Bis dass der Tod euch scheidet
… Hier ist Dylan, es ist zwar schon spät, aber ich denke, wir sollten kurz zusammenkommen und ein paar Dinge klären …“
Dylans Stimme klang ernst, fast befehlend. Und irgendwie hatte er mit einer pampigen Antwort gerechnet, denn ein Thor Fahlstrøm ließ sich sicher nicht gerne Vorschriften machen.
Doch es kam ganz anders.
„Okay“, erwiderte Thor gelassen. „In zehn Minuten in der Lobby.“
Dylan sah nur kurz in den Spiegel, richtete seine Frisur … vielleicht sah er auch länger hinein, jedenfalls so lange, bis er sich bereit fühlte, das Hotelzimmer zu verlassen.
Er war wie immer dunkel gekleidet, allerdings schlicht mit schwarzer Samthose und schwarzem Jackett, welches jedoch edel glänzte.
Sein Haar hatte er sofort nach dem Gig gewaschen. Es war zur Seite frisiert, so dass die linke Kopfhälfte fast frei lag. Phiola hatte ihm vor ein paar Tagen nicht nur den Nacken kurz geschoren, sondern auch die Schläfen. Somit besaß er nur noch ein paar Reste des Haupthaares und die langen Pony-Strähnen, die ihm fortwährend ins Gesicht fielen.
Geschminkt hatte er sich erneut. Ohne Kajal und Wimperntusche ging er selten unter die Leute, außer er trug eine Sonnenbrille.
In der großen Hotelhalle nahm er auf einem der bequemen Sessel Platz. Er fühlte sich ein wenig nervös, obwohl er ganz genau wusste, was zu tun war.
Sein ungutes Gefühl führte er demzufolge auf das Konzert zurück, welches wie immer seine ganze Kraft gefordert hatte. Eigentlich hätte er zu Bett gehen sollen, anstatt sich die Nacht um die Ohren zu schlagen, dazu mit einem Kerl, mit dem man sich besser nicht näher befassen sollte …
Dylan starrte zu den Fahrstühlen. Trotz der fortgeschrittenen Zeit öffneten sich deren Schiebetüren immer wieder. Gäste traten heraus, gingen hinein, fuhren hoch und runter…
Schließlich stieg ein groß gewachsener Mann aus dem Lift, mit eng sitzender Lederhose, mit Nietengürtel und Lederjacke. Er hatte seine langen Haare zu einem Zopf geflochten, so dass man sein kantiges, hohlwangiges Gesicht völlig unverdeckt betrachten konnte.
Sein Blick war emotionslos, starr.
Er verzog keine Mine, auch nicht, als er seinen Schlüssel beim Portier abgegeben hatte und dann auf Dylan zusteuerte.
Der kam sofort auf die Beine. Dieses ungute Gefühl, in ihm war stärker geworden, gleich, nachdem er Thor aus dem Fahrstuhl hat kommen sehen.
Was war das für ein Gefühl, das in ihm herrschte? Er wusste es nicht genau, doch es war beklemmend, schnürte sich fest um seine Brust und raubte ihm fast den Atem.
„Und?“, fragte Thor, als sie sich gegenüber standen. „Was ist so wichtig, dass du mich nach Geisterstunde von meiner Flasche Bourbon trennst?”
Dylans Mund öffnete sich einen Spalt. Seine Kehle war trocken. Einen Drink hätte er jetzt auch gut vertragen können.
„Du trinkst auch immer, nach den Gigs?“, fragte er.
Thor nickte. „Meistens …“ Seine Stirn legte sich in Falten. „Wolltest du das wissen? Das hätte ich dir auch am Telefon erzählen können.“
Er entzündete eine Zigarette, zog daran, so dass sich sein schmales Gesicht noch mehr zusammenzog und mit dem langen Bart am Kinn wirklich schauerlich aussah. Thors Antlitz war fahl. Er trug die nordische Blässe auf seiner Haut, und seine hellblauen Augen, die stets wachsam erschienen, verliehen seinem Gesicht eine ebenso starke Kälte.
„Nein, nein …“ Dylan suchte nach Worten. Erneut zerrte die Verunsicherung an seinen Nerven. Doch unmöglich konnte er das Konzept verlieren.
„Eigentlich wollte ich das nur endgültig mal klären mit uns … ich meine …“
„Entschuldigen Sie? Das Rauchen ist in der Lobby nicht gestattet.“ Der Portier lächelte, als er seine mahnenden Worte vortrug. Thor drehte sich, verharrte einen Moment, in dem er den Portier prüfend ansah und nickte dann.
„Lass uns rausgehen …“
Vor dem Hotel gingen sie ein paar Schritte. Das Gewitter war vorbeigezogen, nur in weiter Ferne hörte man noch ab und zu einen Donner grollen. Die Straßen glänzten nass, aber es regnete nicht mehr. Dennoch war die Luft drückend, jedenfalls kam es Dylan so vor, als er bemerkte, dass sein ganzer Rücken schon wieder klebte. War es wirklich die Hitze, die ihm zusetzte oder tatsächlich mal ein Hauch von Angstschweiß?
„Also was, Perk?“, nahm Thor das Gespräch wieder auf, „was klären?“
„Ist doch wohl offensichtlich“, erwiderte Dylan vollen Mutes. „Diese Missstimmung zwischen den Bands
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