Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis das der Biss uns scheidet

Bis das der Biss uns scheidet

Titel: Bis das der Biss uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
Vom Netzwerk:
unwahrscheinlich, dass er gerade seine Kleider aus der Reinigung holt.
    Also klopfe ich noch einmal, diesmal etwas lauter. Endlich ist eine tiefe Stimme hinter der Tür zu vernehmen. »Du verschwindest wohl nicht, wenn ich dich ignoriere, oder?«
    »Bitte, Mr Torrid!«, flehe ich. »Wir müssen dringend mit Ihnen reden!«
    Schweigen, dann . . . »Kommt rein. Es ist nicht abgeschlossen.«
    Ich drücke die Tür auf und betrete die Hütte.
    Sie ist viel größer, als es von außen den Anschein hat, und wirklich ziemlich schick, wenn man bedenkt, dass wir im Hades sind.
    Schön gewebte Perserteppiche liegen auf dem Bodem. authentisch aussehende Mingvasen stehen auf Marmorsäulen und bunte Wandbehänge sieht man an den Wänden. Ich frage mich, wie er das ganze Zeug hierherimportiert hat.
    Ein Junge von etwa vierzehn Jahren sitzt mit dem Rücken zu uns an einem Computertisch, seine Augen kleben an einem Laptop. Bei den vertrauten Klängen von World of Warcraft , die aus den Lautsprechern kommen, spitze ich die Ohren. »Entschuldigt«, sagt er, ohne sich umzudrehen. »Wir sind gerade dabei, die Icecrown-Zitadel e einzunehmen. Tragt euer Anliegen vor.«
    »Wow ihr habt hier unten Computerspiele?
    Cool.« Vielleicht ist das mit den hundert Jahren Wartesaal doch gar nicht so schlecht.
    Kein Job, keine Hausaufgaben, Game-sessions, so lange man will!
    »Natürlich«, sagt er. »Charon nimmt zwar keine Kreditkarten, aber Amazon schon. Und jetzt, wo ich mich als Premiumkunde registriert habe, bekomme ich alles kostenlos hierhergeliefert.«
    Ich schiele zu Race und Jareth und schüttele ungläubig den Kopf. Werden die Wunder der Höl e je ein Ende nehmen? »Also, äh, na ja, wir wol ten wissen, ob du uns vielleicht helfen kannst. Wir müssen den Fluss überqueren.«
    »Das müssen al e. Ich schlage vor, ihr reiht euch in die Schlange ein. Keine Angst. Die hundert Jahre vergehen hier unten wie im Flug«, sagt er, während sein Magier einen Feuerhagel auf seinen Gegner loslässt. Ich muss zugeben, er ist ziemlich gut, und frage mich, auf welchem Server er spielt.
    »Ja, das glaub ich gern. Aber verstehst du, wir sind nicht tot. Wir sind hier runtergekommen, um mit Hades über meine Schwester zu sprechen. Wir müssen sie von hier wegbringen, bevor sie in die Mühlen des Letzten Gerichts gerät. In hundert Jahren ist es dafür zu spät.«
    Als ich über Torrids Schulter spähe, kommt gerade ein besonders übel aussehender Orc daher und zieht einer Trollfigur eins über den Kopf. Der Trol bricht total zu zusammen und bleibt liegen. Torrid seufzt laut und schwingt auf seinem Drehstuhl zu uns herum. In dem Augenblick erkenne ich erst, dass er auch im echten Leben ein Trol ist, inklusive kleiner Hörner, die seitlich aus seinen Wangen hervorstehen. Um ehrlich zu sein ist dieser Anblick ziemlich irritierend »Also, was wollt ihr von mir?«, fragt er.
    Ich hole Luft. Immer schön durchatmen. »Ich habe gehört, dass Charon manchmal eine Ausnahme mit der Bezahlung der Überfahrt macht, und wollte dich fragen, ob du was diese Ausnahmen weißt.«
    Torrid nickt. »Das ist schon vorgekommen, aber nur sehr selten.« Er unterzieht uns einer skeptischen Musterung. »Ich bin nicht sicher, ob einer von euch das Zeug dazu hat, ihn breitzuschlagen.«
    Ich merke, wie ich langsam ungeduldig werde. Für wen hält sich dieser Trol eigentlich? »Stel uns doch auf die Probe«, fordere ich ihn heraus.
    »Also, der Erste, der es geschafft hat, war Herkules, der Sohn des Zeus«, erklärt Torrid.
    »Es heißt, er habe Charon bei einem Kräfte-messen besiegt, ihn überwältigt und ihm sein Ruder gestohlen. Natürlich benutzt der Fährmann heutzutage ein Motorboot, daher wird euch das nicht viel nutzen.
    Außerdem trägt er den Schlüssel immer bei sich. Also müsstet ihr ihn schon k.o.
    schlagen, um an den Bootsschlüssel ranzu-kommen.«
    »Verstehe«, sage ich und beobachte aus einem der Fenster der Fährmann seinen Laden für die Nacht dichtmacht. So kampfstark sieht er gar nicht aus. Eigentlich ist er sogar ziemlich mager. Viel eicht, wenn wir uns al e drei gleichzeitig auf ihn stürzen »Denk mal nicht dran«, schnaubt Torrid. »Ich bin Herkules selbst begegnet. Und du, meine Liebe, bist definitiv kein Herkules.
    Seufz. Da hat er wohl recht. Ich wende mich vom Fenster ab. »Wen gab es sonst noch?«
    »Na ja dann war da noch dieser trojanische Aeneas«, fährt er fort. »Angeblich der Sohn von Aphrodite. Er konnte Charon mit einem goldenen Zweig bestechen, was

Weitere Kostenlose Bücher