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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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untere Ende war, sondern überhaupt. Der Weg war inzwischen mehr Matsch als Kies, die Wohnwagen wirkten merklich schäbiger, und auch wenn der ganze Platz etwas Heruntergekommenes ausstrahlte, war doch die Atmosphäre hier unten noch deutlich schlimmer. Es gab Reste von Lagerfeuern, Ölfässer, die überquollen von Müll, leere Gasflaschen … von seinem Wohnwagen existierte nur noch der ausgebrannte Rahmen, ein paar im Regen aufgequollene Latten hingen an seinemverrußten Stahlskelett … überall roch es leicht nach Abfall, dazu kam der süßliche Gestank menschlicher Scheiße.
    Und mitten in dem Ganzen brannte ein Licht.
    Ein trübes, gelbliches Licht im Fenster eines Wohnwagens, ungefähr zwanzig Meter von mir entfernt, gleich links vom Weg. Ein schmutziger weißer Wohnwagen.
    Ich verließ den Weg, duckte mich neben einen völlig heruntergekommenen alten Trailer und starrte durch den Regen in Richtung Wohnwagen. Viel zu sehen gab es nicht. Die Front lag in der entgegengesetzten Richtung und das hintere Fenster war ziemlich klein. Das Licht schien durch eine alte, vergilbte Jalousie. Die Jalousie war heruntergezogen, aber die Lamellen waren nicht ganz geschlossen. Zuerst sah ich nicht das geringste Anzeichen einer Bewegung, doch nach ein paar Minuten bewegte sich ein verschwommener Schatten hinter der Jalousie. Einen Moment lang blieb die Schattengestalt stehen, drehte sich um und ging wieder dorthin, wo sie hergekommen war.
    Ich wartete.
    Zwei Minuten, drei Minuten …
    Nichts regte sich mehr.
    Ich richtete mich wieder auf, schaute mich um und ging dann langsam auf das Licht zu. Ich bewegte mich vorsichtig, drückte mich dicht an den Trailer auf der anderen Seite des Wegs und hielt den Blick auf das Fenster gerichtet. Es war unmöglich, lautlos durch den schweren, zähen Matsch zu laufen, doch jedes Geräusch, das ich machte, wurde von dem tosenden Prasseln des Regens übertönt – solange mich nicht gerade jemand sah , spielte es gar keine Rolle, ob ich im Matsch den Halt verlor und ausrutschte … was auch prompt geschah. Und als ich endlich den Wohnwagen mit dem erleuchteten Fenster erreichte, war ich so voller Schlamm, dass ich mit der Umgebung verschmolz – man hätte mich, selbst wenn jemand herausgeschaut hätte, vermutlich gar nicht entdeckt.
    Ich stand jetzt ganz dicht bei dem Wohnwagen und schob mich Richtung Fenster hoch, bis ich direkt daneben war. Ich drückte ein Ohr an die Wand und horchte. Ich hörte eine Stimme … leise, gedämpft … eine Männerstimme. Sie redete mit jemandem. Ich schloss die Augen, horchte so scharf, wie ich nur konnte … doch ich verstand nicht, was der Mann sagte. Seine Stimme klang einigermaßen freundlich, vielleicht sogar vertraulich, aber irgendwas an ihr stimmte nicht … irgendwas wirkte unglaubwürdig. Eine falsch platzierte Betonung hier, ein Anklang von Ungeduld dort … vielleicht irrte ich mich ja, doch ich war ziemlich sicher, dass er nicht wirklich meinte, was er sagte.
    Dann hörte ich eine zweite Stimme, eine Frauenstimme, und obwohl sie viel leiser war als die Männerstimme – und auch deutlich schwächer –, wusste ich sofort, dass es Robyn war. Sie klang nicht gut. Sie klang zerbrechlich, ängstlich … vielleicht sogar ein bisschen in Panik.
    Ich schob mich näher ans Fenster heran. Es war jetzt auf Höhe meines Kopfs, die Lamellen waren mehr zu als offen, und von dort, wo ich stand, konnte ich fast überhaupt nicht hindurchsehen. Doch es gab einen kleinen Spalt in der Jalousie, wo sich eine der Lamellen gelöst hatte, und ich fand schnell heraus, dass ich, wenn ich mich etwas duckte und den Kopf leicht zur Seite neigte, durch diesen Spalt in den Wohnwagen hineinschauen konnte. Es war immer noch kein vernünftiger Blick – eher ein bisschen so, wie wenn man durch einen sehr schmalen Briefschlitz schaut –, doch das reichte.
    Stevie stand mit dem Rücken zu mir. Auch wenn ich sein Gesicht nicht sehen konnte, gab es keinen Zweifel, dass er es war – die langen fettigen Haare, die versifften Jeans, die Tätowierungen. Er trug kein Hemd, auf seinem Rücken prangten ein geflügelter Totenkopf, ein Sensenmann auf dem Motorrad und zwei nackte Frauen. Robyn saß Stevie gegenüber auf einem schmuddeligen kleinen Bett. Die Knie hatte sie fest vor die Brust gezogen, die Arme eng um dieBeine geschlungen, und es war deutlich zu erkennen, dass sie litt – zitterte, schwitzte, die Haut totenblass, die Augen weit aufgerissen. Sie flehte Stevie um etwas an und es

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