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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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kleiner Gebirgsfluß tobte.
    Und mitten in dieser Kalamität spazierte ein Paar herein, froh, ein Dach gefu n den zu haben, doch ohne besonderes Aufsehen von dem Unwetter zu machen. Zwei zähe Typen in den Dreißigern, englisch-amerikanisch sprechend, ohne b e sonderen Akzent. Ich kannte sie bereits. Sie fielen mir auf der Fähre nach Genf auf, wo sie am Nebentisch saßen. Damals schienen sie mir nicht sehr gespräch s bereit, also ließ ich es auch sein. Irgendwie aber waren sie anders, fielen auf. I h re Ausrüstung war teuer und absolut zweckmäßig. Kein Gramm zu viel, doch nichts fehlte. Irgendwie erweckten sie einen professionellen Eindruck. Bill, von Neugier getrieben, horchte sie noch vor dem Dinner aus und kam mit erstaunl i chen Neuigkeiten. Nomaden seien sie, hätten keinen eigenen Platz, am ehesten wohnten sie wohl in Nepal, aber das sei auch unsicher! Es schien ihn mächtig zu verblüffen. Nach der improvisierten Gebetstunde bei Louis Revel war es erst das zweite Mal, daß ich ihn etwas konsterniert sah. Sonst hatte er sich gut in der Hand. Freilich hüpfte er auch hier nicht gleich vor Aufregung auf und nieder, aber die Emotion war ihm anzumerken. Immerhin! Später irgendwann erzählten mir die zwei, sie hätten etwas geerbt und keine Lust, für Onkel Sam zu mal o chen und Steuer zu zahlen. Das Geld sei sowieso nicht sicher, und eine Rente werde ihre Generation nicht mehr sehen. So wollten sie Auszeit nehmen, dabei etwas von der Welt sehen, und lieber im Alter arbeiten. Da war etwas dran, wenn auch nicht viele so denken. Die meisten machen eine gute Miene zum b ö sen Spiel und arbeiten ihr Leben lang in der Hoffnung, daß ihnen die Mächtigen etwas vom Lohn übrig lassen. Auch wenn es nicht viel ist. Daß die Mächtigen zuerst satt werden müssen, daran zweifelt niemand. Unter den Tieren ist es ja auch so. Auch haben die Mächtigen stets irgendwelche Feinde, die sie dem Volk aufhalsen. Hassen sollen sie lernen, obwohl sie alle Brüder sind und vor Gott füreinander einzustehen haben. Trotz des Gebots sind sie bereit, auf andere lo s zugehen, sie leiden zu lassen und selbst zu leiden. Sie sehen keine andere Mö g lichkeit. Es geht nichts über die gute alte Gehirnwäsche, und wer nicht auf den Zug springt, den heben die anderen hoch. Und wer auch dann nicht will, kommt unter die Räder. Ein einziger ehrlicher Mann unter den Di e ben stempelt sie zu Verbrechern. Es darf nur eine Wahrheit gelten. Was sollten sie denn sonst tun? Alle nach Nepal ziehen? Oder ins Kloster gehen? Vielleicht haben sie niema n den zu beerben. Trotzdem wollen sie essen und trinken und sich vermehren, d a mit es mit der Welt weitergeht. Dazu brauchen sie Arbeit, ein Dach über dem Kopf. Auto, Fernsehen, Internet, Pauschalurlaub nehmen sie ei n fach mit, wenn es schon sein muß. Und wer sonst als die Mächtigen sollte es i h nen geben? Es macht sie abhängig. Das Ende sehen sie nicht, wollen nicht s e hen.
    Wir aber waren nicht dabei. Zumindest nicht an diesem Tag. Wie bei Asterix saßen wir am Abend in der Runde, aßen und tranken, was uns der Wirt fürs Geld und der Herr in seiner Güte bereit war zu bescheren. Was auch immer sonst auf der Welt passierte, wir wußten es nicht. Gab es Krieg, gab es keinen, so haben die Mächtigen es so gewollt, um ihre Geschäfte voranzutreiben. Wir waren i h nen nichts schuldig. Nach bestandenen Abenteuern wärmten wir uns am Feuer, aßen Wildschwein und pfiffen auf Rom, Cäsar und die Sorgen von morgen.
Chavanay , km 1170
    Am nächsten Morgen aber kam Bill plötzlich die Erinnerung, er müsse seiner Ehefrau bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung repräsentativ zur Seite stehen. Er bestellte sich ein Taxi und war in Nullkommanichts auf und davon. Ich habe nie mehr von ihm gehört, doch trage ich ihn im Herzen. Möge seine Frau beim To n taubenschießen stets ruhige Hand behalten und sich vor den anderen Damen keine Blöße geben. Es war echt spaßig mit Bill. Ersatzweise erbte ich nun die zwei Nepal-Amerikaner, denen ich von da an über Hunderte Kilometer bis nach Moissac täglich begegnen sollte. Über die lange Zeit kamen wir uns etwas n ä her, aber ich spürte immer eine gewisse Distanz. Trotz meiner miserablen sozi a len Kompetenz lag ich dieser Hinsicht stets richtig. Irgendwie war ich ihnen u n heimlich, das spürte ich. Vielleicht auch wegen der Laufleistung, auf die sie im Gegensatz zu mir recht stolz waren. Ich war ja nur ein Fußkranker, sie aber pr o fessionelle Wanderer und durchaus

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