Bis du stirbst: Thriller (German Edition)
nach etwas Längerem fragen sollen.
Dessie ist zurück.
»Was machst du hier draußen?«
»Ich will nur auf Nummer sicher gehen.«
Sami schiebt die beiden blanken Drähte in eine Steckdose und knipst den Schalter an. Er hofft auf ein dumpfes Kaplunk , wenn die Angeln herausfallen. Stattdessen sprengt er die Tür durch die nächste Wand, wobei die halbe Decke in den Raum fällt.
Zement und Mörtelstaub erfüllen die Luft. Jedes Fenster in der Nachbarschaft zersplittert, und die Feuerlöschsprinkler sind angesprungen. Sie würden nass werden, wenn die Rohre nicht von der Sprengkraft so sehr verbogen worden wären, dass das Wasser statt nach unten in allen möglichen verrückten Winkeln herumspritzt.
Dessie streicht einen Brocken Mörtel von seiner Brust. Er sieht aus wie jemand, der sich das Gesicht weiß geschminkt hat.
»Wo ist der Safe?«, fragt er.
»War bis vor einer Minute noch hier«, sagt Sami.
Sie schieben einen Schreibtisch und ein paar zerbrochene Dachplatten zur Seite, auf der Suche nach dem Tresor. Dessie schlingt seine Arme um einen zerbeulten Aktenschrank und wirft ihn zur Seite.
Samis Ohren klingen noch von der Explosion.
»Vielleicht sollten wir zusehen, dass wir hier rauskommen«, schlägt er vor.
Dessie antwortet nicht.
»Na ja, wenn du mich nicht mehr brauchst, dann treff ich dich später wieder.«
Dessie versetzt ihm einen Hieb an die Schläfe. »Halt verdammt noch mal das Maul und hilf mir beim Suchen.«
20
Einen Augenblick lang überlegt Sami, ob er den Tresor durch den Boden gesprengt haben könnte. Denn dort, wo er bisher war, befinden sich jetzt ein Spülkasten und ein Waschbecken aus der Toilette von oben.
Dessie schiebt sie zur Seite und entdeckt den Tresor hinter einer zusammengebrochenen Wand, noch rauchend von der Explosion.
Nachdem er den Rest des Schutts weggeräumt hat, durchsucht er Schubladen, zieht Beweismaterial und Tüten mit Beweisstücken hervor, betrachtet die Etiketten. Waffen sind darunter, Tüten mit Drogen, Messern und ganz normalen Gegenständen.
Er nimmt eine Halbautomatische in die Hand – untersucht das Etikett. Steckt sie in einen Rucksack. Dann greift er nach Tüten mit weißem Pulver. Kokain. Sami kann eines der Schilder sehen. 4. Strafkammer / Beweisstück 1a / Raymond Peter Garza.
Einen Moment lang jagt sein Herz, dann hört es komplett zu schlagen auf. Das hier ist ein Fehler. Wahnsinn. Es kann nicht sein, dass sie hier für Ray Garza Beweismittel vernichten.
Ein Sprinkler hat auf Samis Nacken heruntergesprüht, hat seinen Overall durchnässt. Sein Gesicht ist von Zementstaub verkrustet, und das Klingeln in seinen Ohren kommt vom Feueralarm.
Dessie schreit ihn über den Lärm hinweg an. »Pack die Ausrüstung zusammen. Lass nichts liegen.«
Sami wirft den Bohrer, die Kamera und den Kanister mit TATP in die Reisetasche. Er muss ein Regal zur Seite schieben, um die Tasche hochheben zu können. Plötzlich sieht er ein Bündel Geldscheine so groß wie ein Backstein, in Zellophan verpackt.
Das müssen fünfzig Riesen sein. Vielleicht mehr.
Dessie sieht ihn an. Sieht das Geld. Grinst. In einem Sekundenbruchteil hat sich Sami von einem absoluten Loser in jemanden mit goldenen Eiern verwandelt. Dessie nimmt das Geld und steckt es in den Rucksack.
Sami versucht immer noch zu verstehen, was es mit Garza auf sich hat. Wenn er nicht schon solche Angst hätte, dann würde allein die Erwähnung von Garzas Namen ihm die Kehle zuschnüren und seine Eier schrumpfen lassen. Manche Kriminelle kommen zu ihrem Ruf, weil sie gewalttätige Mistkerle sind, aber Ray Garza ist berüchtigt dafür, ein völlig gewissenloser Scheißkerl zu sein.
Tony Murphy kann vielleicht normale Einfaltspinsel, geile Geschäftsleute und ausländische Touristen übers Ohr hauen, doch Ray Garza plündert ganze Länder aus. Diamantminen in Angola, Nickelminen in Botswana, Platinminen in Zimbabwe. Der Presse zufolge ist er Mugabes liebster Engländer – ein ziemlich elitärer Club.
Manchmal hat Sami im Gefängnis Kerle damit angeben hören, dass sie für Garza gearbeitet haben. Sie sagten, er sei ein Genie, ein Visionär, die Spitze der Nahrungskette, aber die meisten wollten seinen Namen nicht einmal in den Mund nehmen.
Dann hatte irgendein dummer Esel doch die Klappe weit aufgerissen und Garza einen Feigling oder einen Angeber genannt. Von dem Moment an wussten alle, dass der arme Kerl den Rest seines Lebens damit verbringen würde, sich umzugucken vor lauter Angst, dass Garza
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