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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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sich am liebsten auf den Boden fallen lassen. Myrnins Griff um ihren Arm war stahlhart, aber ihr war gar nicht danach, Dummheiten zu begehen. Sie war sich noch nicht mal sicher, ob sie sich überhaupt aus eigener Kraft bewegen konnte. Alles fühlte sich an wie ein Albtraum.
    Und dann wurde es natürlich noch schlimmer.
    »Und der Herausforderer«, schrie Wassily, »Vampirneuling, Musiker, aufstrebender Champion, Michael Glass! Das wird ein erbitterter Zweikampf, meine Damen und Herren, der schon seit Jahren fällig ist! Sehen Sie jetzt, wie …«
    Wassily hatte sich verschätzt; er hatte gedacht, er könnte weiter improvisieren, um die Wetten in die Höhe zu treiben, aber Shane hatte andere Vorstellungen. Er drehte eine Runde im Käfig, dann drehte er sich mit unnatürlicher Schnelligkeit um und rammte Wassily, der noch immer in sein Mikro plapperte. Wassily ließ das Mikro fallen, doch Shane hatte ihn am Kragen seiner schrillen Verkleidung gepackt und warf ihn zu Boden. Bevor Wassily wieder aufstehen konnte, hatte sich Shane bereits auf ihn gestürzt.
    Michael zog ihn von Wassily herunter und drehte ihm die Arme auf den Rücken. »Stopp«, sagte er. Claire konnte ihn hören, aber sie wusste nicht, ob ihn die Menge auch gehört hatte. Alle stampften und schrien und klopften auf die Metalltribüne, wodurch alles andere übertönt wurde. Michael wandte sich nicht an die Menge. Er redete eindringlich auf Shane ein. »Bro, hör auf damit. Das bist nicht du selbst.«
    Shane hörte tatsächlich auf. Er hielt still in Michaels Griff und hatte die Augen geschlossen. Doch als Michael losließ, weil er dachte, er sei zu ihm durchgedrungen, sah Claire, dass Shanes Lippen zu einem Lächeln verzerrt waren. Sie versuchte, Michael durch einen Schrei zu warnen.
    Dann hörte sie deutlich, wie Shane sagte: »Da irrst du dich. Bro.«
    SHANE
    Seit geraumer Zeit schon wollte ich Wassily eins auswischen, und als ich hörte, wie er über Michael laberte und laberte, na ja, das war’s dann. Michael Glass, der verdammte Mr Perfect. Er war nicht nur irgendein dahergelaufener Vampir. Nein, er stammt aus einer langen Linie menschlicher Verräter, die sich alle vor den Vamps verneigten. Zur Hölle, Sam hatte sogar …
    Irgendetwas in mir schaltete ab, als ich versuchte, Michaels Großvater Sam in diesen inneren Wutanfall mit einzubeziehen. Sam hatte das nicht verdient, das wusste ich. Ich hatte Sam gemocht. Himmel, alle hatten Sam lieb gehabt.
    So wie alle Michael liebten. Mr Perfect.
    Ich stürzte mich auf Wassily, und das tat gut. Es fühlte sich gut an, mit dem Körper zu denken, anstatt mit diesem verwirrenden Knäuel aus Hass, Schuld und Angst, das in mir steckte – einfach etwas zu sein, etwas zu tun, ohne dass einem das Gehirn in die Quere kam. Ich trat ihn mit der ganzen Kraft meines Fußes. Man kickte nicht mit den Zehen, nicht wenn man barfuß war. Man benutzte die Seiten oder die Ferse. Ich entschied mich für die Ferse und spürte, wie Wassilys Rippen knackten, als der Tritt landete.
    Herrlich.
    Dann zog Michael mich weg. Verdammt, er hatte mich von hinten gepackt. Damit hatte er Hebelwirkung und Stärke. Wassily stand auf, schnappte sich sein Mikrofon, stolperte aus dem Käfig und schlug die Tür zu.
    Michael sagte eindringlich »Stopp. Bro, hör auf damit. Das bist nicht du selbst.«
    Ich schloss die Augen und ließ meine angespannten Muskeln in seinem Griff los. Nur ein Schwachkopf würde darauf hereinfallen, aber Michael gefiel einfach der Gedanke, dass er alles konnte. Er dachte sowieso, dass ich nicht besonders schlau war.
    Als ich spürte, dass er mich losließ, musste ich so sehr lächeln, dass es wehtat. »Da irrst du dich. Bro.«
    Wahrscheinlich hörte er die Warnung, die darin lag, aber ich stürzte mich nicht nach vorne, um von ihm wegzukommen. Oh nein. Ich warf mich nach hinten, rammte ihn und warf uns beide auf den federnden Mattenboden. Die Menge schrie und es dröhnte wie Donner in meinen Ohren. Die Lichter fielen grell auf meine Haut und ich spürte Glory wie einen Suchscheinwerfer in meinem Kopf.
    Sie wollte, dass ich gewinne. Um jeden Preis.
    Ich drehte mich. Michael lag unter mir und bemühte sich aufzustehen. Dieses Mal hatte ich Hebelwirkung und Stärke, und solange ich ihn davon abhalten konnte, sich aufzuraffen, konnte ich ihn verletzen.
    Ich wollte ihn verletzen.
    »Shane!«, brüllte er. Ich sah ihn und gleichzeitig sah ich ihn nicht. Zumindest nicht deutlich genug. Er war nur ein Umriss, eine Stimme, ein

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