Bis das Glück mich findet
langfristig über ihre Zukunft nachzudenken, dass ihr das Nächstliegende gar nicht mehr in den Sinn kam. Sie hätte sehr gerne etwas getrunken, es war heiß, und sie hatte Durst, aber die Vorstellung, Gast in ihrem eigenen Haus zu sein, war ihr dann doch zu viel. »Nein, vielen Dank. Ich muss jetzt leider aufbrechen.«
»Es wird alles gut, okay?«
»Sicher«, erwiderte sie. »Sicher. Ich bin am Überlegen, ob ich nicht besser aus der Gegend wegziehe«, fügte sie hinzu.
»Wohin?«
»Das weiß ich noch nicht.«
Es stimmte. Die Idee wegzuziehen war ihr erst in diesem Moment gekommen. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, aber jetzt wurde ihr klar, dass der Gedanke, in der Nähe von Atlantic View zu leben, wenn ein anderer es besaß, einfach zu schmerzlich war.
»Nun, jedenfalls hoffe ich, dass sich alles in Ihrem Leben wieder zum Guten wendet.«
»Danke.«
»Die glamouröse Mrs Delahaye.«
»Wie bitte?«
»Das stand unter Ihrem Foto in der Zeitung.«
»Ja, so hat man mich früher wohl genannt«, gab sie zu. »Doch heutzutage heißt es meistens: die einsame Mrs Delahaye. Oder die unglückliche Mrs Delahaye. Oder hin und wieder auch: die naive Mrs Delahaye, was wohl die Sache auf den Punkt bringt.«
»Er war ein Dummkopf.«
»Sie kennen ihn nicht. Sie beurteilen ihn aufgrund dessen, was Sie über ihn gelesen oder gehört haben.«
»Oh.«
Dominique hängte sich ihre Handtasche über die Schulter. »Ich mache mich jetzt besser auf den Weg. Außer dieser Fernbedienung hier gibt es keine weiteren. Es wird also keine unerwarteten Besuche meinerseits mehr geben.«
»Möchten Sie nicht ein letztes Mal Ihr Haus von innen sehen?«, fragte Paddy. »Ist das nicht der Grund, weswegen Sie hierhergekommen sind?«
Sie zögerte.
»Mich würde es nicht stören«, versicherte er.
»Nein, danke.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hätte nicht hineingehen können. Ich habe keine Schlüssel mehr. Es ist jetzt nicht mehr mein Haus. Ich wollte nur … aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«
»Na gut. Also dann.« Er streckte ihr wieder die Hand entgegen. »Es war sehr nett, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits, Mr O’Brien«, erwiderte Dominique, als sie ihre Wagentür öffnete.
»Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann mal wieder«, sagte er.
»Das bezweifle ich.«
»Schade.«
Sie lächelte ihm zu und fuhr davon. Sie schaute kein einziges Mal in den Rückspiegel.
Kapitel 21
D etective Inspector Murphy stattete Dominique erneut einen Besuch ab. Sie nahmen in Lilys Wohnzimmer Platz, wo der Beamte Dominique darüber in Kenntnis setzte, dass es ihnen bis dato nicht gelungen war, Brendan ausfindig zu machen, dass die Polizei aber davon ausging, dass er eines Tages wieder auftauchen würde. Die Welt sei inzwischen viel kleiner geworden, fuhr er fort, als wäre das etwas Neues für sie, und auf Dauer unterzutauchen sei sehr schwierig geworden. Wie er ihr weiter berichtete, existierte in der Zwischenzeit eine Akte über das verschwundene Barbados-Geld, aber solange man das komplizierte Geflecht von Transaktionen zwischen den einzelnen Tochterfirmen nicht entwirrt hatte, würde diese Akte nicht dem Staatsanwalt übergeben werden, weil man bis heute keinen Hinweis auf irgendwelche kriminellen Machenschaften entdeckt hatte. Die Tatsache, dass sich das Geld nicht auf dem Konto befand, welches ursprünglich zu diesem Zweck eingerichtet worden war, bedeutete nicht automatisch, dass es sich jemand in betrügerischer Absicht angeeignet hatte.
»Dann könnten also alle seine Geldanlagen vollkommen legal sein«, sagte Dominique nachdenklich. »Und es stimmt vielleicht gar nicht, dass er sich mit dem ganzen Geld aus dem Staub gemacht hat, wie die anderen ihm das jetzt unterstellen.«
»Das ist möglich«, erwiderte Peter, auch wenn er reichlich skeptisch klang. »Dieses ganze Finanzierungsschema ist äußerst kompliziert.«
»Ich habe davon keine Ahnung«, erwiderte sie. »Ich habe noch nie darüber Bescheid gewusst und kann Ihnen da wirklich nicht helfen.«
»Würden Sie das denn?«, fragte er. »Wenn Sie wüssten, wo sich Ihr Mann aufhält, würden Sie es mir sagen?«
»Aber ich weiß es nicht«, beharrte Dominique, »und deshalb ist diese Frage sinnlos.«
»Sie haben seit seinem Verschwinden keinerlei Kontakt mit ihm gehabt?«
Dominique schaute den Beamten mit echter Neugier an. »Haben Sie mein Telefon angezapft?«
Er lachte. »Nein.«
»Ich wollte, er würde mit mir Kontakt
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