Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
können. Das ist Medienhysterie. Es ist in Ordnung, wenn einer der DJs oder VJs unsere Musik nicht mag. Gut. Man kann nicht jedem gefallen. Aber, um seinen Job zu tun, sollte er ihn richtig machen und nicht versuchen, uns abzustempeln …“ Bassist Oliver griff das auf (übersetzt): „Das ist genau der Punkt. Alles, worum wir bitten, ist, dass sie offen sind. Aber sie missbrauchen ihre Position. Ich glaube, ein DJ oder VJ arbeitet als Dienstleister am Kunden. Wenn er nur die Musik spielen will, die er wirklich mag, sollte er zu Hause bleiben und seine Alben anhören. Das ist so wie Journalisten, die Bands niedermachen, nur weil es nicht ihr persönlicher Geschmack ist. Ich glaube, dass das ziemlich unprofessionell ist.“
Generell lehnte die Gruppe die Einschätzung ab, politische Inhalte transportieren zu wollen. Keyboarder Flake sagte dazu in einem Gespräch mit dem
WOM-Journal
aus dem September 2004: „Es ist gefährlich, wenn Musiker zu politischen Themen befragt werden. Darüber sollten nur Menschen sprechen, die etwas davon verstehen. Die Band Rammstein ist jedenfalls nicht politisch.“
Aber genau das wurde ihr mit dem Vorwurf der Rechtslastigkeit unterstellt. Dass Rammstein nun in der faschistischen und neonazistischen Ecke zu verorten seien, wurde z. B. daran festgemacht, dass Till Lindemann beim Singen das „R“ rollte wie nationalsozialistische Redner auf Reichsparteitagen im Dritten Reich. Der Sänger sagte dazu im Gespräch mit
Musikexpress/Sounds
in der Ausgabe 9/97: „Dabei ist das rollende ‚R‘ noch nicht einmal aus Absicht entstanden. Es kam von selbst, weil du in dieser tiefen Tonlage automatisch so singst. Ich bin kein Musiker im eigentlichen Sinn. Mir fehlen sämtliche Kenntnisse an den Instrumenten. Aber ich kann mit meiner Stimme und den Texten unserer Musik einen guten Support geben. Es ist eine Frage der Illustration, der Klangfarbe, der Phonetik. Wir wollten damit um Gottes willen keine faschistische Attitüde erschaffen. Erst später, als wir in Interviews dazu befragt wurden, haben wir uns damit auseinandersetzen müssen.“
Till griff das später öfter wieder auf, wie zum Beispiel im Nachrichtenmagazin
Stern
in der Ausgabe 14/01, als es um die Beobachtung ging, dass Rammstein die Ästhetik des Nationalsozialismus als künstlerisches Mittel einsetzten: „Das R kommt von allein. Wenn ich so tief und expressiv singe, flattert mein Stimmbändchen, und dann rollt es eben. Im Übrigen: Peter Maffays Stimmbändchen reagieren ähnlich, der rollt doch auch das ‚R‘. Und der Lichtdom, der sieht doch gut aus, oder? Um mehr geht es doch gar nicht. Nur weil man das assoziiert mit diesen zwölf beschissenen Jahren, soll das nicht mehr erlaubt sein? Dann reißt doch das Olympiastadion nieder und all die anderen Nazibauwerke in Berlin! Das sind zwölf Jahre, die dieser Idiot namens Hitler auf dem Gewissen hat, und immer wieder kommt man darauf zurück. Es geht doch um Kunst. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.“
Der Interviewer kam dann darauf zu sprechen, dass Rammstein trotzdem Fans aus der rechten Szene habe. Darauf sagte Till: „Wir erreichen viele, auch den Werber in Hamburg. Und was die Rechten angeht: Für mich geht der Staat zu weichwurstig mit dem Problem um. Du haust einen Schwarzen halb tot, und zur Strafe gibt es Aufbaustunden. Wir haben uns schon vor der Wende in Schwerin immer mit den Skins geprügelt – warum greift man heute nicht härter durch? Ich bin mit einem Mädchen aufgewachsen, das ist Mulattin. Die kommt immer noch jeden Sommer nach Mecklenburg zu Besuch. Die hat Angst vor den Leuten und traut sich nicht an bestimmte Plätze. Dafür schäme ich mich einfach.“
Der Vorwurf, mit Nazi-Ästhetik zu arbeiten und deshalb rechts zu sein, bekam vor allem durch das an die NS-Propagandafilmerin Leni Riefenstahl angelehnte Video „Stripped“ Nahrung. Die Wellen schlugen nicht nur in Deutschland hoch, sondern auch in den USA und in Großbritannien. Dort brachte der
New Musical Express (NME)
die Behauptung, dass Rammstein faschistisch und nationalsozialistisch seien, an die Öffentlichkeit. Die Band antwortete mit einer Gegendarstellung, die der
NME
in seiner September-Ausgabe 1998 abdruckte. Dort hieß es im Rammstein-Text (übersetzt):„Wir sind keine Nazis, Neonazis oder irgendeine Art von Nazi. Wir sind gegen Rassismus, Fanatismus und jede Art von Diskriminierung.“
Und dennoch: Trotz solcher Äußerungen mussten sich Rammstein weiterhin mit dem Vorwurf
Weitere Kostenlose Bücher