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Bis das der Biss uns scheidet

Bis das der Biss uns scheidet

Titel: Bis das der Biss uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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soll.
    Schon bald erreiche ich die Fal tür, drücke sie auf und klettere in das violette Zelt hinauf, das, wie ich schnell bemerke, vollkommen zerfetzt ist. Das ganze Lager liegt mehr oder weniger in Trümmern. Al es sieht wie nach einem Massaker aus. Vampire eilen an mir vorbei, die Arme voller Blutbeutel, und kümmern sich um die Verletzten, die überal herumliegen. Ihre Klagerufe bilden das Hintergrundgeräusch für das erschütternde Bild, was sich mir bietet.
    »Wir brauchen mehr Blut hier!«, ruft ein dunkelhaariger Vampir in meiner Nähe.
    »Das ist der letzte Beutel!«, antwortet ein anderer vom entgegengesetzten Ende des Lagers.
    Ich möchte mich schon wieder übergeben.
    Es ist sowieso kaum zu begreifen, wie die Vampire hier unten so lange nur mit Nagerblut überleben konnten. Wenn sie aber von diesen schweren Wunden genesen wol en, brauchen sie definitiv eine ordentliche Portion menschliches Blut.
    Ringsherum sehe ich abgerissene Gliedmaßen, zerfetzte Bäuche und schlimme Kopfwunden. Verletzungen, die ohne Zufuhr von Menschenblut möglicherweise erst nach Jahrzehnten verheilen werden. Die Wölfe haben ganze Arbeit geleistet. Es wäre gnädiger vom Konsortium gewesen, eine Armee von hundert mit Pflöcken bewaffneten Jägern zu schicken. Die hätten wenigstens für einen schnel en, schmerzlosen Tod gesorgt.
    Aber Pyrus, wird mir klar, hat mit Gnade nicht viel am Hut.
    Ich sehe mich im Lager um und halte hektisch nach einem vertrauten Gesicht Ausschau. Endlich entdecke ich Cinder, die zwei Eimer vol Blut zu einer großen Gruppe Verletzter trägt. Sie ist ziemlich übel zugerichtet, wirkt aber relativ gesund verglichen mit dem Rest ihrer Leute. Das Menschenblut, das ich ihr vor dem Angriff überlassen habe, hat wahrscheinlich ihr unsterbliches Leben gerettet.
    »Wo ist Magnus? Wo ist Jareth?«, frage ich, laufe auf sie zu und fasse sie am Arm, obwohl ich mich zugleich vor der Antwort fürchte. Bitte, bitte lass sie nicht tot sein.
    Cinder dreht sich mit ernster Miene zu mir um. »Lord Magnus hat sich den Wölfen ergeben«, sagt sie. »Er hat ihnen erlaubt, ihn mitzunehmen.«
    »Was?« Sie haben Magnus mitgenommen?
    Dann war unsere ganze Aktion umsonst?
    »Warum hat er das getan?«
    Ihr Blick wird hart. Es ist der Blick von jemandem, der schon zu viel Leid in seinem Leben gesehen hat. »Um die übrigen Bewohner des Lagers zu retten«, antwortet sie tonlos. »Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, ich muss das Blut an die Verwundeten verteilen.« Sie will sich an mir vorbeischieben, aber ich weiche nicht vom Fleck.
    »Was ist mit . . . was ist mit . . .Jareth?«, gelingt es mir hervorzustoßen, obwohl ich keine Ahnung habe, wie ich es verkraften soll, wenn ihm etwas zugestoßen ist.
    »Er ist dort drüben in einem der verbliebenen Zelte«, sagte sie mit einem schmalen Lächeln. »Einige von unseren Vampiren …
    nun, sie denken, dass er die Wölfe zu uns geführt hat. Ich hielt es für das Beste, wenn er sich vorläufig nicht blicken lässt.«
    »Er lebt also . . . « Hoffnung steigt in mir auf.
    Sie nickt. »Es geht ihm besser als den meisten. Aber er war ja vorher auch viel kräftiger als wir al e zusammen.« Niederge-schlagen sieht sie sich im Lager um. Ich lege ihr tröstend eine Hand auf den Arm.
    „Es tut mir leid«, flüstere ich.
    »Nicht mehr als mir«, erwidert sie, dann eilt sie davon, um Blut an al e Bedürftigen zu verteilen.
    Ich atme tief durch und gehe auf das Zelt zu, in dem Jareth sich versteckt hält. Mir dreht sich der Magen um, als ich über abgetrennte Gliedmaßen und blutige Eingeweide hinwegsteige. Wie ist es möglich, dass Pyrus sich so etwas erlauben darf? Kann es sein, dass die anderen Konsortiumsmitglieder gar keine Ahnung davon haben, was wirklich vor sich geht? Ich reiße mich zusammen und hole mein iPhone heraus, fange aber beinahe an zu weinen, als ich es einschalte und das Hintergrundbild von Sunny und mir sehe, auf dem wir alberne Grimassen in die Kamera machen. Irgendwie schaffe ich es, die Foto-App zu finden, und fange an, Bilder zu machen. Die anderen müssen erfahren, was heute hier vorgefallen ist.
    »Verschwinde!«, schreit mich eine blonde Vampirfrau in einem zerlumpten Wol kleid an, die über einem blutenden Kind kniet. »Hast du überhaupt keinen Respekt vor den Toten?«
    Schuldbewusst stopfe ich das iPhone wieder in die Tasche. »Entschuldige bitte. Ich wol te nicht . . . ich meine, meine Schwester ist auch gestorben«, sage ich und meine Stimme versagt,

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