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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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krähte dazu das ABC-Lied – das bei ihm, so klein wie er war, zu einem ziemlichen Kuddelmuddel geriet, aber immerhin.
    Manchmal setzte Danny Colin auf seine Schultern und schnaufte, mit den Armen pumpend, im Garten herum wie eine Lok, und wenn die Lok pfeifen sollte, zog Colin an Dannys Pferdeschwanz, unter spitzen Begeisterungsschreien, ganz selig in seiner Höhe.
    Aber das waren nur die guten Zeiten, an die Danny dachte. Die Spiele.
    Es kam immer noch vor, dass Colin auf den Boden pinkelte. Er musste gebadet werden. Und auch das Spielen – das nahm Stunden und nochmals Stunden in Anspruch; man konnte den armen Kerl schließlich nicht vor dem Fernseher parken und sein Gehirn vergammeln lassen. Ganz zu schweigen von dem unbedeutenden Faktor Persönlichkeit und Erziehung, all den positiven Gefühlen und Gedanken, dem Karma, das Tom und Brynn durch ihre bloße Anwesenheit auf ihn übertragen hatten. Dem Selbstvertrauen.
    Jetzt würde es jeden Augenblick so weit sein, dass Colin aufwachte und fragte, wo seine Mutter war. Und nach einer langen, verplemperten Nacht wusste Danny darauf nach wie vor keine Antwort, oder?
    Gut, so schwierig war die Frage auch wieder nicht. Es gab nur eine Antwort. Danny würde sagen: Deine Mama und dein Papa schlafen, aber sie wachen nicht wieder auf. Andere würden ihm sagen: Deine Mama und dein Papa sind im Himmel, und er würde Colin erklären, dass das letztlich alles das Gleiche bedeutete. Deine Mama und dein Papa sind nicht mehr da. Es würde grauenhaft sein. Colin würde weinen; sie würden alle weinen. Kein Weg führte daran vorbei.
    Nein, die Fragen, über die er in Wirklichkeit nachdenken musste, waren die Fragen, die später auf ihn zukämen, wenn Colin älter war, wenn es viel mehr ins Gewicht fiel, ob Danny log oder die Wahrheit sagte.
    Danny sah sich an einem Tisch in einer kleinen dunklen Küche sitzen, irgendwann in der Zukunft. Colin saß ihm gegenüber – ein Teenager vielleicht, oder sogar schon ein junger Mann. Colin war groß, gutaussehend – mit strubbeligem rotem Haar, Brynns schmalem Gesicht. Toms Brille, möglicherweise. Einem schwarzen T-Shirt.
    Danny hätte nicht sagen können, wo sie waren – nicht in diesem Haus jedenfalls. Eher in einer Wohnung. Ärmlicher irgendwie, schäbiger. Einer Wohnung wie die von Kim, nur dass Kim nirgends zu sehen war. Und warum sollte sie? So viel konnte man nicht erhoffen, so viel konnte man nicht verlangen, weder von ihr noch von sonst einem Menschen.
    Es schien genau die Sorte Wohnung, in der Leute wohnten, die sich stritten. Wie denn auch nicht – er und Colin hatten beide zu viel verloren, um immerzu glücklich und zufrieden zu sein.
    Aber sie stritten nicht, jetzt nicht. Sie hatten jeder eine Bierdose in der Hand, und Colin rauchte -’tschuldige, Brynnie, weiß auch nicht, wo er das herhat. Aber solange es weiter nichts ist …
    Wie waren sie?, fragte Colin ihn. Er hatte Toms Stimme: volltönend, vertrauenerweckend.
    Danny hörte sich antworten: Sie haben sich geliebt. Sie haben dich geliebt. Sogar mich haben sie geliebt.
    Dann waren sie gute Menschen?
    Er sah sich über den Tisch langen und seine Hand auf Colins Hand legen. In das Gesicht des Jungen kam ein abwehrender Ausdruck. Bekümmert. Ängstlich.
    Sie waren die besten Menschen, die ich jemals gekannt habe, sagte Danny. Und du trägst von beiden eine Hälfte in dir.
    Er musste eingenickt sein. Kims Hand auf seiner Schulter ließ ihn hochschrecken. Er sah zum Bett hin, wo Colin lag, immer noch schlafend. Kim kauerte sich neben ihn auf den Bettvorleger.
    Was machst du?, flüsterte sie.
    Ich wollte nicht, dass er alleine aufwacht. Im Moment, in dem er es sagte, wurde ihm klar, dass es die Wahrheit war.
    Sie schmiegte sich enger an ihn.
    Ich bin alleine aufgewacht, sagte sie.
    Es musste ihr bewusst sein, wie das klang.
    Kim -
    Nein, schon gut. Sie flüsterte es dicht an seinem Ohr. Das war … ein Witz. Tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich tun soll.
    Ich auch nicht, sagte er. Mir kann’s fürs Erste wahrscheinlich niemand so leicht recht machen.
    Er konnte ihre Augen kaum sehen in dem Halbdunkel, aber er wusste, dass sie ihn ansah. Sie wisperte: Darf ich hier mit dir sitzen?
    Danny knetete ihre Schulter.
    Ja, sagte er. Klar.
    Sie rutschte noch ein Stück näher. Wieder dachte er voller Panik an all die Dinge, die erledigt sein wollten. Einer von ihnen musste eigentlich sofort zum Coffeeshop rüberlaufen und ein Schild an die Tür hängen. Die Frühschicht konnte jeden

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