Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
daran, wie emotional das Publikum diesen ersten Auftritt verfolgte: „Danach habe ich in den Gesichtern dieser Menschen gesehen, dass sie gerade etwas erlebt hatten. Da war alles zu sehen: Begeisterung oder Schock, da war richtige Ruhe. Das Konzert war für uns natürlich der Hammer, wir waren schwer euphorisiert.“ 9
Als Nächstes traten Rammstein beim Berliner ‚Metrobeat‘-Festival im Kesselhaus in Berlin auf. Till trug zwei Sonnenbrillen übereinander, weil er ziemlich nervös war.
Um für den Gig zu werben, schrieben sie auf die Ankündigungsplakate „Rammstein – mit Musikern von Feeling B und den Inchtaboktables“. Das hatte den Grund, dass diese Formationen schlicht bekannter waren als Rammstein und ein größeres Publikum anzogen. Jedoch bedeutete diese Aktion auf der anderen Seite, dass die Konzertbesucher während des Auftrittes lautstark nach „Mix mir einen Drink“ und anderen bekannten Feeling-B-Stücken verlangten.
Trotz bereits in der ersten Phase beeindruckender Auftritte gab es für Rammstein 1994 eine Menge Probleme, bekannt zu werden. Doch durch Emanuel Fialik, einem Profi-Manager, ging es mit der Karriere des Sextetts schließlich voran. „Emu“ hatte (und hat) prächtige Kontakte im Musikgeschäft, erging mit einem Rammstein-Demo im August 1994 auf der weltweit größten Musikmesse „Pop Komm“ – damals noch in Köln anstatt wie heute in Berlin ansässig – unbeirrt hausieren. Der Hauptinteressent für eine Albumproduktion wurde ganz schnell die Firma „Motor Music“, ein junges, aufstrebendes Hamburger Label aus dem Hause „Polygram“, das sich von Rammstein tief beeindruckt zeigte.
So sehr dies alles auch nach ehrgeiziger Karriereplanung aussehen mag, eigentlich war dieser Aspekt für die Gründung von Rammstein offensichtlich nicht wirklich entscheidend – behauptet jedenfalls Flake im Buch „Mix mir einen Drink“ vehement: „Wir hatten keine bandinternen Ziele mit Rammstein, eigentlich wussten wir nur, was wir nicht wollen. Eben genau das, was wir bis dahin gemacht hatten. Wir wollten nicht mehr so lustig sein und ständig ‚Mix mir einen Drink‘ singen. Wir wollten nicht mehr in Jeans auftreten und auf der Bühne einige Bierchen trinken. Das war jetzt alles verboten.“ 10
Dennoch, auf die „Pop Komm“ im Sommer 1994 begleitete der Sechser seinen neuen Manager „Emu“, um sich der fachkundigen Showbiz-Öffentlichkeit zu präsentieren. Sie spielten damals in einer kleinen Burgkneipe. Paul Landers erinnert sich im Buch „Rammstein“ an diese Aktion ziemlich amüsiert: „Da sind Till und Flake mit der Neonlampe mal kurz über die Bar geritten und haben die kurz und klein geklopft. Dazu brannte alles, wir haben sofort gute Laune gekriegt. Auf einmal haben sich alle gefreut …“ 11
Fünf Monate nach diesem Großereignis – im Januar 1995 – unterzeichneten Rammstein in Hamburg ihren Vertrag mit „Motor Music“. Jetzt brauchte es nur noch einen passenden Produzenten für das Debütalbum. „Motor Music“ schlug für diesen Job Greg Hunter vor, der unter anderem mit der Industrial-Legende Killing Joke gearbeitet hatte, eine Band, die von Rammstein sehr geschätzt wird.
Als der Produzent in Berlin eingetroffen war, ging die Gruppe mit ihm ins Studio, um ihm zu zeigen, wie sie sich die Aufnahmen vorstellten. Hunter war sehr schweigsam – und schlief sogar während der Sessions ein. Die Band merkte daraufhin, dass er wohl doch nicht der richtige Produzent für ihr Projekt war.
Also ein neuer Mann: Der Schwede Jacob Hellner kam auf Einladung des Managements im Dezember 1994 nach Hamburg, um sich ein Rammstein-Konzert anzusehen. Hellner hatte sich bislang vor allem durch seine Kooperation mit der erfolgreichen Metal-Band Clawfinger hervorgetan. Hellner war von dem Auftritt des Sechsers dermaßen angetan, dass er spontan zusagte, die Songs zu produzieren, die sich später als „Herzeleid“ in den Plattenläden finden sollten.
Mit Jacob hatte man sich – wenn auch eigentlich unfreiwillig – gesucht und gefunden. Es ging nach Stockholm ins Studio, wo die Band nicht unbedingt hin wollte. Man nahm dort das Debütalbum „Herzeleid“ auf – womit eine Erfolgsgeschichte ihren Lauf nahm, die absolut keiner der Beteiligten jemals erwartet hätte …
8 Rammstein, S. 34.
9 Feeling B, S. 262.
10 Feeling B, S. 265.
11 Rammstein, S. 38.
6. „Herzeleid“: Das schwere Debüt
Am 24. 09. 1995 erschien „Herzeleid“, das erste Album von Richard Kruspe,
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