Bis ans Ende der Welt - Oskar und Mathilda ; 2
von Dommel zu Hilfe rufen sollte? – Nein, liebernicht. Womöglich brüllte sie noch die ganze Raststätte zusammen und brachte Mathilda damit erst recht in Gefahr.
Oskar warf einen Blick zum Restaurant hinüber, versicherte sich, dass auch von ihrem Vater noch nichts zu entdecken war, und wagte sich langsam einen weiteren Schritt vor. Er reckte den Kopf und versuchte, durch das dichte Blattwerk zu spähen.
»Mathilda?«, rief er noch einmal. Diesmal etwas lauter.
»Schsch!«, machte jemand.
Oskar fing an zu zittern. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
»Los, komm her!«, erklang Mathildas gepresste Stimme. »Na mach schon!«
Oskar atmete auf.
Er bemerkte einen schmalen, ausgetretenen Pfad, bog einen Zweig beiseite und schon war er von saftigen grünen Blättern umfangen.
Als ihm einfiel, dass dies auch eine Falle sein könnte, stand er bereits vor ihr.
Mathilda hockte am Boden. Sie hielt einen kleinen weißen Hund mit braunen Flecken im Arm und drückte ihm mit ihrer Hand die Schnauze zu.
»W-was ist das denn?«, stammelte Oskar.
»Ein Jack-Russel-Terrier«, sagte Mathilda.
Oskar schüttelte den Kopf. »Ein was?«
»Na, so eine Art Jagdhund«, brummte Mathilda.
»Ähm … ach so …« Oskar schüttelte den Kopf. »Und was macht der hier?«
»Du wirst es nicht glauben, aber der wurde gerade ausgesetzt«, erwiderte Mathilda zornig.
»Waaas?« Oskar war fassungslos. »Während du hier gehockt und … na ja, du weißt schon was getan hast?«
»Ich bin gar nicht fertig geworden, falls es dich interessiert«, stöhnte Mathilda.
Oskar schüttelte kaum merklich den Kopf und Mathilda verdrehte die Augen.
»Jetzt pass mal auf«, sagte sie und deutete auf den Pfad, der sich weiter ins Gebüsch hineinschlängelte. »Die Frau ist noch ziemlich jung. Sie trägt eine Jeans und rote Chucks. Mehr habe ich leider nicht gesehen. Aber vielleicht kriegst du sie ja noch.«
»Was?« Oskar verstand nicht gleich.
»Jetzt mach schon!«, zischte Mathilda. »Ich kann ihr ja schlecht mit dem Hund hinterherrennen.«
»Das bringt doch nichts«, sagte Oskar. »Wenn sie ihn ausgesetzt hat … Vielleicht ist er krank.«
»Eben«, knurrte Mathilda. »Vielleicht können wir zwei ihr helfen.«
Oskar stieß einen Schwall Luft aus. So ein Blödsinn!, dachte er. Wie zum Teufel sollten sie einer jungen Frau helfen, deren Hund erkrankt war? Noch dazu mitten auf der Autobahn! Sowohl Mathilda als auch ihm fehlte das nötige Kleingeldund Herr und Frau von Dommel würden garantiert nicht einen einzigen Cent für so etwas herausrücken. Das wusste auch Mathilda. Allerdings hatte es wohl wenig Sinn, mit ihr darüber zu diskutieren.
Oskar duckte sich und folgte dem Pfad noch tiefer ins Gebüsch hinein. Er hielt die Augen weit geöffnet und sah sich immer wieder aufmerksam nach allen Seiten um. Außerdem achtete er auf jedes noch so kleine Geräusch. Schließlich war es nach wie vor möglich, dass er mitten in eine Falle tappte.
Doch schon nach wenigen Metern lichtete sich das Gestrüpp, und Oskar erreichte eine freie Stelle, die offensichtlich zu einer Müllhalde auserkoren worden war, denn hier stapelten sich leere Knabberzeugtüten, Getränkedosen, Plastikflaschen und aufgeweichte Vorratskartons.
Nur ein paar Schritte weiter standen ein Tisch und zwei Holzbänke, die fest im Boden verankert waren, und von dort aus konnte Oskar den ganzen Parkplatz bis zum Restaurant, ja sogar bis zur Tankstelle überblicken. Von einer jungen Frau, die Jeans und rote Leinenschuhe trug, fehlte aber jede Spur.
Oskar ballte die Fäuste. – Hatte er es sich doch gedacht!
»Niemand mehr hier«, berichtete er Mathilda keuchend, als er kurz darauf wieder vor ihr stand.
Der kleine Hund zappelte wie wild in ihrem Arm und versuchte, seine Schnauze ihrem Griff zu entwinden.
Mathilda schob ihr Kinn vor. Ihre dunklen Augen glänzten feucht. Noch nie hatte Oskar sie so verzweifelt gesehen.
»Die dumme Kuh hat ihn dort angebunden!«, presste sie hervor und zeigte auf den Stamm einer jungen Birke.
Oskar zuckte mit den Schultern. »Und was machen wir jetzt?«, fragte er.
»Na, was wohl!«, schnaubte Mathilda. »Wir nehmen ihn mit.«
»Du spinnst doch!«
»Tu ich überhaupt nicht, Oskar Habermick«, erwiderte sie. »Wir können ihn auf keinen Fall alleine hierlassen.«
»Aber deine Mutter …«, wollte Oskar einwenden, wurde jedoch sofort von Mathilda unterbrochen.
»Die darf das natürlich nicht mitbekommen«, sagte sie.
Oskar zog die Schultern bis zu den
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