Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
allerdings sah auf der frühen Rammstein-Strecke zum echten Durchbruch nicht alles richtig rosig aus. Es mussten Demos her, um der großen, weiten Welt zu zeigen, wo Rammstein musikalisch eigentlich hin wollten. So schloss man sich Anfang 1994 in der Bude von Richard Kruspe für einige Tage ein, um dort unter eigentlich unmöglichen, räumlich stark begrenzten Umständen einige Stücke auf 4-Spur-Band aufzunehmen, mit denen man vor allem einen Manager davon überzeugen wollte, sich um die Angelegenheiten des Sextetts zu kümmern. Unter den Stücken: „Das alte Leid“, „Seemann“, „Weisses Fleisch“ und „Rammstein“, alle durch die Bank auf dem Debütalbum wiederzufinden, zunächst jedoch in englischer Sprache. Sie bewarben sich damit beim „Metrobeat“-Festival des Berliner Senats und wurden von der Jury angenommen – was bedeutete, dass sie als Preis ihre vier Titel in einem professionellen Studio aufnehmen konnten.
In dieser Phase legten sich die sechs ihren Bandnamen offiziell zu. Den hatten neben Paul noch Schneider und Flake ausgeklügelt, im Übrigen bereits Ende des Jahres 1993. Landers erzählt im „Rammstein“-Buch von Gert Hof: „Wir hatten früher einfach so die Idee, wir müssten eine Band haben, die ‚Rammstein Flugschau‘ heißt. Im Überschwang des Übermutes fiel der Name ein paar Mal und blieb irgendwie so kleben, auch wenn einige von der Band das blöd fanden. Was sie jetzt natürlich nicht mehr wissen wollen. Jedenfalls blieb der Name einfach hängen wie ein Spitzname. ‚Flugschau‘ war dann zu lang, aber Rammstein fanden wir gut, das hat auch zur Musik gepasst.“ 8
„Rammstein Flugschau“ bezieht sich auf ein tragisches Flugunglück in dem Ort Ramstein, das sich am 28. August 1988 in dem Ort gleichen Namens ereignete. Drei italienische Flieger prallten bei einer Flugakrobatikvorführung gegeneinander undstürzten brennend in die Zuschauermenge. Es gab damals rund 500 Verletzte und 70 Tote.
Die Band änderte ihre ursprüngliche Idee und ließ von „Rammstein Flugschau“ den zweiten Teil weg, weil er zu offensichtlich auf das tragische Unglück im Jahr 1988 anspielte, was doch zu kontrovers gewesen wäre. Übrig blieb aber Rammstein, exakt so mit Doppel-m geschrieben, weil sich das vom Namen der Stadt Ramstein ein wenig abhob. Dazukam die Unkenntnis des Ortsnamens. Die Bandmitglieder wussten bei der Namensgebung der Gruppe einfach nicht, dass sich das rheinland-pfälzische Städtchen nur mit einem m schreibt.
Nachdem die Namensfrage geklärt war und als auch dank des „Metrobeat“-Preises professionelle, versandfähige Demos im Kasten waren, wollte der Sechser dringend einen fähigen Manager finden, damit dieser ihre Interessen effektiv vertreten könnte. Die Wahl fiel auf das „Pilgrim“-Management in Berlin unter der Leitung von Emanuel Fialik, der sich selbst „Emu“ nennt, weil er den gleichnamigen australischen Laufvogel so liebt – und deshalb auch von Freunden aus aller Welt immer Dinge zugesandt bekommt, die etwas mit dem schnellen Tier zu tun haben.
Fialik lehnte das Angebot zunächst ab. Doch ein überzeugendes Konzert im legendären Berliner „Knaack“-Club stimmte ihn endlich um, und er nahm den Sechser unter Vertrag.
Wolf-Rüdiger Mühlmann erinnert in seinem Buch „Letzte Ausfahrt: Germania“ sehr präzise an die Bemühungen, Rammstein, die im gesamtdeutschen Musikgeschehen noch reichlich unbekannt waren, populär zu machen und an die aufregende Ära im Leben der Band, die nach der Vertragsunterzeichnung mit „Emu“ einsetzte: „Im Mai 1994 beginnt das Berliner Management ‚Pilgrim‘ umgehend damit, Verhandlungen mit Plattenlabels zu führen. (…) Denn bis auf einige Fans in Ostdeutschland, welche die Band in kleineren Clubs gesehen hatten, sind Rammstein in der Szene noch kein Begriff. Die Musikpresse bemerkt die Band genauso wenig wie die Fans der alten Bundesländer.“
Sehr schnell wurde der Gruppe bewusst, dass sie sich zunächst am besten einen Namen machen konnten, indem sie sich möglichst oft live präsentierten. Denn von Anfang an lag die große Stärke von Rammstein in ihren Konzerten.
Der erste Rammstein-Gig fand am 14. April 1994 im Leipziger Club „Nato“ statt. Sie spielten als Support der „Golden Acker Rhythm Kings“ – ironischerweise eine Spaßband, in der Flakes Bruder den Sänger mimte. Das Publikum bestand gerade mal aus 20 Gästen.
Flake erinnert sich im Buch „Feeling B – Mix mir einen Drink“ bewegt
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