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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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auseinanderzusetzen, sei es auch nur aus Abwehr. Unter dem Strich bleibt doch einiges übrig. Der Samen ist gelegt.
    Ich wäre hier gerne länger geblieben, um mehr von der Spiritualität dieser Leute zu lernen, aber ich hätte die Mädchen aufgeben müssen. Das wäre mir schwergefallen. Und wie schon gesagt, der Fluß und der Pilger bleiben nicht stehen, fließen immerdar, bis sie das große Meer erreicht haben. Also machten wir uns wieder zu dritt auf den Weg, fotografierten noch ausgiebig auf der gotischen Brücke mit der Altstadt als Hintergrund und zogen weiter entlang des Lot auf einer einsamen Straße in Richtung Golinhac. Der Weg war ausgesprochen romantisch. Wegen Joanna plante Sissi auch diese Etappe sehr kurz. Wir allein würden sie leicht in knapp vier Stunden laufen. Sissi ließ nichts aus, um Joanna bei Laune zu halten. Deshalb wurden der gestrige Tag und seine Rätsel nicht weiter erwähnt. Das Gespräch drehte sich wieder um harmlose Mädchensachen. Ich konnte entweder vor oder hinter ihnen gehen und ab und zu auf etwas Schönes oder Interessantes hinweisen. Die Mädchen begutachteten es dann angemessen höflich und engagiert und knüpften den Faden dort wieder auf, wo sie ihn durch meine Einmischung verließen. Wenn ich mich vernachlässigt fühlte, versuchte ich mir es nicht anmerken zu lassen. Damit, wie ich inzwischen wußte, brachte ich Sissi immer auf Trab, und ich wollte sie nicht unnötig unter Druck setzen. Immerhin konnte ich beim Zuhören mein französisches Ohr trainieren. Das ist bei der Beherrschung einer Sprache immer das Wichtigste, und es läßt sich nicht aus Büchern oder Schallplatten erlernen, sondern nur vor Ort durch Zuhören. Deswegen helfen auch keine Konversationsbücher, wie sie früher mal oder vielleicht noch heute mit auf die Reise eingepackt werden. Mit ihrer Hilfe kann man zwar die richtige Frage stellen, aber die Antwort versteht man dann sowieso nicht. Ein Kleinkind hört etwa zwei Jahre zu und lernt Laute zu formen. Danach kann es zwar immer noch nicht sprechen, versteht aber alles, was es in seiner Welt zur Kommunikation benötigt. Wenn ich die Sprechfertigkeit eines Fünfjährigen erreichte, konnte ich von mir mit Recht behaupten, ich habe eine Sprache gelernt. In der Schule lernt man acht bis zwölf Jahre eine Fremdsprache und kann viel weniger, das auch noch mit einem furchtbaren Akzent, weil man nie das Hören übte. Nun also hörte ich zu und beschwerte mich nicht.
    Solange wir im Tal entlang des Flusses gingen, war Joanna ohne Probleme. Aber bald ging es wieder steil aufwärts auf Eselspfaden. Das gab zwar schöne Aussichten, vor allem, weil heute wieder ein herrlicher tiefblauer Himmel mit Goldrand über uns stand, doch Joanna hatte bald genug. Immerhin hatten wir es wir bis ganz hinauf geschafft, bevor sie wieder schlapp machte. Also besetzten wir wie gewohnt eine schöne Waldwiese neben dem Weg und ließen es uns gutgehen. Es war aber wirklich sehr steil an dieser Stelle, und die meisten vorbeiziehenden Pilger sahen nicht besser als Joanna aus. Ich aber fing langsam an, mir Sorgen ob der kleinen Laufleistung zu machen. Mit diesem Tempo würde ich bis nach Santiago theoretisch in den Winter geraten. Meine Tagesetappe schrumpfte nun auf gerade die Hälfte des Üblichen. Dafür hatte ich die Mädchen. Doch Erholung war es auch keine. Ich schleppte mich gerade noch dahin. Die schlimmen, blutigen Blasen von früher waren zwar weg, aber die tiefsitzenden an der Ferse taten auch so bei jedem Schritt höllisch weh. Die Sohlen brannten wie Feuer, obwohl ich darin kein Gefühlt mehr hatte. Jeden Abend rieb ich sie sorgfältig mit Fußkreme ein und trug tagsüber abwechselnd Sandalen, wenn er Weg fest genug war. Ich schwitzte wie die Tür vom Stall, was nicht nur davon kam, daß die Temperaturen teilweise bei fünfunddreißig Grad lagen, sondern es war auch ein Zeichen der Erschöpfung. Durch das andauernde Schwitzen, verlor ich rapide Mineralien, bekam bereits seit einer Weile Krämpfe in den Händen und Füßen. Das Eßbesteck bekam ich nur aus der Hand, wenn ich mit der anderen Hand die Finger öffnete. Auch Elisabeth verlor deutlich an Energie. Am Tag zuvor lief sie voll Übermut in großen Sprüngen vom Berg hinunter, ließ sich nichts sagen, und am Abend klagte auch sie über Knieschmerzen. Vielleicht lag es nur an der schweren Strecke, und unsere Kondition war völlig normal. Die langen Mittagspausen hatten aber auch wir beide inzwischen ganz schön nötig. Da

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