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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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ein wenig verrückt, selbst ohne den Imkerhelm.
    »Okay«, sagte sie. »Die erste Kampfregel lautet: Floretts sind keine Pistolen, also hör auf, damit auf mich zu zielen – es wird nicht losgehen.«
    Claire wurde rot und senkte die Spitze auf ihre Zehen. »Sorry. «
    »Kein Problem. Du könntest mich sowieso nicht treffen«, sagte Eve und lächelte. »Ich stelle mich jetzt neben dich. Tu einfach das, was ich mache, okay?«
    Die erste Lektion bestand offenbar darin, das Schwert richtig zu halten. Das dauerte eine Weile. Dann kam das Zustechen. Dabei musste man das Schwert in einer glatten, geraden Linie nach vorne stoßen, während man mit dem rechten Bein einen tiefen Ausfallschritt machte.
    Das tat weh. Und zwar ziemlich. Nach ungefähr zehn von diesen Ausfallschritten, rang Claire nach Atem und schwitzte noch mehr. Nach fünfzehn war sie kurz davor zu weinen.
    Nach zwanzig hörte Eve endlich auf, aber sie wirkte, als könnte sie den ganzen Tag damit weitermachen.
    »Und dafür musste ich all das anziehen?«, murmelte Claire, als sie den Helm abzog. Ihre Haare waren schweißnass und klebten an ihrem Gesicht. »Ernsthaft? Ich meine, mir hat noch nicht mal jemand mit dem Schwert vor der Nase herumgefuchtelt!«
    »Du musst dich an das Gewicht gewöhnen und dich darin bewegen«, sagte Eve. »Augen zu und durch, du Frischling.«
    »Das macht dir wohl Spaß.«
    »Ja, und wie! Da musste ich selbst auch durch. Und du solltest das ebenfalls.« Eve zwinkerte. Sie ging zu einem gepolsterten Pfosten, der mit einem roten Kreis markiert war, und übte ein paar Angriffe für sich allein. Jedes Mal landete die Spitze ihres Schwertes innerhalb des Kreises.
    Claire wirbelte herum, als das trockene Geräusch klatschender Hände ertönte. Sie hatte nicht bemerkt, dass jemand hereingekommen war – aber da war er, gekleidet in einen weißen Fechtanzug, in der rechten Hand das Schwert, unter den linken Arm den Helm geklemmt. Oliver. In der Fechtuniform sah er hagerer und härter aus.
    Neben ihm, ebenfalls in Weiß, stand eine andere Gestalt. Amelie. Die Gründerin Morganvilles war Claire noch nie so klein vorgekommen. Die Kleider, die sie normalerweise trug, und ihre hohen Absätze ließen sie für gewöhnlich größer erscheinen. Aber so wurde Claire klar, dass Amelie nicht viel größer als sie selbst war und dass sie außerdem sehr schlank war. In ihrem Fechtanzug hätte sie auch als Junge durchgehen können, wenn man mal von den weiblichen Linien ihres Gesichts absah.
    »Du machst Fortschritte, Eve«, sagte Amelie. Eve unterbrach ihre Übung und stand sehr aufrecht da, die Schwertspitze nach unten gerichtet. »Ich weiß noch, wie du mit dem Unterricht angefangen hast. Ich musste es persönlich genehmigen, wenn jemand diese Art von Kampfsport ausüben wollte.«
    »Oh, na ja, es ist schon eine Weile her, dass ich wettbewerbsfähig war«, sagte Eve. »Hey, Ollie.«
    »Dafür«, sagte Oliver, »musst du jetzt mit mir auf die Fechtbahn.«
    »Ich bin nicht gekommen, um zu kämpfen.«
    »Du bist aber dafür angezogen. Was ist das – ein Florett? Was willst du denn damit? Ein Degen passt besser zu dir.« Oliver schnaubte und nahm eine Waffe von der Wand, die er in Eves Richtung warf. Sie fing sie mit der linken Hand auf. Die Waffe sah gefährlicher aus, bemerkte Claire, anders als der viereckige Aufbau des Floretts sah diese Klinge eher wie ein langes Dreieck aus. Auch der Degen hatte eine Spitze, aber es wirkte schwieriger, ihn zu händeln.
    Eve zuckte mit den Schultern und schleuderte Oliver das Florett zu, der es wieder an die Wand hängte. »Also gut«, sagte sie und peitschte die Waffe zischend durch die Luft. »Zeit für deine Beerdigung, Kumpel.«
    Oliver entblößte seine Zähne zu einem grimmigen Lächeln und setzte seinen Helm auf. »Das bezweifle ich.«
    Eve setzte ebenfalls den Helm auf und betrat die schmale Bahn, die auf dem Boden eingezeichnet war. Claire trat zurück und stellte sich neben Amelie, deren bleiches Gesicht angespannt und konzentriert war. Als Eve und Oliver ihre Degen zum Gruß hoben, nickte sie und sagte: »Los!«
    Es war buchstäblich in Sekundenschnelle vorbei. Claire kannte diese Art zu kämpfen aus Filmen: lange, geräuschvolle Duelle mit viel Bewegung und gelegentlich flatternden Umhängen. Das hier dagegen ging schnell und war absolut tödlich. Sie sah nicht mal, was passierte, die Bewegungen waren so schnell, dass sie vor ihren Augen verschwammen, und das Metall schlug so rasch aufeinander, dass man

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