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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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später einmal als Urlauber zu besuchen, um die alten Erinnerungen mit mehr Komfort angenehm zu ergänzen. Solche Vorsätze bli e ben in meinem Leben allerdings oft unerfüllt. Wenigstens nahmen wir uns die Zeit, beim Frühstück mit den Wirtsleuten ausführlich zu plaudern. Es war ein wirklich anregendes Gespräch, und wir starteten in den herrlichen Tag voll guter Gedanken. Wegen Joanna und Stephanie, die offenbar an Kraft verloren und Schonung nötig hatten, wurde das Tempo etwas kommoder, soweit Elisabeth i h re Energie eben zügeln konnte. Ein Fohlen halt. Sie gab mir Französischunte r richt. Es war darüber hinaus eine Gelegenheit, uns persönlich näher zu kommen.
    Als wir dann eine uralte Rotunde hoch oben über dem Tal des Allier erreichten, herrschte da schon ein reger Verkehr wie vielleicht Sonntags auf der Karlsbrü c ke. Der Führer nennt an dieser Stelle eine Jakobus-Kapelle aus dem Jahre 1328. Das war sie dann wohl, würde aber der eindrucksvollen Schlichtheit wegen auch ins 11. oder gar 9. Jahrhundert passen. Auf jeden Fall gehört diese Stelle zu meinen Lieblingsbildern. Ich hätte mir etwas Ruhe und Meditation gewünscht, hätte gerne eine Weile still ins Land geschaut, aber es trafen ständig neue Pilger ein, liefen in Aufregung über so viel Anmut hin und her und fotografierten um die Wette. Auch die zwei Nepal-Amerikaner waren da, fit und zäh wie zwei L e dermokassins. Also machten wir uns auf zum steilen Abstieg ins Tal, gute fün f hundert Höhenmeter auf dieser Seite hinunter, dann von Monistrol-d’Allier wi e der dasselbe hinauf. Der Hang war so steil, daß man sich vom Baum zu Baum herablassen mußte. Landschaftlich war es heute wohl einer der schönsten T a gesetappen überhaupt. Leider stürzte Stephanie ziemlich schwer und hätte vie l leicht auch tot sein können, kam jedoch mit einem Schock und übel abgeschür f ten Arm davon. Ich leistete ihr erste Hilfe, so gut ich konnte, reinigte die Wunde und verband sie. Ihr geschundenes, dünnes Ärmchen rührte mich fast zu Tränen. Gebrochen war es nicht, nur stark geprellt, aber viel fehlte nicht. Wegen des Schocks brauchte sie eine gute Weile Ruhe. Ich vermutete nämlich noch eine leichte Hirnerschütterung. In Paris wäre das gewiß ein Fall für den Rettungsw a gen. Joanna, die auch nicht mehr sicher auf den Beinen stand, wollte bei ihr bleiben. Das war mir recht, sonst hätte ich selbst da bleiben müssen, und Joanna war inzwischen so langsam geworden, daß sie uns aufhielt. Wir ließen beide mit einem relativ guten Gewissen zurück. Unten in der Stadt gab es einen Gîte, in dem sie jederzeit unterkommen konnten. Als wir weitergingen, glaubte ich, sie nicht mehr wiederzusehen. Beide waren aus Paris, zwar jung, doch im Gehen völlig ungeübt. Großstadtmenschen mit Bahnerfahrung. Sie mußten einfach nur kürzere Etappen machen. Doch Stephanie hatte nur die Tage ihres Jahresurlaubs, Joanna wiederum nur ein sehr knapp bemessenes Geld zur Verfügung. Danach bestimmten sie die Länge der Tagesetappen. Sie dachten, wie junge Frauen halt denken, nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen.
    Währenddessen genossen ich und Elisabeth den freien Auslauf, den Abstieg und den erneuten Aufstieg durch die Felswand und die herrliche Landschaft ring s um, liefen flink und ausdauernd. Oberhalb von Monistrol entdeckten wir abseits des Weges eine Grottenkapelle. Sie war verschlossen, doch konnte man durch Ritzen im Gestein in das geheimnisvolle Innere hineinspähen. Immer wieder gab es Aussichten ins Tal, auf die eiserne Brücke und das alte Elektrizitätswerk. U n terhalb davon übte eine Touristengruppe mit großen Schlauchboten. Das hätte mir auch Spaß gemacht. Von den freien Wegstellen konnten wir ihre Fortschritte verfolgen. Aus der Höhe sahen sie aus wie Ameisen, die ungeschickt auf einem Blatt krabbeln. Oben auf dem Kamm, auf einer schattigen Lichtung unter Le r chen und Pinien, hielten wir das Mittagslager. Es war einer der Plätze, von den man sich nur ungern trennt. Vorbeiziehende Pilger berichteten, daß Stephanie im Hang noch zweimal stürzte. Ich machte mir Vorwürfe, sie nur mit Joanna z u rückgelassen zu haben. Dann aber kam ich mit mir überein, daß man in so ste i lem Terrain einen Verletzten nicht vor einem neuen Sturz bewahren kann, es sei denn, man würde ihn professionell in einem Bergrettungsschlitten abseilen. D a zu bräuchte man die Rettungsausrüstung und vier Mann. Immerhin hat sie es nun bis nach unten geschafft und

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