Bis die Daemmerung uns scheidet
hatte. Claire hatte sich nicht wohlgefühlt. Sie und Shane hatten sich so schnell wie möglich wieder abgesetzt, auch wenn sie sich später gewünscht hatte, länger geblieben zu sein, weil anscheinend noch ganz verrückte Sachen passiert waren. Außerdem hatte Eve mit Oliver getanzt, was Gerüchten zufolge absolut unglaublich gewesen sein musste. Denn offenbar konnte Oliver tatsächlich tanzen.
Das kam Claire noch immer völlig bizarr vor.
Was danach geschehen war, hatte sie nicht gewusst, weil Eve es ihr nicht erzählt hatte. Claire hatte angenommen, dass nichts weiter von Belang gewesen war. Da hatte sie sich offenbar gründlich getäuscht.
»Und wo ist der Ring?«, fragte Claire. Sie starrte auf Eves linke Hand. Auf dem Ringfinger glitzerte nichts.
»Ich wollte ihn nicht tragen, solange wir es den Leuten noch nicht gesagt haben«, sagte Eve. »Jetzt ist das wohl in Ordnung, stimmt’s?«
»Stimmt«, sagte Michael. Er wollte noch etwas hinzufügen, schwieg dann aber.
Plötzlich fühlte sich das alles unbehaglich an. Und Claires ohnehin schon gemischte Gefühle gerieten noch mehr durcheinander. Sie wollte ja glauben, dass es das Richtige war, aber warum war Michael nicht begeisterter? War das so ein Jungs-Ding? Oder … Gott, hatte er es sich anders überlegt?«
Claire versuchte, die Stille zu füllen. »Habt ihr schon ein Datum? Und darf ich Brautjungfer werden? Bitte, lasst mich eine von euren Brautjungfern sein! Das war ich noch nie!«
»Meine Brautjungfern werden ganz in Schwarz sein«, sagte Eve. »Kannst du damit leben? Ich trage nämlich Rot.«
»Ja!« Claire schlang ungelenk den Arm um sie, dann machte sie dasselbe mit Michael. »Das ist großartig. Das ist … Na ja, es ist großartig. Nicht wahr?«
»Ja«, sagte Michael. Er lächelte wieder, aber sie sah sein Spiegelbild im Glas und die furchtbare Erkenntnis überkam sie, dass es nicht die richtige Art von Lächeln war. Es war ein trauriges, tapferes, kein glückliches, stolzes Lächeln. Als würde er nur tun, was er dachte, tun zu müssen.
Oh, nein.
Claire blickte auf ihren Schoß hinunter. Sie sagte: »Na ja, sagt einfach Bescheid, ja? Wenn ihr so weit seid. Ich werde da sein, das wisst ihr. Immer.«
»Das weiß ich«, sagte Eve. Sie lächelte nicht nur, sondern strahlte vor Begeisterung. »Danke, Süße.«
Sie bog noch einmal ab und fuhr auf einen Parkplatz. Die Neonlichter des Fitnessstudios waren an und auf einem Schild neben der Tür stand 24 STUNDEN GEÖFFNET.
Eve schaltete den Motor ab, aber sie blieben noch im Auto sitzen. Michael und Eve wechselten über Claires Kopf hinweg einen Blick. »Also, wir sollten das tun«, sagte Eve. »Oder?«
»Ja«, sagte Michael. »Wir gehen alle zusammen. Wenn er irgendetwas anfängt, dann geht ihr beide in Deckung. Lasst es ihn an mir austragen. Ich bin nicht so verwundbar.«
Das vielleicht nicht, aber Shane hatte es geschafft, einen unangenehm überraschenden Treffer zu landen. Claire wollte nicht sehen, dass jemand geschlagen oder verletzt wurde, auch nicht ein Vampir, der hinterher wieder auf die Beine kam. Das Geräusch, als Mirandas Nase gebrochen wurde, verfolgte sie immer noch, ganz egal, wie es später ausgegangen war.
Sie hatte schon immer Shanes Fähigkeit bewundert, sich selbst – und sie und seine Freunde – zu verteidigen, aber gleichzeitig machte sie sich auch Sorgen. Vielleicht war doch etwas dran an seinen Befürchtungen. Vielleicht war das gewalttätige Vermächtnis seines Vaters schwer abzuschütteln. Sie wusste, dass es in ihm einen dunklen Kern aus Zorn und Schuldgefühlen gab.
Aber sie wusste auch, dass Gloriana irgendetwas damit zu tun hatte. Ganz gleich wie sehr alle beteuerten, dass sie kein Interesse an Shane haben konnte – es musste einen Grund geben, weshalb das alles passierte, und Claire hatte am eigenen Leib erfahren, wie leicht es für Gloriana war, Leute zu manipulieren.
So wie Shane gerade manipuliert wurde.
Ich habe sie gesehen, dachte Claire. Oben in seinem Zimmer, in jener Nacht. Das war sie. Das musste Gloriana gewesen sein.
Damals hatte es angefangen, dass Shanes Zorn allmählich an die Oberfläche gedrungen war.
Dieses Miststück.
»Wir bleiben zusammen«, sagte Claire. »Ich verspreche auch, mich zu ducken, wenn jemand nach mir schlägt.«
Der Parkplatz war groß und gut beleuchtet, was für Morganville ungewöhnlich war. Sie sahen niemanden, als sie hineingingen. An der Rezeption saß derselbe Typ wie neulich. Ohne etwas zu sagen, musterte er
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