Bis aufs Blut - Thriller
Textilkaufhaus. Ein Mann, mit dem ich in der Hotelbar einen getrunken hatte, beschrieb es als »ein ganzes Bekleidungsviertel in einem Schuhkarton«. Es war so grau und eintönig, dass ich ein Ticket nach Las Vegas gebucht hatte, wo ich zwar nicht viel Geld ausgab, aber gern zusah, wie andere Leute welches gewannen. Die wenigen Gewinner waren leicht zu erkennen; die unzähligen Verlierer eher unauffällig. Hoffer sah wie ein Verlierer aus, weswegen er auch trotz seiner Körpermasse so schwer auszumachen war. Aber dann beging er einen Fehler. Er ließ sich im Hotelkasino selbst ausrufen. Ich horchte bei seinem Namen auf und beobachtete, wie er den Informationsschalter aufsuchte. Dann ging ich in mein Zimmer und packte. Ich hätte ihn wegputzen können, aber schließlich bezahlte mich keiner dafür. Und außerdem hatte ich meine Waffen schon entsorgt.
Ich weiß immer noch nicht, wie er mir auf die Spur gekommen war. Er hat die Spürnase eines Bluthunds und dazu eine gut gefüllte Tasche. Solange Walkins ihn bezahlt, werde ich mobil bleiben oder den Hurensohn töten müssen.
War das ein Leben, das man mit jemandem teilen konnte?
In Vegas erfuhr ich, dass mein Opfer ein prominenter Geschäftsmann aus Chicago gewesen und wegen eines Baseballspiels nach Atlanta gekommen war. In Chicago hatte er lang und breit getönt, er werde in der Stadt aufräumen, unsaubere Geschäfte aufdecken und Fälle von Geldwäsche und Beamtenbestechung ans Licht bringen. In Vegas war die einhellige Meinung der Bargäste gewesen, dass der Typ einen Knall haben musste, um sich auf so was einzulassen.
»Steht auf dem Schild ›Vorsicht - Klapperschlangen‹, geht man nicht her und steckt die Nase unter jeden Felsen. Hab ich recht, oder hab ich recht?«
Natürlich hatte der Mann recht, aber deswegen ging es mir noch lange nicht besser. Ich fühlte mich geschlagene zwei Stunden und fünf Cognacs lang mies; anschließend fühlte ich so gut wie gar nichts mehr.
Und dann war Hoffer aufgekreuzt, so willkommen wie ein Bibelverkäufer vor der Haustür, und hatte mich wieder auf die Reise geschickt.
Nein, das war wahrhaft kein Leben für zwei - nicht einmal, wenn die zweite Person jemand wie Bel war.
In Glasgow blieben wir gerade lang genug, um einen Wagen zu mieten. Jetzt, wo London und die Ermittlungen erst mal hinter mir lagen, hatte ich diesbezüglich keine Bedenken. Es war wieder ein Ford Escort, diesmal weiß und ohne Sondervereinbarungen. Aus der Stadt rauszukommen war kein ungetrübtes Vergnügen. Das Zentrum, im Prinzip nach dem amerikanischen Rastersystem angelegt, wies jede Menge Überführungen, Schnellstraßen und Kreuzungen ohne irgendwelche Hinweisschilder auf. Mal fuhren wir nach Süden, mal nach Westen, obwohl wir eigentlich nach Norden wollten. Die Wegbeschreibung, die uns der Mann von der Autovermietung gegeben hatte, erwies sich als nutzlos, also hielt ich an einer Tankstelle und besorgte mir einen Autoatlas. Jetzt befanden wir uns zwar auf der Straße nach Greenock, aber wir konnten in Erskine über eine Brücke fahren und mit etwas Glück auf die A 82 stoßen.
Als das Straßenschild uns mitteilte, dass wir tatsächlich die A 82 gefunden hatten, brachen wir in Jubel aus, und ab dann wurde es eine schöne Fahrt. Während uns die Straße entlang dem Loch Lomond führte, stimmte Bel halb vergessene Lieder über hohe und niedrige Straßen und Männer in Kilts an. Nachdem wir in Crianlarich, hinter Loch Lomond, Zwischenstation gemacht hatten, um einen Happen zu essen, fuhren wir weiter durch eine wilde und windgepeitschte Landschaft nach Westen auf die A 85. Seit der Grenze hatte es immer wieder mal geregnet, aber jetzt artete das Ganze in einen Dauerwolkenbruch aus, und der Wind peitschte Regenschwaden über die Frontscheibe. Wir streiften den Zipfel eines weiteren abweisenden Lochs und erreichten die Küste. Wir hielten in Oban, um uns die Beine zu vertreten und uns nach einer Unterkunft umzusehen.
Da überall »Alles-belegt«-Schilder hingen, fragten wir in einem Pub an der Ausfallstraße nach. Bel hatte den Wunsch geäußert, in der Nähe des Hafens abzusteigen. Mir war es recht, ich hoffte nur, es würde ihr auf der Mole nicht zu kalt werden. Als sie jedoch unsere zwei Zimmer im Claymore sah, hellte sich ihre Stimmung auf.
Die Räume rochen frisch gestrichen und wirkten renoviert. Bel hatte sogar ein Zimmer mit Aussicht auf Felder und Wiesen, auf denen Schafe weideten. Verkehrslärm war keiner zu hören. Es hatte sogar
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