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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Bhullar
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perfekt lesen gelernt hat.
    Am Tag darauf hätte ich mich gern an ihm gerächt - wegen der nicht geschriebenen SMS. Aber natürlich schrieb ich ihm brav eine süße SMS und er schrieb völlig normal zurück:
     
     
     
    „Liebe Liebling, mein goldiger Schatz, meine Traumfrau Jasmin. Gut Morgen, bist du schon wach oder noch im Bett? Ich kann heute nicht schlafen, mein Kopf und mein Herz tun mir weh. Ich liebe dich SO, SO, SO. Sharma“
     
    Danach machte er fünf Herzchen aus einer eckigen Klammer und einer drei.
    Aber kamen diese Worte wirklich aus seinem Herzen? Wann würde ich ihm vollkommen vertrauen können? Wenn wir beide achtzig Jahre alt waren? Würde er so lange Geduld mit mir haben? Wann hatte er von mir endgültig die Nase voll? Oder zeigte er es mir nicht, dass er die Nase schon längst voll hatte? Blieb er einfach bei mir, weil es sich bei mir gut leben ließe? Ich habe eine riesige, luxuriös eingerichtete Wohnung in einer guten Gegend. Er konnte, wann immer er wollte, mit mir Sex haben. Kann es etwas Besseres geben?
     
    Oh, diese Gedanken - alles wegen einer nicht ge schriebenen SMS. Frauen haben wirklich manchmal ein seltsames Innenleben. In zwei Tagen werde ich wieder zu ihm nach Salzburg fahren, als ob nichts gewesen wäre. Ich freue mich schon wie verrückt auf ihn, ich würde es nie – NIE - übers Herz bringen, einmal nicht zu ihm zu fahren, ich würde ihm sicher das Herz brechen. Oder breche ich mir nur MEIN Herz damit? Eine winzige Geste der Liebe und schon falle ich ihm zu Füßen und alles ist vergessen. Wenn nur mein Handy kurz klingelt und ich die Lovestory-Melodie höre und seinen Namen auf dem Display sehe und zwei Herzchen blinken auf, dann schwebe ich im siebten Himmel. So einfach ist es, mich zufriedenzustellen. Ich wäre deshalb gern als Mann zur Welt gekommen, schade, dass ich keiner geworden bin.
     
    Sharma nannte mich manchmal „blonde Hexe“. Das erinnerte mich an einen Film, den ich als Zehnjährige gesehen hatte. In diesem Film verliebt sich ein französischer Ingenieur in ein Feenmädchen, das mit seiner Großmutter zurückgezogen in den Wäldern lebt. Die Dorfbewohner halten das Mädchen für eine Hexe und wollen sie fangen. Der Ingenieur liebt Aino, so heißt das Mädchen, so sehr, dass er sie heiraten und in die Stadt mitnehmen will. Das Mädchen aber sagt, dass sie immer auf der Schattenseite des Lebens sein wird und ihn niemals heiraten kann. Sie ist über ihre Entscheidung sehr traurig und der See weissagt ihr, dass sie bald sterben wird. Wenig später wird sie von der aufgebrachten Dorfbevölkerung geschlagen und mit Steinwürfen aus dem Dorf gejagt, weil sie sich erlaubt hatte, in die Kirche zu gehen. Aino bricht im Wald zusammen und stirbt.
    Dieser Film „Die blonde Hexe“ mit Marina Vlady kam vor einem Jahr im Fernsehen. Ich hatte ihn aufgezeichnet. An einem Abend habe ich ihn Sharma gezeigt. Wir weinten beide. Sharma war von diesem feenhaften blonden Mädchen so beeindruckt, weil sie so rein und klar war und er sagte mir: „Du bist in meinen Augen auch wie die blonde Hexe im Film, aber dich werde ich nicht verlieren“.
    Sharma sah in meinem Charakter das Reine, Klare, Gute, er war sich sicher, dass ich ihn niemals anlog. Er sah in mir die vollkommene, gute Frau, die für ihn fast unerreichbar zu sein schien, für die er kämpfen müsste. Für ihn wäre es undenkbar, dass ich ihn anlügen würde. In seinen Augen war ich die blonde Reine. Deshalb konnte ich mir überhaupt nicht erlauben, ihn zu belügen, zu betrügen oder gemeine Spiele mit ihm zu machen. Das war das Gute da ran. Er erzog mich, gut zu sein. So gut war ich nämlich gar nicht. Immer wieder stachelte mich mein kleiner Teufel zu einer Gemeinheit an, aber ich konnte ihm immer in letzter Minute entkommen.
    Wenn ich Sharma dann doch manchmal kritische Dinge sag te, die ihm wehtaten, dann erwiderte er: „Warum verletzt du mich? Deine Worte sind für mich wie Nadelstiche in mein Herz. Ein Mensch, der liebt, tut das nicht. Schau, Jasmin: Ich bin so klar wie dieses weiße Blatt Papier. Du drehst und wendest es immer wieder, schaust es von oben und von unten an und schaust durch es hindurch, aber du wirst nichts finden, Jasmin, weil ich nichts vor dir verstecke. Die Zeit, die verstreicht, wird dir meine Liebe beweisen. Dann wirst du beschämt sein und auch deine Freunde, die schlecht über mich geredet haben. Es tut mir weh, wenn ich ein gutes Herz habe und trotzdem verdächtigt werde, dass ich ein

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