Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
Es passte, passte beinahe zu gut. Ich zwang mich, ein bisschen länger weiterzumachen, wobei ich meine Gefühle scharf unter Kontrolle behielt, und wählte meine nächsten Worte sehr vorsichtig.
»Weißt du, was ich am meisten bereue?«, sagte ich in einem Ton, so lässig wie nur möglich. »Es ist das Allerdümmste, und du wirst wahrscheinlich lachen.« Um meine Geschichte glaubwürdig erscheinen zu lassen, holte ich ein triviales Lachen von einem Ort in mir hoch, von dem ich nicht mal gewusst hatte, dass er existierte. »Ich habe mein Lieblingssweatshirt bei ihm zu Hause vergessen. Es ist aus
Oxford – meiner Traumuni«, erklärte ich. »Mein Vater hat es mir mitgebracht, als er in England war, deshalb bedeutet es mir viel.«
»Du warst bei Patch zu Hause?« Er hörte sich ehrlich überrascht an.
»Nur einmal. Meine Mutter war zu Hause, deshalb sind wir zu ihm gefahren, um einen Film anzusehen. Ich habe mein Sweatshirt auf dem Sofa vergessen.« Ich wusste, ich befand mich auf gefährlichem Terrain – je mehr Einzelheiten ich über Patchs Wohnung verlauten ließ, umso höher war die Wahrscheinlichkeit, dass etwas nicht passte und ich entlarvt würde. Aber wenn ich zu vage blieb, könnte Rixon darauf kommen, dass ich log.
»Ich bin beeindruckt. Er zieht es eigentlich vor, seine Adresse im Dunkeln zu lassen.«
Und warum das?, fragte ich mich. Was hatte er zu verbergen? Warum war Rixon der Einzige, der Patch in seinem Allerheiligsten aufsuchen durfte? Was konnte er mit Rixon teilen, aber mit niemandem sonst? Hatte er mich deshalb niemals eingelassen, weil er wusste, dass etwas, das ich dort sehen würde, die Wahrheit ans Licht bringen könnte: dass er für den Tod meines Vaters verantwortlich war?
»Das Sweatshirt zurückzubekommen würde mir eine Menge bedeuten«, sagte ich. Ich fühlte mich irgendwie distanziert, so als würde ich aus mehreren Metern Entfernung zusehen, wie ich mich mit Rixon unterhielt. Jemand Stärkeres, Schlaueres und Beherrschteres sagte die Worte, die aus meinem Mund flossen. Diese Person war nicht ich. Ich war das Mädchen, das spürte, wie sie zu Stückchen zerbröselte, die kleiner waren als der Sand unter ihren Füßen.
»Geh morgens früh hin. Patch geht früh aus dem Haus, aber wenn du um halb sieben da bist, dann solltest du ihn noch antreffen.«
»Ich habe keine Lust, ihm zu begegnen.«
»Soll ich das Sweatshirt einfach mitnehmen? Ich bin mir sicher, dass ich morgen Abend dort bin. Spätestens am Wochenende. «
»Ich hätte es lieber so schnell wie möglich zurück. Meine Mutter fragt ständig danach. Patch hat mir einen Schlüssel gegeben, und wenn er die Schlösser nicht ausgetauscht hat, könnte ich immer noch reinkommen. Das Problem ist nur, dass es dunkel war, als wir hingefahren sind, und ich kann mich nicht mehr erinnern, wie wir zu seinem Haus gekommen sind. Ich habe nicht darauf geachtet, weil ich nicht geplant hatte, jemals wieder da hinzufahren, um mein Sweatshirt zu holen, nach unserer Trennung.«
»Swathmore. Dicht am Industriegebiet.«
Mein Gehirn vernetzte die Information.
Wenn seine Wohnung neben dem Industriegebiet lag, dann wettete ich, dass er in einem der Backstein-Apartmenthäuser am Rand der Altstadt von Coldwater lebte. Es gab nicht viele andere Möglichkeiten, wenn er nicht in eine der verlassenen Fabriken oder in die Hütten der Obdachlosen eingezogen war, woran ich zweifelte.
Ich lächelte, in der Hoffnung, entspannt zu erscheinen. »Ich weiß, dass es irgendwo drüben beim Fluss war. Obergeschoss, richtig?«, sagte ich ins Blaue hinein. Mir schien es, als würde Patch nicht hören wollen, wie seine Nachbarn über ihm herumtrampelten.
»Ja«, sagte Rixon. »Nummer 34.«
»Glaubst du, Patch ist heute Abend zu Hause? Ich will ihm nicht in die Arme laufen. Besonders, wenn er mit Marcie da ist. Ich will nur mein Sweatshirt holen und verschwinden. «
Rixon hüstelte in seine Faust. »Äh, nein, das sollte in Ordnung gehen.« Er kratzte sich an der Wange und warf mir
einen nervösen, beinahe mitleidigen Blick zu. »Vee und ich treffen uns nämlich heute Abend mit Patch und Marcie, um einen Film anzusehen.«
Ich fühlte, wie meine Wirbelsäule steif wurde. Wie die Luft in meinen Lungen zu bersten schien … und dann, gerade als ich merkte, wie jeder Anschein von vorsichtig kontrollierten Gefühlen mich verließ, sprach ich wieder klar. Ich musste. »Weiß Vee davon?«
»Ich überlege noch, wie ich es ihr beibringen soll.«
»Ihr was
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