Bis das Herz brennt - die inoffizielle RAMMSTEIN Biografie
Revier‘ singen.“ Und Till ergänzte: „Der Sexismus, der uns vorgeworfen wird, ist für uns mehr ein In-Schutz-Nehmen der Frau. (…) Uns geht es darum, die Gefühle der Frau zu verstehen, und das dann so extrem aufzuzeigen, wie es eigentlich ist. Gestern hat uns ein Journalist gefragt, warum wir keine Liebeslieder schreiben. Liebe, das ist doch nur dieser eine kurze Moment. Aber danach, da fängt doch erst die Arbeit an. Das fortwährende Elend: sich finden, verlieben, eine Zeit lang sich aushalten, dann durchhalten, und schon geht alles wieder von vorne los.“
Solche Themen, für die Rammstein immer wieder negativ kritisiert werden, haben auf der einen Seite eine beklemmende Schwere und Ernsthaftigkeit. Auf der anderen Seite hat die Band besonders in den späteren Jahren häufig betont, dass sie mit derartigen Inhalten auch spielerisch und ironisch umgehen – was ihnen die Kritiker immer wieder absprechen.
Im Band-Interview mit dem Alternative-Rock-Magazin
Das Ding
aus dem September 2004 erinnerte sich Richard, dass Rammstein ihren Humor im Lauf ihrer Karriere erst entdecken mussten: „Viele sagen ja, die Deutschen haben keinen Humor. Ich denke, Humor hat immer etwas mit Selbstbewusstsein zu tun, und das muss man erst mal bekommen. Wir hatten anfangs schon Probleme, über uns selbst zu lachen. Das haben wir mittlerweile gelernt. (…) Am Anfang unserer Karriere haben viele gesagt, dass sie es toll fänden, wie wir uns verunstalten und über euch selbst lachen könnt. Ich hab dann nicht verstanden, was die meinen, denn wir haben das vor allem am Anfang durchaus ernst gemeint!“ Christoph wandte dagegen ein: „Ich finde uns nicht so lustig. Buster Keaton hat in seinen Filmen auch nie gelacht, und er hat vor allem auch nie über sich selbst gelacht. Dennoch finden ihn viele extrem witzig. Wenn wir uns selbst sehen, finden wir das komisch. Aber wenn wir auftreten, dürfen wir dabei nicht lachen, das würde die Stimmung kaputt machen.“
In einem Interview für das Musikmagazin von „Motor Music“ aus dem Juli 2004 antwortete wiederum Christoph auf die Frage, wie lustig denn der Kannibalen-Song„Mein Teil“ sei: „Was meinst du denn! Wenn wir die Sachen zum ersten Mal im Proberaum hören, lachen wir uns kaputt! Wir lachen schon beim Schreiben.“ Richard ergänzte: „Man muss natürlich fairerweise sagen: Wir haben es gelernt! Am Anfang von Rammstein war alles voller Aggressivität, und wir mussten uns ja auch selbst was beweisen.“ Und Schneider warf ein: „Dabei waren wir aber auch komisch!“ Richard antwortete: „Genau, aber wir wussten es nicht. Jetzt ist das anders!“ Daraufhin kam Christoph wieder auf „Mein Teil“ zurück: „Zum Beispiel der Gesang von ‚Mein Teil‘. Wenn man am Anfang den Sound der Stimme hört
(hält sich den Hals zu und quäkt)
.“ Und Richard führte noch aus: „Wenn ich eine Band auf der Bühne sehen würde, bei welcher der Sänger seinen Plastedödel rausholt, um den Keyboarder zu ficken, da müsste ich auch lachen!“
Gitarrist Paul äußerte sich dazu in einem Interview für das Musikmagazin von „Motor Music“ aus dem Oktober 2005 über die Entwicklung der letzten Jahre bis zum „Rosenrot“-Album ganz ähnlich: „Wie humorvoll oder nicht man wahrgenommen wird, das kann man sowieso nicht beeinflussen. Wir versuchen immer ein bisschen Abwechslung reinzubringen, zuletzt ist es aber schon fast ein bisschen zu lustig geworden. Jetzt soll erst mal wieder Schluss mit lustig sein! (…) Aus Versehen sind wir sehr oft selbstironisch, und mit Absicht ist das auch schon passiert. Gerade die Deutschen sind sehr froh, wenn so eine martialische Pose wie die unsere zusammenbricht und das Ganze eine ironische Brechung erfährt, weil sie damit aus geschichtlichen Gründen nicht so gut umgehen können.“
Ein Grund dafür, dass viele Kritiker Rammstein nicht unbedingt mit Ironie und Humor in Verbindung bringen, ist vor allem die politische Diskussion um die Band und der immer wieder aufkeimende Verdacht, dass sie Faschismus und Nationalsozialismus zugetan sei. Rammstein bekamen diesen Ruf zu spüren, als ihre Musik in den deutschen Radioprogrammen zunächst gar nicht auftauchte.
Darüber sprachen die Bandmitglieder in einem Interview mit dem amerikanischen Musikmagazin
NYRock
aus dem November 1998. Flake sagte dazu (übersetzt): „Sie versuchten, uns den politischen Aspekt aufzudrücken, und es ist ziemlich verrückt, etwas Politisches zu finden, um uns verbannen zu
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