Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis das Blut gefriert

Bis das Blut gefriert

Titel: Bis das Blut gefriert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
außerdem im Norden des Landes durch die eingedrungenen Kelten vertrieben wurden.
    Die Archäologen hatten einiges von dem gefunden, was sie hinterlassen hatten. Besonders die prächtigen Felsengräber reicher Kaufleute, und in ihre Wandmalereien waren zahlreiche orientale Motive mit eingeflossen, was auch auf ihre zahlreichen Reisen hinwies.
    Das alles war in diesem Buch nur in knappen Abhandlungen vorhanden. Am wichtigsten waren die Götter und Götzen der Etrusker. Wir lasen so manche Namen, die in veränderter Form auch von den Römern übernommen worden waren, zum Beispiel entsprach der Mari dem römischen Mars. Als Zentralheiligtum war der zweigeschlechtliche Voltumna verehrt worden, der uns aber auch nicht interessierte.
    »Charun!« murmelte Bill. »Verdammt noch mal, der muss doch zu finden sein.«
    Und er war zu finden! Bill und ich pfiffen durch die Zähne, als wir das Bild sahen, das über zwei Seiten lief. Das musste er sein. Dazu hätte es nicht erst der Überschrift bedurft.
    Auch Father Ignatius trat interessiert näher. Er sprach den Namen flüsternd aus. »Charun...«
    Charun brachte den Schrecken. Charun brachte den Tod. Er war der Herr der toten Seelen oder auch der Herrscher der Toten. Ein Künstler hatte ihn als schwarzen Teufel gemalt. Mit einem schrecklich breiten Maul, in das er mehrere Menschen zugleich gestopft hatte. Nur die zappelnden Beine ragten noch aus dem Maul hervor. Um ihn herum standen Gefäße, die mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt waren. Wenn mich nicht alles täuschte, dann handelte es sich um Blut, denn dass es schwarzes Wasser war, bezweifelte ich.
    Auf den weiteren Seiten fanden wir Texte, die in lateinischer Sprache abgefasst waren. Ich hatte da so meine Schwierigkeiten, aber Father Ignatius kümmerte sich um den Text. Wir ließen ihm Zeit, und so erfuhren wir nach einer Weile, was es mit diesem schrecklichen Dämon auf sich hatte.
    »Er war jemand, dem Menschen geopfert wurden«, erklärte Ignatius mit sanfter Stimme. »Auf dem Bild ist das ja zu sehen. Aber er schluckte die Opfer nicht, wenn sie noch gefüllt waren, wie es hier steht. Sie mussten blutleer sein. Seine direkten Helfer waren die Hüter des etruskischen Geheimwissens. Sie wurden Lukumonen genannt. Genau die haben dafür gesorgt, dass die Menschen zuerst getötet wurden, bevor man sie ausbluten ließ. Das Blut wurde gesammelt und einem Brunnen übergeben. Was der Brunnen nicht fasste, erhielt die Erde, die man als unheilig ansehen kann. So lese ich es hier.«
    »Unheilige Erde«, sagte Bill leise. »Das verstehe ich schon. Aber kannst du uns auch sagen, wo wir sie finden? Wo befindet sich dieser Grund und Boden?«
    Father Ignatius war direkt angesprochen worden. Er räusperte sich, dann erst gab er eine Antwort. Sie überraschte uns nicht einmal. »Ich denke, wir stehen auf diesem unheiligen Boden. Auf ihm wurde die Kirche gebaut. Und ich gehe mal davon aus, das auch das Dorf in Mitleidenschaft gezogen ist. Ebenfalls die nähere Umgebung.« Er zuckte die Achseln, dann klappte er das Buch zusammen. »Ich denke, dass uns eine recht schwere Aufgabe bevorsteht. Wenn ich alles richtig gelesen und auch verstanden habe, dann ist Charuns Werk noch immer nicht vernichtet worden. Wir müssen mit seinem Erbe rechnen. Ich denke nicht, dass er selbst noch einmal zurückkehrt. Ich glaube eher, dass er einen Nachfolger gefunden hat, einer der ihn mag und ebenso zur Seite steht wie ein Lukumone.« Ignatius deutete zum Schrank hin, in dem der tote Priester lag. Es ist sogar möglich, dass er eine Spur gefunden hat und deshalb sterben musste.«
    »Aber warum hat er die Kirche von allen Kreuzen und heiligen Bildern geleert?«
    »Er wollte ihn locken.«
    »Nicht schlecht«, sagte ich. »Er hat ihn auch gelockt und den Kampf verloren.«
    Niemand widersprach. Die kleine Sakristei in dieser Dorfkirche war zu einem Ort des Todes geworden. Der Pfarrer Camino hatte meiner Meinung nach einen großen Fehler begangen. Er hätte Ignatius intensiver einweihen sollen. Wahrscheinlich wäre er noch am Leben gewesen. Ihm das gefrorene Blut zu bringen reichte nicht.
    Wir standen noch am Anfang, aber zu ratlos waren wir auch nicht. Das Buch hatte uns schon einen Schritt weitergebracht. Was mir nur bitter aufstieß, war die geographische Ausbreitung des Götzenglaubens. Wir hatten über eine sehr große Kultstätte gelesen, und wir befanden uns gewissermaßen im Zentrum oder zumindest an dessen Rand. Und das, obwohl uns die Mauern eines

Weitere Kostenlose Bücher