Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
seitdem ein gutes Stück kürzer ist. Mit seinen ersten selbst geschriebenen Songs ging er zum Konzert – was die reine Katastrophewurde. Die Jungs, die er als Begleitung verpflichtet hatte, sahen Flake kurz vor dem Auftritt als Punk und ließen ihm im Stich. Verzweifelt sprach er seinen Freund Alexander Kriening an, der in einer der Nachwuchsrockbands dieser Schule spielte. Er ließ sich erweichen und bearbeitete die Drums sehr treffsicher. Der als Punkrocker unerfahrene Flake dagegen konzentrierte sich nur auf sein Keyboard und senkte den Kopf so, dass sein Mund zu weit weg vom Mikrofon Töne von sich gab, die dann keiner hörte. Das Publikum verließ langsam den Saal, was noch beschleunigt wurde, als er zur Mundharmonika griff, darauf spielte und sang.
Diese Erfahrung war zwar deprimierend, aber Flake ließ sich dadurch nicht vom Musikmachen abschrecken. Im Gegenteil merkte er, dass er unbedingt ein eigenesInstrument brauchte. Sonst spielte er immer nur auf geliehenen E-Pianos. Er fragte immer wieder seinen Vater, der schließlich nachgab und ihm sein erstes Keyboard kaufte: eine 2000 Ostmark teure Heimorgel der Marke „Weltmeister“.
Zwei Jahre später stellte Falkes Kumpel Alexander Kriening den zukünftigen Rammstein-Tastenderwisch dem Sänger Aljoscha Rompe vor, der ihn als Keyboarder für Feeling B einspannte. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Flake fortan über die Auftritte mit Feeling B und mit Gelegenheitsjobs. Durch die Band lernte er ein weiteres zukünftiges Rammstein-Mitglied kennen: den Gitarristen Paul Landers. Die beiden sind seitdem enge Freunde. Sie zogen 1987 innerhalb der DDR-Hausbesetzerszene zusammen in eine leer stehende Wohnung am Prenzlauer Berg, der Region Ostberlins, die für sie und Feeling B zum zentralen Punkt ihres Musikerlebens wurde.
Das erträgliche und immer mehr auch einträgliche Leben als Mitglied dieser Formation wäre allerdings 1986 fast zu einem jähen Ende gekommen, als Flake verhaftet wurde. Es war purer Zufall, dass er gerade in der Nähe dreier DDR-Flüchtlinge war, die über die Grenze in den Westen türmten. Flake wurde für einen von ihnen gehalten und wegen Republikflucht ins Gefängnis gesperrt, dann aber bald wieder freigelassen – womit er auch gerechnet hatte, weil er wusste, dass er unschuldig war.
Das nächste Mal bekam Flake die DDR-Staatsmacht am 08. 10. 1989 deutlich und bedrohlich zu spüren, als er bei einer Demonstration gegen das sozialistische Regime an der Gethsemane-Kirche fast noch einmal verhaftet worden wäre. Er entging dem Gefängnis, weil er den Ort rechtzeitig verließ, bevor die Polizei losschlug und die Demonstranten einkesselte.
Das war damals, am Ende des sozialistischen Zwangssystems, nicht die einzige Art und Weise, wie Flake und seine Musikerfreunde erlebten, dass sie nicht erwünscht waren. Denn die Kulturoberen wollten durch die Lockerung der Reisebedingungen bewirken, dass das unliebsame und widerborstige Künstlervolk, also vor allem die Untergrundbands, am besten gleich im Westen blieben. Flake und seine Musikerfreunde waren nicht gewollt.
Kurz nach dem Fall der Mauer hatte er jedoch ein prägnantes Erlebnis, durch das er erfuhr, dass sich mit der Auflösung des DDR-Regimes auch die dort erfahrene Ablehnung ins Gegenteil wendete und er als ostdeutscher Künstler sogar erwünscht war. Feeling B wurde vom 18. bis 25. 01. 1990 mit anderen Ost-Punk-Bands und Künstlern aus den neuen Bundesländern eingeladen, als Kulturbotschafter nach Paris zu fahren. Sie sagten erfreut zu, und Feeling B gab im Rahmen dieses Kulturaustausches in der französischen Hauptstadt einige Konzerte, die jedoch sehr schlecht besucht waren. Allerdings lernte Flake mit der Band zu Beginn ihrer Reise nach einem Empfang den damaligen französischen Staatspräsidenten François Mitterrand kennen. Er schüttelte dem Regierungsoberhaupt sogar die Hand und unterhielt sich kurz mit ihm.
Der weitere Verlauf der Reise war dagegen fürchterlich. Denn nach diesen Veranstaltungen wollte die Band unbedingt noch privat bleiben. Es wurden auf eigene Faust Auftritte für Feeling B organisiert, die allerdings kein Geld einbrachten, sodass die Musiker sogar betteln gehen mussten. Dennoch hatte Flake dort für einen kurzen,beeindruckenden Moment den Atem der Geschichte gespürt. Er hatte ganz nah auf diesem Empfang die Welt der Politik erlebt.
Die Zeit der Repression durch das DDR-System war vorbei. Es gab nun die Möglichkeit zur unbehelligten politischen
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