Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
ob jemand weiß, wann der Muay-Thai -Kampf im Lumphini stattfindet. Das Messer schmiegt sich an ihren Hals, und die Spitze findet ihren Puls. »Ich musste mit ansehen, wie alle meine Freunde im Wald starben, und das nur wegen diesen japanischen Aufziehsoldaten.«
Sie schluckt und wiederholt leise: »So eine bin ich nicht.«
Er lacht. »Natürlich nicht. Du bist etwas ganz anderes. Du gehörst zu den Teufeln, die sie sich in den Schiffswerften auf der anderen Seite des Flusses halten. Unser Volk verhungert, und ihr nehmt uns den Reis weg.«
Der Druck der Klinge wird stärker. Er will sie töten, davon ist sie überzeugt. Sein Hass ist groß, und sie ist nichts weiter als Abfall. Er ist high und zornig und gefährlich, und sie ist nichts. Nicht einmal Gendo-sama hätte sie jetzt beschützen können. Sie schluckt und spürt dabei, wie sich die Klinge gegen ihren Adamsapfel presst.
Wirst du so sterben? Ist das deine Bestimmung? Einfach ausgeblutet zu werden wie ein Schwein?
Zorn lodert in ihr auf, ein Gegengift gegen die Verzweiflung.
Wirst du nicht einmal um dein Überleben kämpfen? Haben die Wissenschaftler dich so dumm gemacht, dass du nicht einmal einen Versuch unternimmst, dich zu retten?
Emiko schließt die Augen und betet zu Mizuko Jizo Bodhisattva und dann sicherheitshalber zu Bakeneko, dem Geist der Cheshire. Sie holt tief Luft und schlägt dann mit ganzer Kraft die Hand mit dem Messer beiseite. Die Klinge fährt ihr über den Hals, ein brennender Schnitt.
»Arai wai?!«, ruft der Mann aus.
Emiko versetzt ihm einen Stoß und weicht dem Messer aus, das durch die Luft zuckt. Als sie in Richtung Straße sprintet, hört sie hinter sich ein Ächzen und einen dumpfen Schlag. Sie blickt nicht zurück. Sie stürzt auf die Straße, und dabei ist es ihr gleichgültig, dass sie sich als Aufziehmädchen zu erkennen gibt, es ist ihr egal, dass sie, wenn sie rennt, sich überhitzen und sterben wird. Sie ist wild entschlossen, dem Dämon, der sie verfolgt, zu entkommen. Sie wird brennen, aber sie wird nicht sterben, ohne sich zu wehren, wie ein Schwein, das zur Schlachtbank geführt wird.
Sie flieht die Straße hinunter, weicht Pyramiden aus Durianfrüchten aus und springt über zusammengerollte Hanfseile. Diese selbstmörderische Flucht ist unsinnig, aber sie bleibt nicht stehen. Sie drängt einen Gaijin beiseite, der um
Jutesäcke mit einheimischem U-Tex-Reis feilscht. Er fährt herum, stößt einen Schreckensschrei aus, doch sie ist schon vorbei.
Überall um sie herum scheint der Verkehr auf der Straße nur noch dahinzukriechen. Emiko schlüpft unter dem Bambusgerüst einer Baustelle hindurch. Es fällt ihr seltsam leicht zu rennen. Die anderen Menschen scheinen in Honig festzustecken. Nur sie bewegt sich. Als sie einen Blick über die Schulter wirft, sieht sie, dass ihr Verfolger weit zurückgefallen ist. Er ist überraschend langsam. Erstaunlich, dass sie überhaupt Angst vor ihm hatte. Sie lacht, so absurd ist diese Welt, in der alles stillsteht …
Sie stößt mit einem Arbeiter zusammen und schlägt lang hin, wobei sie ihn mit sich reißt. »Arai wa!«, ruft der Mann. »Pass doch auf!«
Emiko stemmt sich auf die Knie hoch, ihre Hände aufgeschürft und taub. Sie versucht aufzustehen, aber die Welt verschwimmt ihr vor den Augen und kippt zur Seite hin weg. Sie stürzt erneut zu Boden. Rappelt sich wieder auf wie betrunken; die Hitze in ihrem Innern droht sie zu überwältigen. Der Boden neigt sich und dreht sich im Kreis, doch es gelingt ihr sich aufzurichten. Sie lehnt sich gegen die sonnenheiße Wand, während der Mann, mit dem sie zusammengestoßen ist, sie anschreit. Sein Zorn brandet über sie hinweg, doch das kümmert sie nicht. Finsternis und Hitze dringen auf sie ein. Sie verbrennt.
Auf der Straße, im Gewirr der Mulikarren und Fahrräder, entdeckt sie das Gesicht des Gaijin. Sie blinzelt die Finsternis beiseite und stolpert einen Schritt vorwärts. Ist sie verrückt? Treibt der Bakeneko -Cheshire seine Späße mit ihr? Sie packt den Mann, der sie anschreit, an der Schulter, starrt in den Verkehr hinaus, um die Halluzination, die ihr siedendes Gehirn ihr vorgegaukelt hat, wiederzufinden. Der Arbeiter
stößt einen Schrei aus und weicht vor ihr zurück, doch sie bemerkt es kaum.
Wieder erhascht sie einen kurzen Blick auf das blasse Gesicht. Es ist der Gaijin, der mit der Narbe aus Raleighs Club. Der ihr gesagt hat, sie solle nach Norden gehen. Seine Rikscha ist kurz zu sehen, bevor sie hinter
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