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Bis das der Biss uns scheidet

Bis das der Biss uns scheidet

Titel: Bis das der Biss uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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auf dem Bordstein liegen bleibt.
    Mein Hunger ist mittlerweile unerträglich.
    Wenn ich nur einen einzigen Schluck von ihr saugen könnte, das würde mich schon beruhigen. Würde den nagenden Schmerz lindern, der an meinem Magen reißt. Nur ein einziger Schluck - den würde sie nicht mal bemerken. Am nächsten Morgen würde sie sich nicht daran erinnern, dass ich tief in der Nacht bei ihr gewesen bin und sie mit meinem Vampirduft verführt habe, bevor ich mich über ihren Hals gebeugt habe.
    Ich mache einen Schritt auf sie zu und meine Nase fängt einen Hauch ihres Eigengeruchs auf. Sie stinkt, hat wahrscheinlich seit Wochen nicht mehr geduscht. Aber das spielt keine Rol e. Ihr Blut wird süß schmecken.
    Süß und köstlich und entspannend.
    »Hal o«, sage ich und trete in das Licht einer Straßenlaterne, nachdem ich mir die Bluttränen abgewischt habe. Meine Stimme klingt seltsam, weil ich so lange mit niemandem gesprochen habe, und ich weiß, dass ich furchtbar aussehe. Aber ich könnte in diesem Moment einem halb verwesten Zombie ähneln und sie würde trotzdem nur eine wunderschöne Unsterbliche sehen, in die sie sich von einem Moment auf den anderen verliebt.
    Tatsächlich ihre Augen werden groß und sie rappelt sich auf die Knie und blickt mit ihrem zerschundenen, hohlwangigen Gesicht verzückt zu mir auf. »Bist du ein Engel?«, flüstert sie. »Bist du gekommen, um mich zu retten?«
    Sofort steigen Schuldgefühle in mir hoch. Ein Engel. Sunny war der Engel von uns beiden.
    Ein perfektes Geschöpf mit fedrigen Flügeln und einer leuchtenden Seele. Ich bin eher ein dunkler Dämon, der auf die Welt losgelassen wurde,um al en, die es wagen, ihn zu lieben, Schmerz und Leid zuzufügen.
    »Ja, genau, ein Engel. Du sol test mal meine Flügel sehen«, murmele ich und schiebe mein schlechtes Gewissen ganz weit weg.
    Reue kann ich später immer noch genug zeigen - nach meiner Mahlzeit. Ich gehe in die Hocke, ziehe sie an mich, wiege sie in den Armen und streichele ihr übers Haar. Als sie die Augen schließt, gleiten meine Vampirzähne hervor und ich beuge mich über sie für den ersten saftigen Biss.
    Doch kurz bevor ich zubeiße, fäl t mein Blick auf ein Tattoo auf ihrer Schulter. Genauer gesagt ein Tattoo von Race Jameson, dem Vampir-Rockstar.
    Mein Leidensgenosse in der Reha.
    Da kippt ein Schalter in meinem Gehirn um und geschockt stoße ich sie von mir, sodass ihr knochiger Körper fast quer durch die Gasse fliegt. Was mache ich denn hier ? Das bin doch nicht ich. Ich habe die zwölf Schritte des Entzugsprogramms durchlaufen.
    Ich bin clean und nüchtern. Ich wil nicht wieder so werden wir früher: ein blutgieriges Monster, das Corbiin sein sterbliches Leben genommen und ihn zu einer Albtraumexistenz gezwungen hat, nur weil ich einen Nachmittagssnack brauchte.
    Es kostet mich mindestens drei Versuche, bis ich mein Handy aus der Tasche ziehen kann, so schlimm zittern meine Hände. Dann tippe ich die Nummer ein, die man mir an meinem letzten Tag in der Reha gegeben hat. Die Nummer unter der ich Hilfe bekommen kann, wann immer ich sie brauche, wie man mir versprochen hat.
    Oh Mann, und wie ich jetzt Hilfe brauche!
    »Bitte!«, bettelt die junge Frau derweil und kriecht auf mich zu. Blut tropft von einer Schnittwunde an ihrer Stirn. »Ich bitte dich.
    Verlass mich nicht.«
    Mein Magen schlägt Purzelbäume und knurrt gleichzeitig heftig beim Anblick des zähflüssigen, sirupartigen Blutes. Angewidert von meiner eigenen Schwäche zwinge ich mich wegzusehen. »Geh weg«, sage ich, greife in meine Tasche und werfe ihr ein paar zusammengeknül te Scheine hin. »Geh und kauf dir was zu essen oder sonst was. Aber lass mich in Ruhe.«
    Aber sie denkt nicht daran. Sie ist viel zu berauscht von meinem Vampirduft. Bebend bleibt sie vor mir sitzen, heult sich die Augen aus und fleht mich an, sie zu nehmen, sie mit meinem Kuss für die Ewigkeit zu verwandeln.
    Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich mich so mies gefühlt.
    »Hal o?«, meldet sich eine melodiöse Stimme mit englischem Akzent.
    Gott sei Dank. Ich seufze erleichtert. »Race?
    Hier ist Rayne McDonald. Ich brauche deine Hilfe.«

15
    Ich habe großes Glück, dass Race gerade für ein Konzert im Madison Square Garden in der Stadt ist und nicht irgendwo am anderen Ende der Welt. Trotzdem kommt es mir wie eine Ewigkeit vor, als ich darauf warte, dass er in seiner Luxuslimousine angerauscht kommt. Währenddessen ist es nicht leicht die Annäherungsversuche der Frau

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