Bis aufs Messer
bedeuten«, sagte Kendall langsam, »daß jemand innerhalb dieses Hauses
bewußt mit dem Erpresser unter einer Decke steckt — daß er sein Partner ist.«
»Jetzt
haben Sie begriffen«, sagte ich und nickte.
Antonia
setzte sich kerzengerade auf, ihre Augen starr auf mich gerichtet, während mich Hillan ebenfalls angaffte und weitere Asche auf die
Vorderseite seines Anzugs streute. Es war ausgesprochen ein Augenblick des
Schocks; und ich wartete beinahe darauf, daß jemand hereingestürzt käme, um auf
dem Teppich vor der Kaminattrappe einen Stier zu töten.
»Wenn
es wahr ist«, sagte Antonia mit gepreßter Stimme,
»dann kommt praktisch jeder hier im Haus in Frage!« Sie sah Hillan an. »Sie — oder Bruce — oder Peter.«
»Vergessen
Sie nicht jemanden?« erkundigte ich mich höflich.
»Vergessen?«
Sie blickte mich eine Sekunde lang an und errötete dann plötzlich. »Oh — Sie
meinen mich?«
»Das
ist einfach verrückt!« Hillan starrte mich finster
an. »Gleich fahren wir einander alle an die Kehle!«
»Es
ist nicht verrückt«, sagte Kendall barsch. »Es klingt recht einleuchtend.
Verdammt einleuchtend. Es ist nur« - er zögerte einen Augenblick, »ich verstehe
nicht, weshalb irgend jemand in diesem Haus mir das
antun sollte?«
»Eine
dreiviertel Million Dollar ist ein triftiger Grund«, bemerkte ich. »Vielleicht
sind damit auch irgendwelche emotionellen Momente verbunden? Neid, Haß. Wer
weiß?«
»Nun
ja«, Hillan rammte energisch seine Zigarre wieder in
den Mund. »Wenn Sie Geld und Neid miteinander verkoppeln, dann wird das Feld
sofort eingeengt.« Er starrte Kendall wütend an. »Ich habe Ihnen schon von eh
und je gesagt, Rafe , es war dumm, diese beiden
Strolche hier wohnen zu lassen! Wenn Sie Ihnen ein Almosen zukommen lassen
wollen, okay! Aber sie hier im selben Haus wohnen zu lassen, mußte Scherereien
bedeuten. Habe ich das nicht gesagt?«
»Halten
Sie den Mund!« knurrte Kendall. »Ich muß über all das nachdenken.«
»Diese
beiden Strolche?« Ich blickte Hillan fragend an.
»Bruce
Talbot, den kostbaren Dichter, und John Ashberry , den
schlechtesten Schauspieler der Welt!« fauchte er. » Rafe hat eine Schwäche für die beiden — der Himmel weiß, warum — , und sie wohnen
seit zwei Jahren bei ihm.«
»Wie
steht es mit den Hausangestellten?« fragte ich.
»Es
gibt keine«, sagte Antonia. »Abgesehen von dem Reinmachedienst, der jede Woche
an einem Tag kommt. Ich koche und leite den Haushalt.«
»Vielleicht
können wir den Kreis ein wenig einschränken?« Ich blickte auf Kendall. »Wer war
zum Beispiel zu dem Zeitpunkt, als es passiert sein muß, im Haus? Ich meine von
dem Augenblick an, als Sie den ersten Entwurf zu dem Stück machten, bis zu dem,
als Sie es an den Broadway-Produzenten schickten.«
»Warum
von dem Augenblick an, als ich den ersten Entwurf machte?« fragte er.
»Weil
jemand eine Kopie von dem Manuskript gemacht und es Bolers Klienten gegeben haben muß«, sagte ich geduldig. »Wie sonst sollte er — oder
sie — zwei Abschriften zur Post geben, die mit Ihrem Originalmanuskript
übereinstimmen, so daß sie behaupten können, Sie hätten sich eines Plagiats
schuldig gemacht?«
»An
diesen Gesichtspunkt hatte ich nicht gedacht«, sagte er schwerfällig.
»Natürlich muß das Ganze bis zum letzten Detail geplant gewesen sein.«
»Jackie!«
sagte Antonia erregt. »Sie war, gleich nachdem du das Manuskript beendet
hattest, einen Monat lang hier und hat es überarbeitet. Erinnerst du dich?«
»Laß
sie aus dem Spiel«, knurrte Kendall.
»Keineswegs!«
Sie blickte ihn trotzig an. »Wenn alle unter Verdacht stehen, einschließlich
deiner eigenen Tochter, dann sehe ich nicht ein, warum Jackie ausgelassen werden
soll — nur weil sie deine Geliebte war!«
Kendall
lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schloß für ein paar Sekunden die Augen.
Als er sie wieder öffnete, sahen sie wie blaue Marmorsteine aus. »Ich wünsche,
mit Mr. Holman unter vier Augen zu sprechen«, sagte
er mit steifer, formeller Stimme. »Deshalb wäre ich euch beiden sehr
verpflichtet, wenn ihr uns allein ließt .«
»Aber, Rafe !« Hillans Gesicht
bekam einen verkniffenen Ausdruck. »Ich bin Ihr Manager! Irgendwelche
Entscheidungen bei so wichtigen Dingen wie diesen...«
»Raus!«
zischte Kendall.
Hillan zog sich langsam zur Tür zurück, vergeblich
bemüht, würdig dreinzuschauen. Antonia stand von der Couch auf, hob ihren Kopf
um ein paar Zentimeter und stolzierte hinter ihm drein.
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