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Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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vortäuschen, uns in ihrer Güte und Fürso r ge zu geben, von uns stammt, ist und war unser Eigentum, das sie uns nur zuvor raubten.
    Die auf einem der Basaltkegel im 11. bis 12. Jahrhundert gebaute dreischiffige Kathedrale vereint romanische, arabische und byzantinische Elemente, was ihr einen besonderen Reiz verleiht. Den Mittelpunkt bildet das Altar mit der Schwarzen Madonna. Nach der Messe werden die Pilger feierlich gesegnet, die große Falltür im Boden gibt die darunter liegende Treppe frei, und durch das gut zwanzig, dreißig Meter hohe Tor treten die Pilger nun ihren beschwerlichen Gang an. Es raubte mir fast den Atem, von unten den riesigen Torbogen als Ausgangspunkt der Via Podiensis zu sehen. Erst hier fühlte ich mich als richt i ger Jakobspilger. Alles, was bis hierher war, war nur die Vorbereitung auf das Eigentliche. Eine gute Vorbereitung, so schien es mir, denn der Herr ging die meiste Zeit mit, was immerhin etwas Besonderes gelten dürfte. Ich versuchte gar nicht zu spekulieren, warum. Vielleicht aus Neugier? Immerhin tat er über ma n ches recht interessiert, über anderes ging er aber einfach hinweg. Oder wollte er mich unterwegs beschützen und das Stückchen, wo ich allein nicht mehr konnte, tragen? Eine unverdiente Gnade. Ich tat ja bloß in schwerer Zeit voreilig ein G e lübde und erfüllte es nun. Und bis hierher auch nur zur Hälfte. Ob ich die andere Hälfte schaffen werde, konnte ich hier und jetzt genauso wenig behaupten wie zu Beginn. Es machte mir aber weniger Sorgen, weil ich mehr Vertrauen in den Herrn hatte. In der Überlieferung der Ostkirche wohne Jesus immer noch unter uns und wandere auf der Welt herum. So legte man einst in Rußland zu den Mahlzeiten ein Gedeck mehr auf. Für den Fall, daß der Herr zu Besuch kommt. Ich verstand mich als jemand mit einem extra Teller auf dem Tisch.
Saint-Privat-d’Allier , km 1325
    Le Puy - en-Velay liegt am Fuß eines riesigen, von Schluchten zergliederten Vu l kanplateaus, das Massif Central genannt wird. Es liegt irgendwo zwischen ta u send und achtzehnhundert Meter hoch und umfaßt etwa ein Sechstel der Fläche Frankreichs. Eine gigantische, packende, fast menschenleere Landschaft. Seit Jahren ziehen die Menschen von hier dem Gelde nach - und machen sich noch ärmer. Das französische Zentralmassiv war landschaftlich, spirituell und privat die Blüte meiner Pilgerschaft. Hier war der Herr stets dabei, heiter, gütig und schonend. Wo sich Himmel und Erde berühren, ließ er den Himmel glühen, so daß der Horizont wie eine goldene Krone um uns herum lag. Hätte ich das Geld, würde ich hier ein verlassenes Bauernhaus kaufen, es aufwendig in Stein, Holz und Glas renovieren und im Schatten der Libanon-Zeder auf den Engel des T o des warten. Ich würde, wenn sie es wollte, Elisabeth heiraten, mit ihr vier Ki n der zeugen, sie aufziehen, und für den Herrn immer ein extra Teller auflegen. Ich würde es tun.
    An diesem Morgen zogen wir also nach der Messe und dem Pilgersegen alle gemeinsam durch das große Tor in die Welt hinaus. Elisabeth sorgte gleich für Abstand zu den anderen durch den Erwerb eines massiven, nicht ganz billigen Pilgerstocks, dann kaufte ich Brot und Käse ein, dann verloren wir Joanna und dann den Weg. Beides fanden wir wieder, als ich den Versuch aufgab, uns in e i ne völlig falsche Richtung zu führen. Ich vertrat meine Irrtümer mit Eifer, aber die Mädchen hörten einfach nicht auf mich. Es ersparte mir die Blamage. Kaum war der Stadtrand erreicht, zog der Camino schon steil an. Vielleicht gar zu steil. Es waren gute siebenhundert Höhenmeter, die es heute zu überwinden gab. So manchem Pilger vergraulte es die Freude an dem schönen Aufbruch. Bald schleppten sich einige, die unten in der Stadt noch flott und fröhlich an uns vo r beizogen, keuchend dahin, andere lehnten sich - blaß um die Nase - an die B ö schung. Elisabeth aber trabte leicht wie ein Fohlen, so daß ich und Joanna echt Mühe hatten, unsere eigene Blässe zu kaschieren. Ich war zwar nicht bereit, mich von einem zwanzigjährigen Mädchen so einfach in den Schatten stellen zu lassen, sah aber die meiste Zeit nur kleine rote Staubwölkchen an ihren Fersen. Also hielt ich mich fürsorglich an Joanna und Stephanie, und wenn Elisabeth dann anhielt, um nach ihrem Befinden zu fragen, zog ich mit gleichem Tempo an ihr vorbei, übernahm die Führung und bremste sie vorsichtig aus.
    Den langen Pilgerzug gänzlich zu passieren, dauerte allerdings Stunden. Es w

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