Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
davon erfahren haben könnte. Bei jedem Auto mit Fehlzündung, jedem Paar Scheinwerfer im Rückspiegel, jeder Pechsträhne, jedem Reinfall würde er sich fragen, ob Garza damit zu tun hatte. Er hätte sich genauso gut sein eigenes Grab schaufeln können.
Dessie stopft immer noch Tüten mit Beweisstücken in den Rucksack. Die Sirenen kommen näher.
»Wir sollten verschwinden«, sagt Sami.
»Warte. Ich bin noch nicht fertig.«
»Keine Zeit. Wir müssen los.«
»Ich hab gesagt, du sollst warten.«
Eine Minute später rennen sie den Korridor entlang. Dessie hat den Rucksack. Sami versucht, die Reisetasche zu tragen, die gegen sein Knie haut.
Die Aufzüge funktionieren nicht. Sie haben es geschafft, alle drei außer Betrieb zu setzen. Entweder das, oder durch den Feueralarm wurde automatisch der ganze Strom abgeschaltet. Sie laufen in Richtung Treppenhaus. Ein Sicherheitsbeamter kommt zur Tür herausgerannt, schwer atmend, Hand am Schlagstock.
»Gott sei Dank, dass Sie da sind«, sagt Dessie und zeigt den Flur hinunter.
»Was ist passiert?«
»Eine Art Explosion.«
Er guckt auf ihre Taschen. »Was haben Sie gemacht?«
»Wir waren dabei, den Aufzug zu reparieren«, antwortet Dessie. »Wir haben vorhin etwas Gas gerochen. Da muss ein Leck gewesen sein. Die Explosion hat das Dach zum Einsturz gebracht.«
Der Wächter sieht Sami um Bestätigung bittend an.
»Irgendjemand verletzt?«
Sami schüttelt den Kopf.
»Wir hätten tot sein können«, sagt Dessie. »Die Berufsgenossenschaft wird noch von uns hören.«
Der Wächter befiehlt ihnen, den Fluchtweg zu nehmen. Sie sollen im Erdgeschoss auf ihn warten. Im nächsten Augenblick sind sie allein. Stürmen die Stufen zwischen den Treppenabsätzen hinunter.
Schleppen die Taschen.
Sie erreichen den Notausgang im Erdgeschoss. Dessie drückt die Tür auf, sieht in beide Richtungen. Ein Feuerwehrauto blockiert die Gasse. Feuerwehrleute kommen auf sie zugelaufen.
Dessie und Sami gehen an ihnen vorbei, Kopf gesenkt, Blickkontakt vermeidend. Sie biegen links ab und wieder links, überqueren einen Parkplatz. Folgen einem Zaun mit Geländer und kommen zu einem Tor, hinter dem eine Treppe nach oben führt. Das Tor ist abgeschlossen. Sie klettern hinüber, werfen einander vorsichtig die Taschen zu.
Noch mehr Feuerwehrautos und Polizeiwagen tauchen auf. Dessie hält Sami zurück. Ihre blauen Overalls sind mit Staub verschmiert und durchnässt. Dessies Haare sehen aus, als wäre er vorzeitig ergraut.
Sie warten, bis noch ein Polizeiwagen vorbeigefahren ist, rennen dann die Newgate Street entlang und verdrücken sich in die Seitenstraßen. Dessie scheint zu wissen, wohin er läuft.
»Wir müssen aus diesen Klamotten raus«, sagt er, wobei er seine Handschuhe abschält. Neben dem Fleet Place finden sie eine enge Gasse mit großen Müllcontainern auf Rädern. Ausschließlich Gewerbeabfälle .
Dessie bückt sich zwischen zwei Container und fängt an, seinen nassen Overall aufzuknöpfen. Er öffnet den Rucksack. Steckt ihn hinein.
»Warum schmeißen wir das nicht einfach weg?«, fragt Sami.
»Klar, die Spurensicherung wird sich freuen.«
Sami tut es Dessie gleich. Seine Jeans und T-Shirt sind nass, aber sauber. Der Overall ist weggepackt. Er behält die Schirmmütze auf.
Dessie setzt den Rucksack auf. Checkt die Straße aus. Trifft eine Entscheidung. Er joggt im Laufschritt um die Ecke und ein paar Stufen hinunter auf die Old Seacoal Lane, wird langsamer und geht zügig weiter in Richtung Farringdon Street.
Dort herrscht Stau. Busse, schwarze Taxis, Autos und Lieferwagen stecken in beiden Richtungen fest.
Dessie schielt nach links und rechts, als suche er etwas.
»Stimmt was nicht?«
»Sindbad ist nicht hier.«
»Vielleicht ist es die falsche Ecke.«
»Ich kenne die verdammte Ecke.«
»Vielleicht hat er sich verfahren.«
»Er hat sich nicht verfahren.«
Dessie schaltet sein Handy an. Ruft Sindbad an. Sami kann nur einen Teil des Gesprächs mitanhören, das hauptsächlich aus Flüchen besteht und daraus, dass Dessie Sindbad einen Straßenköter nennt und ein feiges Arschloch.
Der Kern ihres Gesprächs ist, dass ein Polizist Sindbad weitergewunken hat und er deshalb den Wagen um den Block gefahren hat, aber jedes Mal, wenn er zurückkam, stand der Bulle immer noch da. Das kam ihm verdächtig vor. Dann hat er die Explosion gehört und es mit der Angst zu tun bekommen.
»Wo bist du jetzt?«, fragt Dessie. »Was meinst du damit, du bist nach Hause gefahren? Wie
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