Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
auf. »Hallo?«, fragt er nervös.
»Hallo«, antwortet Ruiz.
»Kann ich was für Sie tun?«
»Ja, das kannst du. Jedes Mal, wenn du den Mund aufmachst, kommt ein gesiebter Furz raus. Von jetzt an wirst du meine Fragen ehrlich beantworten, oder ich setz deine Dreadlocks in Brand.«
Puffas Augen werden groß, und er legt beide Hände auf seinen Kopf.
»Wie bist du an das Handy gekommen?«
»Ein Typ hat es hiergelassen.«
»Wie hieß der?«
Puffa zuckt die Schultern.
Ruiz zeigt auf den Jungen mit der Cornflakes-Schachtel. »Wie hieß das Theaterstück, dass ihr in der Schule hattet?«
»Macbeth.«
Er guckt Puffa an. »Das ist ein Hinweis.«
Puffa fängt an, sich über seine Gedächtnisprobleme auszulassen. »Ich rauche zu viel Gras, Mon. Ich vergesse Sachen, wissen Sie.«
Ruiz treibt die Leute zusammen, die er in der Wohnung vorfindet. Sechs insgesamt – Junkies, Nutten und Ausreißer, allesamt entweder auf irgendeiner Droge, schwitzend oder krank. Er lässt Puffa seine Geschichte noch einmal erzählen, staunt darüber, wie der sich verzetteln und sich selbst dafür geißeln kann, dass er gelogen hat, bevor er dann zu einer komplett neuen Erklärung dafür ansetzt, wie er an Sami Macbeths Handy gekommen ist.
Schließlich verstrickt sich Puffa so tief in seine Lügen, dass er beginnt, kleine Fitzelchen Wahrheit herauszulassen. Jemand hat ihm fünfhundert Mäuse dafür gegeben, dass er ein Mädchen cracksüchtig macht. Er musste mit Braunem anfangen, erklärt er, weil sie nicht mitmachen wollte, aber bald wollte sie gar nicht mehr aufhören.
»Wer hat dir das Geld gegeben?«
»Großer weißer Typ. Hat gerochen, als wäre er in eine Badewanne mit Rasierwasser gefallen.«
»Hat er seinen Namen genannt?«
»Nein.«
»Hast du nicht gefragt, oder war es dir egal?
»Er war nicht besonders gesprächig.«
»Wie bist du an das Handy gekommen?«
Puffa fängt an zu lügen. Stoppt. Fängt noch mal an.
»Ein Typ hat es hiergelassen. Kam her auf der Suche nach seiner Schwester. Der große Kerl hat ihn zusammengeschlagen und dann mitgenommen.«
»Was ist mit Nadia?«
»Die auch.«
»Bist du sicher, dass es so passiert ist?«
Puffa nickt. »Wenn Sie wollen, dass ich sage, es ist nicht passiert, ist das okay. Sagen Sie mir nur, was Sie hören wollen.«
»Die Wahrheit.«
»Die Wahrheit ist relativ, Mon.«
Ruiz gibt ihm eine Ohrfeige.
»Au, das hat wehgetan!«
»Schmerz ist auch relativ.«
Ruiz fragt ihn weiter aus, aber die Geschichte bleibt die gleiche. Die anderen haben keine Ahnung. »Hat noch jemand was hinzuzufügen?«
Sie schütteln die Köpfe.
Ruiz legt väterlich einen Arm um Puffas Schultern und schnippt seine Dreadlocks mit den Perlen mit dem Daumen weg.
»Hast du einen Pass, Puffa?«
»Nein, Mon.«
»Wenn ich du wäre, würde ich mir einen besorgen. Vielleicht über einen Tapetenwechsel nachdenken. In die Karibik fahren. Die entfernten Cousins kennenlernen.«
»Warum das, Mon?«
»Wenn ich das Mädchen gefunden habe, das du cracksüchtig gemacht hast, komm ich zurück und mache Betperlen aus deinen Eiern.«
18
Tony Murphy hat vier Handys auf dem Tisch vor sich liegen. Er sucht sich eines aus. Tippt eine Nummer.
»Ich dachte, wir würden früher miteinander reden«, sagt eine Stimme am anderen Ende.
»Ich rufe jetzt an. Ist diese Verbindung okay?«
»Ja.«
»Wo ist das Zeug jetzt?«
»Wo es bisher auch war, aber nur noch bis Montag. Hätte eigentlich gestern ins Labor gehen sollen.«
»Erzähl mir von diesem Tresor.«
»Es ist nicht wirklich ein Tresor. Eher ein Industrieschrank.«
»Was ist ein Industrieschrank?«
»So wie ein gewöhnlicher Schrank, nur aus Stahl.«
»Irgendwelche Schlösser?
»Drei Stück. Ein normales und zwei Vorhängeschlösser.«
»Bewegungsmelder oder Alarmvorrichtungen?«
»Wir reden hier vom Old Bailey, nicht von der Bank of England.«
Murphy weiß seinen Sarkasmus nicht zu schätzen. »Ich brauche den Hersteller und eine Seriennummer.«
»Mit Pommes, Ketchup, Mayo?«
»Spiel nicht den Clown.«
Sie besprechen die Einzelheiten. Beschließen den Zeitplan. Murphy kann einen Grundriss bekommen und eine Skizze, auf der die Überwachungskameras verzeichnet sind.
»Wie sieht’s mit unserer Tarngeschichte aus?«
»Ich arbeite noch dran. Sie müssen sich nur um den Tresor kümmern.«
»Das ist unter Kontrolle.«
»Ich will keinen Schlamassel.«
»Ich habe einen Experten für solche Sachen aufgetrieben, ein ganz cleveres Kerlchen.«
19
Sami
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