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Bis aufs Blut - Thriller

Titel: Bis aufs Blut - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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»obligatorischen sexuellen Beziehungen zu Provost«. Großformatige Fotos zeigten ihn auf einer Art Thron, umgeben von langhaarigen Schönheiten, die ihn anschmachteten, ihm sehnsüchtig in die Augen blickten und sich zweifellos fragten, welche von ihnen er als Nächste für die »obligatorischen sexuellen Beziehungen« auswählen würde. Seine Anhängerschaft bestand in der Hauptsache aus langhaarigen jungen Frauen, die alle gleich aussahen. Sie trugen lange, wallende Gewänder und hatten typische amerikanische Middleclass-Gesichter, mit kräftiger Kinnpartie, buschigen Augenbrauen und den Spuren einer verhätschelten Kindheit - Puppen vom Fließband.
    Was mich alles überhaupt nichts anging, wenn man davon absah, dass ich Provost um seinen Beruf beneidete. Das Einzige, was mich anging, war die Frage, ob die Organisation dieses Mannes einen Auftragsmörder engagiert haben konnte. Wahrscheinlicher war es einerseits, dass sie einen Selbstmordattentäter aus ihren eigenen Reihen losgeschickt, aber dadurch andererseits die Justiz sofort auf sich aufmerksam gemacht hätten. Und so dumm waren die »Jünger der Liebe« wahrscheinlich nicht.
    So richtig hoben die Disciples 1985 ab. Ausgebildete Adepten wurden in andere Bundesstaaten und sogar ins Ausland geschickt, wo sie »Missionen« gründeten und neue Jünger anwarben. Sie boten freie Kost und Logis und die übliche spirituelle Versorgung an. Es war ein ziemlich großes Unternehmen. In einem Zeitschriftenartikel wurden die Betriebskosten geschätzt, und man wollte nun wissen, woher das Geld kam. Offenbar hatten keine weiteren älteren Verwandten Provosts das Zeitliche gesegnet, und nur durch geschickte Investitionen oder plötzlich aufgelaufene Zinsen konnte das Geld nicht zusammengekommen sein.
    Es musste noch eine andere Quelle geben, und der Presse passte es nicht, dass es ihr nicht gelang herauszufinden, welche es war. Reporter belagerten das Hauptquartier der Disciples - noch immer das alte Raumschiff Berkeley -, bis Provost sich entschied umzuziehen. Er brach die Zelte ab und fuhr mit seiner ganzen Bagage gen Norden, erst nach Oregon und dann weiter nach Washington, wo sie schließlich auf der Olympic-Halbinsel landeten, direkt am Rand des Olympic-Nationalparks. Mit dem Versprechen, es nicht zu erschließen, gelang es Provost, ein großes Stück Land am Ufer eines Sees zu erwerben. Es wurden neue Hütten gebaut, die wie alte aussahen, aus Wiesen entstanden Gemüsebeete, und die Jünger machten sich - diesmal durch Wachleute und -hunde von der Außenwelt abgeschirmt - wieder an die Arbeit.
    Provost war kein Apokalyptiker. Nichts in seinen Schriften oder öffentlichen Reden deutete darauf hin, dass er in näherer Zukunft das Ende der Welt erwartete. Aus diesem Grund bekam er auch keine Schwierigkeiten mit den Behörden, die mit Waffen hortenden Sekten ohnehin schon genug zu tun hatten. (Diese Presseberichte waren größtenteils vor der Sache mit den Davidianern entstanden.) Die Jungs von der Finanzbehörde waren allerdings immer interessiert. Sie fragten sich, wie die Sekte ihre kostspieligen Projekte finanzierte und ob die ganze Geschichte nicht lediglich der Steuerhinterziehung diene. Sie konnten keinerlei Unregelmäßigkeiten feststellen - was nur bedeuten konnte, dass Provost sich der Dienste eines guten Buchhalters versichert hatte.
    In letzter Zeit war es an der Disciples-Front nachrichtenmäßig ruhig geworden. Ein paar Journalisten hatten beim Versuch, auf das Gelände der Sektenzentrale vorzudringen, Prügel bezogen, aber aus amerikanischer Sicht stellte das praktisch keine Straftat dar.
    Und wohin hatte mich das alles gebracht? Die Antwort lautete: auf einen Zug, der in Richtung Norden fuhr, wo ich vielleicht mehr über die britische Dependence der Sekte erfahren würde. Bel saß mir gegenüber, und unsere Knie, Beine und Füße berührten sich ständig. Sie war aus ihren Schuhen geschlüpft, und ich stieß immer wieder an sie, entschuldigte mich und musste anschließend erklären, wofür ich mich eigentlich entschuldigte.
    Wir aßen im Speisewagen. Bel brauchte eine Weile, um sich zu entscheiden, und wählte dann das billigste Hauptgericht auf der Karte.
    »Du kannst alles haben, was du möchtest«, sagte ich.
    »Das weiß ich«, meinte sie und drückte meine Hand. Wir hielten uns an alkoholfreie Getränke. Sie nahm einen Schluck von ihrem Tonic Water und lächelte dann wieder.
    »Was werden wir Dad erzählen?«
    »Über was?«
    »Über uns.«
    »Ich

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