Bis das Glück mich findet
Ich weiß, ich habe auch noch das Geld, das ich bei dem Radiosender verdient habe, aber …«
Dominique machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Willst du das wirklich? Ist es, weil du unabhängig sein willst, oder machst du das nur, weil du mir nicht zur Last fallen möchtest?«
Kelly grinste ihre Mutter an. »Wohl beides. Aber ganz ehrlich, ich will es so. Alicia auch. Ihre Mum treibt sie noch in den Wahnsinn.«
»Ha«, schnaubte Dominique, »Alicia und alle anderen auch.«
»Tante June ist kein besonders netter Zeitgenosse, nicht wahr?«
»Ich denke, sie hat Stress.« Dominique achtete stets darauf, keinen aus der Verwandtschaft vor ihrer Tochter schlechtzumachen, selbst wenn sie insgeheim fand, dass June ein gehässiges Biest war.
»Ach, und wir haben wohl keinen?«
Dominique schmunzelte. »Irgendwie scheinen wir besser damit umgehen zu können.«
»Sie hat zu Alicia gesagt, wir hätten irgendwo einen Haufen Geld versteckt. Ich dachte, sie meint die fünftausend, aber sie hat ganz allgemein gesprochen. Sie ist überzeugt, dass du Millionen in der Hinterhand hast.«
»Sie und alle anderen im County Cork.«
»Und sie nennt mich immer die Treuhandprinzessin, obwohl ich ihr versichert habe, dass kein Treuhandfonds für mich existiert.«
»Dein Dad hatte vor, für dich ein Haus zu bauen.«
»Wie heißt es doch so schön? Der beste Plan, ob Maus, ob Mann, geht oftmals ganz daneben …« Kelly seufzte. »Er war … er ist so dumm.«
»Aber du bist nicht dumm«, sagte Dominique. »Du hast eigene, sehr gute Pläne.«
Kelly nickte. »Ich muss es tun. Ich will es unbedingt. Alicia auch.«
»Ich werde dich gewiss nicht daran hindern«, sagte Dominique. »Ich bin froh, dass du so selbstständig bist und es dir zutraust.«
»Aber ich will nicht, dass du allein und unglücklich zurückbleibst.«
»Hör mal, ich habe bis jetzt noch gar keine Entscheidungen getroffen, wie es nun weitergeht«, erwiderte Dominique. »Aber um mich brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen. Ehrlich.« Sie umarmte ihre Tochter. »Wir beide kriegen das hin.«
»Ich weiß«, sagte Kelly, und Dominique hoffte, dass sie beide recht hatten.
Dominique hatte das Bedürfnis, sich auf die Suche nach Brendan zu machen. Sie hatte diesen Wunsch die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt, und jetzt, wo Kelly beschlossen hatte, mit ihrer Cousine und zwei Freundinnen zusammenzuziehen, hatte Dominique das Gefühl, freie Hand für eigene Entscheidungen zu haben. Sie würde einen Teil ihres Geldes für die Suche nach ihm verwenden. Sie wollte ihn zur Rede stellen. Und wie es danach weitergehen würde … nun ja, das konnte sie jetzt noch nicht sagen. Aber eines wusste sie, nämlich dass es entscheidend für ihre Zukunft war, dass er zurückkam. Dessen war sie sich gewiss.
Kapitel 22
A ls Erstes flog sie nach London. Brendan hatte häufig in London zu tun gehabt und war, wie Dominique wusste, normalerweise in einem kleinen, feinen Boutique-Hotel in Kensington abgestiegen. Es war teuer, ohne protzig zu wirken, doch für Londoner Verhältnisse waren die Preise nicht exorbitant, deshalb hielt sich Dominiques schlechtes Gewissen in Grenzen, als sie dort eincheckte. Das sorgsam restaurierte Gebäude aus der edwardianischen Zeit hatte ein kleines, mit Marmor ausgelegtes Foyer, eine mit Eichenpaneelen getäfelte Rezeption und Zimmer mit Komfort und entspannter Atmosphäre.
Da sieht man’s mal wieder, dachte Dominique, als sie ein paar Tage nach ihrer Ankunft in der Hotelbar saß: Brendan gefiel es, als höchst erfolgreicher Unternehmer gesehen zu werden, doch wenn er allein unterwegs war, warf er mit dem Geld nicht halb so verschwenderisch um sich, wie man vielleicht vermutet hätte. Nur wenn sie sich zusammen in der Öffentlichkeit zeigten, zogen sie eine Show ab als Glamour-Ehepaar, zu dem auffälliger Schmuck und teure Kleidung gehörten. Brendan liebte es, im Geld zu schwimmen, doch Dominique hatte immer den Eindruck gehabt, dass er in vielerlei Beziehung bodenständig geblieben war. Und trotz seines zweifellos luxuriösen Ambientes war dieses Hotel hier ebenfalls durch und durch bodenständig.
Sie ließ ihren Blick durch die Hotelbar wandern, während sie ihren Kräutertee trank. Die einzigen anderen Gäste waren Geschäftsleute in teuren Anzügen und blitzblank polierten Schuhen, die leise über irgendwelche Geschäfte redeten. Keiner von ihnen sah aus, als arbeitete er in der Baubranche. Andererseits hatte Brendan in den letzten Jahren auch nicht
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