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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Sie hatten kaum miteinander geredet. Eine so schöne Frau wie Lena war es vermutlich gewohnt, von allen möglichen Verzweifelten angemacht zu werden.
    Nein, eigentlich hatte er nicht vorgehabt, seinen freien Tag damit zu verbringen, eine praktisch Fremde im Krankenhaus zu besuchen. Auf keinen Fall.
    Aber er ging trotzdem hinein.
    Er musste es tun.
    Und so begrüßte Cara ihn herzlich, als sie ihn vor dem Schild INTENSIVSTATION RECHTS, SCHWANGERENAMBULANZ LINKS abholte.
    «Sie sind gekommen!»
    «Ich glaube eigentlich nicht, dass es eine gute Idee ist», sagte er zögernd. Es war ein kalter Oktobertag, aber sein Frösteln war wohl weniger auf die herrschenden Temperaturen zurückzuführen als auf seine Nerven.
    «Es ist eine gute Idee, glauben Sie mir. Millie findet das auch, und wir sind uns sonst nie einig!»
    «Millie. Benannt nach Millie Small.»
    «Woher wissen Sie das?»
    «Lena hat es mir erzählt. Im Bus.»
    Cara lächelte warm. Er hatte den Verdacht, dass sie nicht oft lächelte.
    «Überhaupt, Cara, was wird Lena wohl davon halten? Wenn Sie ihr einen Fremden bringen? Vielleicht wirft sie es Ihnen später vor.»
    «Man weiß nie, vielleicht bringt es auch etwas. Eine neue Stimme. Vor allem eine, über die sie dauernd geredet hat.»
    «Ach wirklich?» Das überraschte Michael, und er spürte, wie Freude in ihm aufkeimte. «Sie hat viel von mir gesprochen?»
    «Also, um ehrlich zu sein, weiß ich das nicht genau. Einmal hat sie Sie in jedem Fall erwähnt.»
    «Einmal oder mehr als einmal?», fragte Michael gespannt.
    «Das weiß ich nicht. Sehen Sie, ich habe ihr meist nicht so genau zugehört», erwiderte Cara leise.
    Kurz darauf folgte er ihr in die Intensivstation.
    Er schaute durch die offene Tür. Die Station war schummrig beleuchtet. Krankenschwestern versorgten Patienten, Maschinen fiepten, ein Arzt machte sich Notizen. Michael wusste plötzlich nicht mehr, was er hier sollte. Er kam sich respektlos vor, wie ein Voyeur, als er da neben dieser kleinen Frau ging, die die höchsten Absätze trug, die er je gesehen hatte.
    Vor der Tür zu ihrem Zimmer blieben sie stehen.
    «Michael, vertrauen Sie mir, nur dieses eine Mal», sagte sie, bevor sie hineingingen. «Sie sind hier richtig. Ich habe Ihre Visitenkarte nicht zufällig unter Lenas Sachen gefunden,Sie sind nicht zufällig in meine Bar gekommen. Sie
sollen
hier sein. Glauben Sie mir.»
    Und dann machte Cara die Tür auf.
    Sie war es. Er erkannte sie sofort.
    Auch wenn sie beim letzten Mal wach gewesen war, die Augen offen, lebendig, und sie in einem stinkenden, lauten Bus ziemlich falsch von der Liebe gesungen und nicht in einem Krankenhausbett gelegen hatte. Dies war Lena, ohne jeden Zweifel.
    Cara erzählte ihm noch einmal von dem Unfall. Dass Lena im Haus ihres Freundes die Treppe hinuntergefallen war. Der Tiefschlaf. Dass sich an ihrem Zustand noch nichts geändert hatte. Während sie sprach, schien ihre Stimme davonzuschweben. Michael konzentrierte sich mit allen Sinnen auf die junge Frau mit den schönen Augen, die jetzt geschlossen waren.
    «Ich kann es nicht fassen», flüsterte er.
    «Konnten wir auch nicht. Aber es ist passiert.»
    Er konnte es nicht fassen, dass er sie gefunden hatte. Die junge Frau, die er erstmals in diesem lauten Bus gesehen hatte, lag direkt hier vor ihm. Und sie schlief.
    Auch im Schlaf war sie wunderschön. Er konnte den Blick nicht von ihr wenden. Ihr Haar war genauso wild wie in seiner Erinnerung, obwohl es jetzt von einem Haarreif zurückgehalten wurde. Sie roch süß und frisch. Der Duft passte zu ihr. Er fragte sich, ob sich ihre Haut wohl warm anfühlte, traute sich aber nicht, sie zu berühren. Die Bettlaken waren sauber und weiß. Frisch sogar, genau wie die Laken seiner Mum. Er fragte sich, was sie dachte. Fühlte. Ob sie überhaupt dachte, fühlte, träumte. Er hoffte, dass sie träumte.
    «Ich bin froh, dass Sie gekommen sind, Michael.»
    Er zuckte zusammen, als er Caras Stimme wieder hörte, denn einen kurzen Augenblick lang hatte er geglaubt, er sei mit Lena allein.
    Da kam eine ältere Dame herein und stellte sich als Kitty vor, Lenas Mutter. Michael spürte sofort die Spannung zwischen Kitty und Cara.
    «Sie habe ich hier noch nie gesehen. Sind Sie ein Freund von Lena?», erkundigte sie sich und streckte ihm die Hand hin.
    «Ähm   …», begann er, ergriff ihre Hand und sah sich zu Cara um. Die nickte ihm zu, er solle nur weitermachen. «Ja, ich bin ein Freund», nickte er. Wahrscheinlich würde ihn

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