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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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aber hier in Frankreich die Übernachtung stets voraus reserviert werden mußte, war es dann auch ganz gleich, ob man früher oder später in der Herberge ankam. Erst ab etwa sieben Uhr war das Bett dann weg.
    Ich wollte den Mädchen Gutes tun und versprach, am Abend wieder Ungarisch zu kochen. Wir hatten trotz der langen Siesta Zeit genug. Der Gîte lag inmitten eines idyllischen Campingplatzes hoch am Hang unter großen Pinien und mit einer grandiosen Aussicht ins Tal. Rundherum blühten wild Lavendel und Rosmarin. Ein Swimmingpool und eine Kaffee-Bar standen allen Gästen zur Verfügung. Die Herberge selbst lag etwas abseits, hatte einen großen Aufenthaltsraum, Kamin und voll ausgestattete Küche. Draußen an der Straße befand sich ein kleiner, doch gut sortierter Selbstbedienungsladen. Die Bedingungen waren also ideal, aber die Mädchen gingen baden. Sissi das Fohlen witterte gleich das Wasser und zog Joanna mit, ohne mir auch nur ein Wort zu sagen. Dort blödelte sie herum und stieß sie vom Beckenrand ins seichte Wasser, und Joanna tat sich dabei weh. Ich konnte es von der Barterrasse zwar sehen, aber nicht verhindern. Dort saß ich erst mit Monika und Lüdtke, die mich einfingen und zu einem Drink einluden, später dann noch mit einem professionellen Heiler, den ich nach seinem Beruf ausfragte. Er behauptete, die göttliche Energie nur weiterzuleiten. Joanna kam weinend zu mir und beklagte sich über Elisabeth. Als ob ich Sissi böse sein könnte, keiner konnte es. Also bat ich den Heiler, ihr bei den Schmerzen zu helfen. Erstens konnte es nicht schaden, zweitens war ich neugierig, ob es funktioniert. Und in der Tat, sofort sind alle Schmerzen von Joanna abgefallen – die vom Camino und die vom Schwimmbecken. Also wiederholte ich das Experiment mit Monika und Lüdtke, und tatsächlich, auch hier voller Erfolg. Nun mußte ich die Mädchen wieder versöhnen. Joanna fühlte sich verletzt, und Elisabeth wies lachend alle Schuld von sich. Joanna habe sie darum gebeten, sie ins Wasser zu schubsen. Das gefiel mir genauso wenig, wie wenn sie Kälbchen mit dem Stock piekte. Es schien mir eine schattige Seite von ihr zu sein. Also wusch ich beiden den Kopf, weil sie sich zanken und amüsieren, sich um mich nicht kümmern und mir nicht helfen. Das brachte sie wieder auf Trab, und wir konnten endlich Einkaufen gehen. Und dort trafen wir gleich das Pärchen, dessen Kamera wir gefunden haben, und wir gaben sie ihnen zurück. Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen. Die arme Sissi war darüber etwas traurig, aber ich freute mich, weil das Paar ihre verliebten Fotos zurück bekam. Aber womöglich war das wieder nur eine der Illusionen, die ich hege. Übermütig meinte ich, eine Flasche guten Rotwein und später unsere Fotos auf einer CD wären ein passender Finderlohn. Froh über die Rückgabe versprach der Schwarze alles, hielt später aber nicht das Wort. Und so sind unsere verliebten Fotos verlorengegangen. Ich hätte mir es gleich denken können.
    Das Abendessen verlief dann etwas chaotisch, weil keiner so recht bei der Sache war. Erst trieben sich die Mädchen irgendwo herum, und ich mußte am gedeckten Tisch auf sie warten. Dann war ihnen das Essen zu scharf, dann aber besannen sie sich wieder und lobten meine Kochkünste, als sie merkten, wieviel mir daran lag. Elisabeth war wohl traurig wegen Joanna und vielleicht auch wegen der Kamera, und Joanna war noch immer verstimmt. Die Gefühle schwankten schnell von einem Pol zum anderen. Joanna wollte plötzlich nicht mehr mit uns im Zimmer, sondern allein im Zelt schlafen. Dabei war das Zimmer schon bezahlt. Aber sie ließ nicht locker, und Sissi, plötzlich wieder um sie besorgt, wollte dann unbedingt bei ihr bleiben. Vermutlich aber traute sie sich wieder nicht, mit mir allein zu sein. Also ließen mich die Mädels einfach sitzen und zogen ins Zelt, wo sie sich tausend Dinge erzählten, und ich saß allein beim Wein am Kaminfeuer. Das war mir ein Trost, weil ich Kaminfeuer sehr mag, und ich sah also dem Spiel der Flammen zu. Aber schöner wäre es bestimmt mit den Mädchen zusammen. Der Herr war heute nicht mit uns.
Conques, km 1510
    Ich wartete, bis das Feuer ausging und ging schlafen. Wie üblich sicherte ich die Tür mit dem Pilgerstab, dann wickelte ich mich nackt in die frischen Laken ein und versank im Schlaf. Ausgeplündert sind die tapferen Streiter, sie sinken hin in den Schlaf; allen Helden versagen die Hände. [36] Um vier Uhr früh aber wurde die Tür

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