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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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die vielen englischen Rentner, die in den hübsch restaurierten Bauernhäusern der Haute Provence hausen, die neue Vorhut. Und Pep setzte auf ihre Art den Hundertjährigen Krieg fort, indem sie den Franzosen lästige Bauvorschriften aufs Auge druckte. Mein Herz aber gewann sie sofort. Nicht, weil ich in England lebte, Engländer mag und in Frankreich kein denkmalgeschütztes Objekt besitze. Sondern, weil sie persönlich James Herriot kannte, den berühmten Schriftsteller und Veterinär. Für mich verkörpert er, was ich an den Engländern so sehr schätze: Zähigkeit, Zurückhaltung, Understatement und Humor. Ein netter, bescheidener Nachbar sei er gewesen, er habe ihren Hund behandelt, erzählte sie. Sein erstes Buch habe er überhaupt nur geschrieben, weil er mal fünfzig Pfund brauchte, und die Bank sie ihm nicht leihen wollte. Von seinen Büchern sind inzwischen Millionen verkauft worden. Endlich konnte ich wieder mit jemanden reden, der sich nicht wie die tonangebenden Piefkes durch meine Worte gleich auf den Schlips getreten fühlte. Dieser penetrante, bornierte, selbstgerechte Haufen!
    In dem wahnsinnigen englischen Tempo erreichten wir schon am frühen Nachmittag unser Ziel und checkten in einer Klosterherberge ein. Keine Minute zu spät. Die gleich nach uns anmarschierte deutsch-slowenische Frauengruppe wollte vehement auch hinein. Doch mit uns zwei war der Laden komplett. Sie mußten sich etwas anderes suchen, was nicht so schwierig sein sollte, weil der Führer für diesen Ort eine private Luxusherberge mit Schwimmbad anpries. Seltsam nur, daß sie am Morgen vor uns losgingen, wir überholten sie nicht, und sie kamen gleich nach uns an. Wie ging das? Nun, vielleicht haben sie sich vor uns im Wald versteckt. Zufälligerweise gab es auch sonst keine Deutschen in dieser Herberge. Nur Spanier, Italiener, Franzosen und Engländer. Ich überließ Pep ihrem Schicksal und verzog mich ins Bett. Die Erkältung nagte an mir, und in der öden Siesta, wenn draußen die Sonne die Hüte zum Staub brannte und die Luft heiß zittern ließ, war es so ziemlich das Beste, was man tun konnte. Ich schlief bis zum Abend, ohne von den anderen gestört zu werden, ja ich steckte sie irgendwie an, und als ich endlich wunderbar erholt und voller Tatendrang aufwachte, träumten die meisten selig, als ob es gerade Mitternacht wäre. Was mich wiederum zu der Rücksicht verpflichtete, die ich selbst zuvor gerne in Anspruch nahm. Das aber war eine zu harte Geduldsprobe, und ich ging lieber in die Stadt und landete bald im erstbesten Restaurant, in dem ein preisgünstiges Pilgermenü angeboten wurde. Es war ein recht vornehmer Laden, in dem ich mich auf Anhieb wohlfühlte. Leider saßen hier lauter Deutsche, die mich nicht mochten, und in deren Gesellschaft ich mich nicht wohlfühlte. So saß ich allein am weißgedeckten Tisch, aß, trank Wein und langweilte mich. Zur Ablenkung beobachtete ich den stiernackigen Kerl und die blonde Walküre am Nebentisch, die in ein Grundsatzgespräch vertieft waren. Er mutmaßte, daß sie sich bei all den jungen, gutaussehenden Männern hier für ihn genierte, während sie ein solch derbes Begehren vehement von sich wies. Sie war zu Recht sauer, wenn er an ihrer Liebe zweifelte. Hätte nicht ständig sein fesches Mobiltelefon geklingelt und die Auseinandersetzung unterbrochen, so hätte sie noch säuerlicher werden können. So aber schleppte sie sich müde fort, und ich überlegte, ob der Apostel Paulus doch nicht Recht hätte, als er den Männern Ehelosigkeit antrug. Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine. Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, sündigt auch sie nicht. Freilich werden solche Leute irdischen Nöten nicht entgehen; ich aber möchte sie euch ersparen. [70] Gut gebrüllt, Löwe. Doch was hilft’s, wenn der Mann ohne die Frau und die Frau ohne den Mann nicht vollständig sind. Interessanterweise unterließ es Paulus, den Frauen solche abstinenten Ratschläge anzutragen.
    Das Essen war gut und gar nicht teuer. Eigentlich nicht viel teuerer, als wenn man im Laden Wurst und Käse kaufen würde. Doch für das Mineralwasser und den Kaffee zahlte ich fast die Hälfte extra dazu. So stimmte der Preis wieder. Das hatte hier eine Tradition. Das Schicksal der zweitausend Einheimischen hing mehr oder weniger von der Börse der Pilger ab, welche sich als eine verläßliche Einnahmenquelle erwiesen. Umgekehrt galt ihnen

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