Bis das der Biss uns scheidet
für einen solchen Gefal en verlangen.«
Ich winke ab. »Meinst du, ich wüsste das nicht? Es ist mir egal, was er verlangt. Was es auch ist, er kann es haben.« Ich sehe ihn bittend an. »Verstehst du denn nicht, Jareth?
Das ist eine echte Chance, meine Schwester zu retten. Ich werde das Beste daraus machen, ganz egal, was es mich kostet.« Für einen Moment halte ich inne und nehme dann meinen ganzen Mut zusammen. »Ich dachte, dass gerade du das verstehen würdest.«
Jareth zuckt zusammen; meine Worte treffen ihn an seiner empfindlichsten Stel e. »Warum bist du dann überhaupt zu mir gekommen?
Du hast deinen Entschluss offensichtlich längst gefasst. Und da ich weiß, dass du nie um Erlaubnis fragst …«
»Weil ich wil , dass du mitkommst!«, rufe ich.
»Das wird die schwerste Aufgabe, der ich mich je stel en musste. Und ich wil mich ihr nicht al ein stel en.« Ich schlucke und meine Stimme zittert, weil ich ein Schluchzen unterdrücken muss, das aus mir hervorzu-brechen droht. »Bitte, komm mit. Bitte hilf mir. Ich brauche dich. Sunny braucht dich.«
Jareth schweigt wieder lange, bis ich schon davon überzeugt bin, dass er ablehnen wird.
Dann aber nickt er. »Also schön«, sagt er und es kling matt und resigniert. »Ich komme mit. Das ist wohl das Mindeste, was ich tun kann, da mein mangelndes Urteilsvermögen schließlich für al dieses Unglück verantwortlich ist.« Nach einer Pause fügt er hinzu: »Aber Rayne, du musst verstehen, dass das nichts zwischen uns ändern wird.
Wenn ich dich begleite, bedeutet das nicht, dass wir wieder zusammenkommen. Ich stehe zu meinem Entschluss, von nun an allein zu bleiben. Ich werde dir helfen, deine Schwester zu finden, aber egal, ob wir Erfolg haben oder scheitern - wenn diese Mission beendet ist, werde ich verschwinden.«
Seine innere Qual versetzt mir einen schmerzlichen Stich - al dieser Schmerz, den er so verzweifelt versucht zu verbergen.
Mir kommen die Tränen und ich bin dankbar dafür, dass es hier drin so dunkel ist.
»Ich verstehe«, bringe ich mühsam heraus.
»Ich möchte nur, dass du mir für Sunny zur Seite stehst. Das ist alles.« Die Lüge bleibt mir fast im Hals stecken, aber ich weiß, dass es so das Beste ist. Er wird Zeit brauchen, um mit sich ins Reine zu kommen. Ich muss Geduld haben und darf ihn nicht dazu zwingen, sich Dinge einzugestehen, die er sich noch nicht eingestehen wil . Denn Ietztendlich kann er noch so sehr vorgeben, kalt und unnachgiebig und grausam zu sein.
Ich kenne den wahren Jareth. Ich weiß, wie sehr er leidet.
Denn ich leide genauso.
Doch ich werde für ihn da sein, egal, wie lange es dauert. Egal, wie sehr er sich bemüht, mich abzuweisen. Ich werde ihn nie im Stich lassen, genauso wenig, wie ich meine Schwester, im Stich lasse. Und eines Tages werde ich ihm beweisen können, dass die Liebe stärker ist als das größte Leid.
Eines Tages . . .
»Komm«, sage ich, nehme seine Hand und ziehe ihn aus dem dunklen Kerker, in der er sich selbst gesperrt hat. »Gehen wir meine Schwester befreien.«
17
Im Sommer ist Seaside Heights in New Jersey ein belebter Strandort, mit einer Promenade aus Holzbohlen, einem Ver-gnügungspark, ein paar schäbigen Clubs und hin und wieder einer Reality-Show von MTV. Doch jetzt in der Winterkälte gleicht er eher einer Geisterstadt. Nur ein paar fragwürdige Gestalten schlendern über die ansonsten verlassene Strandpromenade mit den verrammelten Geschäften und Bars. Ein passend trostloser Ort für den Eingang zur Höl e, würde ich sagen.
Wir parken vor einem kleinen, unauffälligen Ferienhaus, eines von Hunderten entlang der schmalen Straßen, nur ein paar Blocks vom Strand entfernt. Fitter steigt als Erster aus der Limousine und holt einen langen, rostigen Schlüssel aus der Tasche. Er hat sein cooles Drummeroutfit gegen einen angemesseneren schwarzen Umhang Marke »Sensenmann« eingetauscht, inklusive der unverzichtbaren großen Sense.
»Hier entlang, Leute«, sagt er mit der tiefen, drohenden Stimme, die er seit Beginn unseres Trips angenommen hat. »Auf zu den Pforten der Unterwelt!«
Das gehört wohl al es zur Show, schätze ich, aber trotzdem kriecht mir ein kalter Schauer über den Rücken. Die Pforten der Unterwelt.
Das klingt echt unheimlich und gefährlich.
Plötzlich wird mir bewusst, was wir hier eigentlich vorhaben. Wir verlassen die Erde, die uns vertraute Welt, um freiwillig in den Feuerschlund der Hölle hinabzusteigen.
Wo ich einen Pakt mit dem Teufel
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