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Bis das der Biss uns scheidet

Bis das der Biss uns scheidet

Titel: Bis das der Biss uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Mancusi
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hier drüben«, fügt Herkules hinzu und zeigt auf das andere Ufer, »ist ein spezieller Höl enkreis den Lehrern vorbehalten, die zu viele Hausaufgaben aufgegeben haben.«
    Tatsächlich, die Insel ist voller lila schimmernder Gelehrter, die an Schreibpulte gekettet sind. Vor ihnen türmen sich riesige Stapel von Aufgaben. Dämonen marschieren durch die Reihen, und sobald eine Seele eine Aufgabe erledigt hat, werden drei weitere vor sie hingeknal t.
    »Sie müssen bis in al e Ewigkeit Schular-beiten machen«, erklärt Herkules, »und haben nie auch nur einen Moment frei.«
    »Nicht schlecht«, bemerke ich und überlege, ob welche von meinen früheren Lehrern viel eicht insgeheim Elfen, Trol e oder sonstige anderweltliche Kreaturen waren.
    Einige von ihnen wären ganz bestimmt für diese speziel e Höl e infrage gekommen.
    »Und was ist das da drüben für ein Kreis?«, fragt Race und zeigt auf die nächste Insel, auf die wir zusteuern. Auf den ersten Blick scheint sie eher ein Paradies als eine Folter-kammer zu sein. Überal stehen hohe, pral gefül te Bücherregale. Aber dann sehe ich mir die Bewohner genauer an und erkenne bestürzt, dass jedem einzelnen von ihnen die Augen ausgestochen wurden. Sie wandern blind durch einen Wald von Büchern, außer-stande, auch nur ein einziges zu lesen.
    »Das sind die E-Book-Piraten«, erklärt Herkules ernst und auf einmal bin ich sehr froh, dass ich meine Kindle-Downloads immer schön bezahlt habe.
    Endlich verlassen wir den Bereich der speziel en Kreise und fahren in einen weite-ren Seitenarm des Flusses hinein. Eine glitzernde Tafel informiert uns darüber, dass wir die Randbezirke der elysischen Gefilde erreicht haben. Ich sehe mich um und schnappe beeindruckt nach Luft. Es ist wunderschön hier - überal lebhafte, kräftige Farben, ein krasser Gegensatz zu dem Grau der trostlosen Zwischenstation, aus der wir gerade gekommen sind. Hier gibt es sanft gewel te grüne Hügel, bunte Vögel, die in blühenden Bäumen zirpen, und sogar einen künstlichen blauen Himmel über uns. Um das Ganze perfekt zu machen, strahlt eine wärmende Sonne auf uns hinab. Wohin ich auch schaue, überal vergnügen sich Seelen beim Spaziergang oder Picknick. Sie schwin-gen auf Schaukeln hoch in den Himmel hinauf, lachen und amüsieren sich.
    »Wow!«, mache ich mit einem leisen Pfiff.
    »Es lohnt sich wirklich, die Goldene Regel zu befolgen, was?«
    Herkules grinst. »Also, meiner Karte zufolge sollte dein Vater hier irgendwo wohnen.« Er legt an einer flamingofarbenen Anlegestelle an. »Geht einfach die Glücksgasse hinunter und biegt dann nach rechts in den Paradieshain ab.«
    Wir klettern aus dem Boot und bedanken uns bei ihm für seine Begleitung durch die Unterwelt. »Das war großartig, vielen, vielen Dank«, sage ich und umarme ihn spontan.
    »Tol e Bootsfahrt, wirklich. Und dass Sie uns vor den Dämonen gerettet haben, werden wir Ihnen auch nie vergessen.«
    Herkules neigt bescheiden den Kopf. »Na ja, das machen antike Helden halt so«, sagt er mit einem kecken Grinsen. »So, wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigen wol t, ich habe noch ein heißes Date mit meiner Freundin Persephone.«
    »Wie bitte? Persephone?« Verwundert lege ich den Kopf schräg. »Ist das nicht. . .?«
    »Hades' angetrautes Weib?« Herkules lacht.
    »Rein offiziel betrachtet, ja. Aber was der große Boss nicht weiß, macht ihn nicht heiß, stimmt's?« Er legt einen Zeigefinger an die Lippen. »Viel Glück. Seid vorsichtig. Hütet euch vor den Dämonenpatrouil en.« Er stößt das Boot von der Anlegestelle ab und treibt den Fluss hinunter. Dabei sieht er so aus, als könnte keine Sorge der Welt ihm die Laune verderben. »Adios!«, ruft er uns nach.
    »Sayonara!«
    Kopfschüttelnd sehe ich ihm nach. Wenn hier einer vorsichtig sein sol te, dann er, der etwas mit der Frau vom Chef laufen hat.
    Sonst wird er eines Tages noch in einem ganz speziellen, nur für ihn gemachten Höl enkreis landen. Natürlich nur, wenn er sich erwischen lässt.
    »Okay, worauf warten wir?«, unterbricht Race meine Gedanken. »Lass uns deinen guten alten Dad besuchen!«

24
    Wir laufen in die Richtung, in die Herkules uns gewiesen hat, und kommen schon bald zu einem kleinen, aber hübschen zweistöckigen Haus mit einem pastellblauen Anstrich. Es ist nicht so eine große Katalog-villa wie die anderen Häuser rundherum, dafür hat es einen altmodischen weißen Palisadenzaun und einen sehr gepflegten Blumengarten davor.
    Sieht nicht gerade nach dem

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