Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
schnell was zusammen rauchen?«
Ich zuckte die Schultern. »Warum nicht?«
Er streckte die Hand aus. »Ich bin Mark. Mark Allen.«
»John Chandler«, sagte ich und schüttelte seine Hand.
Während ich hinüberging und mich am Wandtisch niederließ, fragte ich mich, ob er wohl wusste, dass Chandler nicht mein richtiger Name war, so wie ich wusste, dass er nicht wirklich Mark Allen hieß … und einen Augenblick schweifteich ab und stellte mir vor, auch er würde vielleicht einen Cal kennen und hätte eben wie ich eine Stunde lang mit seinem Cal telefoniert und dabei erfahren, dass es einen John Chandler nicht gab …
Ich zündete eine Zigarette an und schenkte mir einen Drink ein. »Wollen Sie auch einen?«, fragte ich Allen. »Ich hab aber nur Whisky.«
»Nein, danke«, sagte er, ohne von dem Joint aufzuschauen, den er sich gerade drehte. Ich beobachtete ihn, wie er eine kleine Tasche hervorzog und Gras auf den Tabak streute. Er hatte dunkle, nachdenkliche Augen, langes schwarzes Haar und einen irgendwie halbherzig wirkenden Ziegenbart. Er trug zerschlissene Jeans, Converse-Schuhe und eine schwarze Weste über einem langärmeligen Timberland-T-Shirt. Im rechten Ohr hatte er einen kleinen Diamant-Stecker, am Handgelenk Lederarmbänder und am Ringfinger einen schlichten Silberring. Ich sah, dass er nicht viel Gras in den Joint tat. Entweder war das Zeug besonders stark oder er wollte aus irgendeinem Grund, dass keiner von uns zu stoned wurde.
Er hustete und hielt sich die Hand vor den Mund. »Entschuldigung«, sagte er und räusperte sich. »Verdammte Bronchitis … ich werd sie einfach nicht los.«
»Hätten sich für den Urlaub vielleicht was Wärmeres aussuchen sollen. Ich meine, das Wetter hier ist ja nicht gerade ideal gegen Bronchitis.«
»Stimmt haargenau.« Er zündete den Joint an und hustete vom Rauch. »Allerdings liegt es gerade an dem Scheißwetter, dass ich hier bin.«
»Wieso das denn?«
»Ich bin Schriftsteller«, antwortete er und zog wieder an seinem Joint. »Jedenfalls werde ich Schriftsteller sein, wenn mein erstes Buch rauskommt – falls ich das Mistding irgendwann fertig kriege.« Er sah mich an. »Deshalb bin ich hier … um das Buch zu Ende zu schreiben.« Er zuckte die Schultern.»Zumindest war das die Überlegung – verstehen Sie, mich irgendwo verbarrikadieren, an einem Ort ohne Ablenkungen, und dann reinhauen und das Manuskript abschließen, bevor es sich die im Verlag anders überlegen.« Er stand auf und reichte mir den Joint. »Das Problem ist nur«, fuhr er fort, »dass ich sogar in einem Kuhkaff wie diesem, wo man nichts machen kann und es den ganzen Tag regnet, trotzdem noch irgendwas finde, das mich ablenkt – Fernsehen, der Pub, ein kleiner Joint …« Er setzte sich wieder und grinste. »Ich meine, ein paar Joints reichen und ich kann den lieben langen Tag einfach nur selig aus dem Fenster starren.«
Ich nickte und zog an dem Joint. »Soso, Sie sind also Schriftsteller.«
»Das ist der Plan, ja. Das Buch soll irgendwann nächstes Jahr rauskommen und dann, wenn es gut läuft, gibt es hoffentlich einen Vertrag für das zweite.«
»Was schreiben Sie?«
»Science-Fiction.«
»Verstehe«, sagte ich und nickte. »Verstehe …«
Das Gras war mir offensichtlich schon in den Kopf gestiegen und verursachte dieses hübsche leichte Schwirren, das ein guter Joint auslöst, und als ich den Arm über den Tisch streckte, um die Asche in die Untertasse zu streuen, merkte ich, dass die Schmerzen im Rücken fast weg waren.
»Mögen Sie Science-Fiction?«, fragte Allen.
Ich schüttelte den Kopf. »Eher nicht …«
»Wieso nicht?«
Ich zuckte die Schultern. »Keine Ahnung … bin einfach nie richtig auf den Geschmack gekommen, nehme ich an.«
»Und was lesen Sie so?«
»Alles Mögliche …« Ich stand auf und reichte ihm den Joint. »Solange mir was gefällt, lese ich ziemlich alles – «
»Außer Science-Fiction.«
Ich lachte. »Ja, tut mir leid.«
»Hey, kein Problem«, sagte er. »Wär doch ziemlich eintönig,wenn wir uns alle für das Gleiche begeistern würden.«
Ich nickte. »Schreiben Sie hauptberuflich? Ich meine, verdienen Sie damit Ihr Geld?«
»Ja und nein, ehrlich gesagt. Ich hab in einem Callcenter gearbeitet, aber vor sechs Monaten hab ich den Job geschmissen, um mich ganz auf das Buch zu konzentrieren. Noch hab ich kein Geld damit verdient, aber meine Frau hat einen halbwegs gut bezahlten Job, also leben wir im Moment von ihrem Geld und ich bleibe zu
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