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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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dass ich nicht in der Lage sein will zuzuschlagen, wenn es nötig ist. Die Gelegenheit, Kampfsport von einem Vampir zu lernen … das war zu gut, um es sich entgehen zu lassen.
    Ich verstehe etwas von echtem Kampfsport. Ich meine, ich habe Karate gemacht, bis ich dreizehn war, und beschloss, dass ich zu cool dafür war. Daher weiß ich, wie man einen Karategi anzieht und einen Gürtel schnürt, und ich kenne die formalen Rituale auf der Matte. Es stellte sich heraus, dass das gut war, denn der Lehrmeister – ein Typ namens Wassily mit einem osteuropäischen Akzent wie aus alten Filmen – wollte auf diese Weise beginnen.
    Die ersten paar Durchläufe, nachdem er mich zum Kämpfen aufgefordert hatte, waren okay. Es war auch nicht anders als bei anderen Kämpfen, keine große Sache, aber dann hat er angefangen, Vampirgeschwindigkeit und Vampirstärke einzusetzen. Unwillkürlich wurde ich wütend, und wenn ich wütend bin, vergesse ich manchmal die Regeln. Ich peilte sein Knie an. Er drosch auf mich ein wie eine Abrissbirne auf eine Wand und das Nächste, was ich spürte, war dieser gewaltige Schmerz in der Brust. Ich hatte Glück gehabt. Er hätte mir die Rippen brechen und mein Herz in einen Schweizer Käse verwandeln können, wenn er mit voller Stärke zugeschlagen hätte.
    Dann lass ihn nicht noch mal zuschlagen, Loser. Ich konnte regelrecht die Stimme meines Vaters hören, trocken und höhnisch. Er war tot, aber in meinem Kopf war er immer da, schaute mir immer auf die Finger und beurteilte mich. Er hatte Vampire gehasst. Ich mag sie auch nicht besonders. Das hatten wir immer gemeinsam gehabt.
    Ich dachte gar nicht daran aufzugeben. Ich ging zurück zur Matte und verbeugte mich. Dann, in dem Moment, als ich die Gelegenheit dazu hatte, griff ich mit allem, was ich hatte, an. Totaler Blitzangriff. Ich wusste, dass ich dabei verletzt werden konnte, womöglich schlimm, vielleicht würde ich sogar getötet werden, aber ich würde mich nicht demütigen lassen. Nicht von einem Vampir. Keine verdammte Chance.
    Ich habe ihn gekriegt. Auf die harte Tour. Ich konnte den Schock in seinem Gesicht sehen und die Wut, die in ihm aufstieg. Während ich mit dem blutigen Geschmack von Sieg in meinem Mund dastand, wollte ich eigentlich, dass er sich auf mich stürzte. Ich fühlte mich lebendig, verdammt, so was von lebendig …
    Aber er tat es nicht. Stattdessen verbeugte er sich und komplimentierte mich dadurch von der Matte. Ich erinnere mich nicht daran, weggegangen zu sein und mich in den Kreis gekniet zu haben. Ich weiß nur noch, dass ich die ganze Zeit nächstes Mal, nächstes Mal, nächstes Mal dachte. Es erklang wie die regelmäßigen Schläge einer Glocke in meinem Kopf und tötete jeden anderen Gedanken ab.
    Ich beobachtete ihn für den Rest des Unterrichts. Er tat niemandem mehr weh, aber er hätte es gekonnt. Er wünschte es sich. Ich konnte es in seinen Augen sehen. Sie sind alle gleich, wisst ihr? Jäger. Sogar Michael, auch wenn er es verbirgt und ich auch manchmal so tue, als würde ich es nicht bemerken. Man muss darauf vorbereitet sein, dass sie sich auf einen stürzen.
    Denn wenn man nicht vorbereitet ist … dann könnte jemand, den man liebt, verletzt werden.
    Ich schloss die Augen und stellte mir Claire vor. Wenn ich sie sehe, geht es mir besser. Doch obwohl ich ihr Gesicht vor mir sah, ihr Lächeln, obwohl ich ihre Anwesenheit fast spüren konnte, war nur ein Gedanke in meinem Kopf – wie einfach es für sie wäre, sie mir wegzunehmen.
    Das durfte ich nicht zulassen.
    Mir fiel wieder ein, dass der Vamp zu mir gesagt hatte, ich solle mich später bei ihm melden. Eine Art Spezialunterricht? Verdammt, ja. Das könnte ich gebrauchen. Das musste ich machen.
    Ich musste lernen, wie man gegen sie kämpft, Mann gegen Mann, ohne Hilfe, ohne Waffen, ohne Hoffnung.
    Nur die Vampire konnten mir das zeigen.
    Trotzdem … hier zu sitzen, die Hände auf den Knien, schnell atmend, hatte ich unwillkürlich das Gefühl, dass ich zwar gewonnen, dass ich das Unmögliche geschafft … und irgendwie trotzdem verloren hatte.
    Und das war nur die erste einer langen Reihe von Niederlagen.
    Claire fühlte sich elend, während sie Shane dort auf den Knien sah, so in sich versunken und so … kalt. Das gefiel ihr nicht. Ihr gefiel nicht, wie er gerade gekämpft hatte, und ihr gefiel nicht, wie er danach aussah. Normalerweise war Shane nach einem Kampf glücklich, nicht … zornig.
    Das Ganze war eine schlechte Idee, dachte sie. Sie

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