparenz: „Wenn man ins Labor kommt, kann man das andere Ende des Raums sehen“, sagt Hathaway. So bleibe sichtbar, was jeder tue. „Und wir achten darauf, dass die Leute wissen, was sie tun.“
    Dann übernimmt das FBI wieder das Podium, in Gestalt von Heads

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