Bis bald, Sharma!
er nun ohne Visum und traurig in meiner Wohnung. Er entschloss sich erst einmal, sechs Tage lang viele Stunden zu beten und in seinem kleinen Gottbuch zu lesen. Ich ließ ihn vollkommen in Ruhe. Am 6. September feierten wir seinen Geburtstag mit Blumen, Kerzen und Kuchen. Langsam kamen unsere Seelen wieder zur Ruhe - die Ruhe vor dem Sturm!
Mitte September ging ich zum Ausländeramt und fragte nach, ob die schon Nachricht von der deutschen Botschaft bekommen hätten und - welche Überraschung - die Botschaft hatte schon Kontakt aufgenommen. Sie wollten von mir wissen, wo Sharma so gut Deutsch gelernt hätte und ob er wirklich geschieden sei. Danach vertrösteten sie mich und der Beamte sagte, es wäre zuerst ein Fingerabdruckvergleich notwendig und eine Prüfung seiner Identität. Das würde einige Zeit in Anspruch nehmen.
Wir warteten und warteten und trösteten uns mit Arbeiten im Garten. Wir liebten uns wieder wie am Anfang - heiß und innig. Wir wussten noch nicht, dass wir schon wieder mitten in die Mühlen der Bürokratie hineingeraten waren.
Liebe straft durch Verzeihen, beleidigte Schönheit durch schreckliches Schweigen .
Mühlen der Bürokratie
Die letzten goldenen Tage des Monats September gingen dahin und wir liefen noch immer jede Nacht am Kanal ent lang. Nachts lagen wir eng umschlungen auf dem großen Bett, das wir uns selbst auf dem Fußboden aus Schafwolldecken gebaut hatten. Sharma ging niemals am helllichten Tag mit mir aus der Wohnung, aus Angst, entdeckt zu werden. Wir zählten die Tage und Wochen. Wann würden wir endlich frei und ohne Angst zusammen leben können? Im Garten hatte der Maulwurf Sharmas Koriander, den er liebevoll angepflanzt hatte, herausgewühlt und die ersten zarten Blätter schossen aus dem Rosenstrauch. Wir saßen jeden Nachmittag im Garten, bis die Sonne unterging und studierten philosophische Bücher. Ich lernte meinen süßen Mann immer besser kennen. Er war ein ruhiger und besonnener Mann. Er ließ sich selten zur Weißglut treiben. Und wenn das passierte, war immer ich schuld. Ich hatte noch kein absolutes Vertrauen zu ihm erreicht. Darüber war Sharma sehr traurig.
„Wenn die ganze Welt mir nicht vertraut, das ist mir egal, aber wenn du, meine Liebe, mir nicht vertraust, dann breche ich zusammen. Dann tut mein Herz unheim lich weh!“, flüsterte Sharma mit großen, traurigen Augen.
Ich zermarterte mir mein Gehirn, wie ich es schaffen würde, ihm zu vertrauen. Meine Anklagen an ihn taten mir genauso in meinem Herzen weh, wie ihm. Die verstrei chende Zeit würde vielleicht mein Misstrauen zum Verschwinden bringen, aber sicher wusste ich das nicht.
Ende September kam der totale Hammer! Die Ausländerbehörde teilte mir mit, dass Sharmas Scheidung in Indien selbst überprüft werden müsse, so die Anordnung eines gewissen Herrn Kummer an der Deutschen Botschaft in Wien. Sharmas Scheidung war aber längst vor unserer Heirat im Oberstandesamt in Bayerisch Gmain geprüft worden. In dem Dokument stand damals, dass Sharmas Scheidung im deutschen Rechtsbereich als geschieden anzusehen ist. Deshalb bekamen wir ja das Ehefähigkeitszeugnis und konnten heiraten. Nun aber hat sich die Botschaft einen neuen Trick ausgedacht, uns weiter zappeln zu lassen und will die Scheidung ein zweites Mal „richtig“ überprüfen lassen. Als ich Sharma das erzählte, war er total zerstört. Er wollte auf keinen Fall zurück nach Salzburg. Ich wollte es auch nicht. Wir bereiteten uns auf einen langen Weg vor, aber uns graute davor. Ich schaltete den Rechtsanwalt ein und wir beruhigten uns ein bisschen. Vielleicht konnte der uns helfen. Ich wollte ein Einreisevisum beantragen und den Anwalt fragen, warum die Arschlöcher bei der Botschaft Sharmas Scheidung überhaupt überprüfen wollen, wo sie doch schon überprüft wurde, sonst hätten wir ja gar nicht heiraten können.
Anfang Oktober ging ich zum Rechtsanwalt, der teilte mir mit, dass er bei der deutschen Botschaft ein Betretensvisum (für das „heilige“ Land Deutschland) beantragen wolle und die nochmalige Überprüfung der bereits erfolgten Anerkennung seiner Scheidung in Frage stellen. Mein Anwalt teilte mir mit, dass ich einen triftigen Grund bräuchte, damit er diese Betretenserlaubnis beantragen konnte und so sollte ich zu einem Arzt gehen und mir eine Krankheit bescheinigen lassen. Zuerst versuchte ich
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