Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
Studiums in Philosophie, Politologie und germanistik gemacht habe, zählen nicht. Mehr gewicht haben da vielleicht noch mein Taufschein und die Tatsache, dass ich die Sakramente der Beichte, der Erstkommunion und der Firmung erhalten habe. Teilweise entwertet werden diese Stationen meines katholischen Lebens durch meinen Austritt aus der katholischen Kirche.
Ich kann also von glück reden, dass ich heute Abend überhaupt vor Ihnen stehe. Das könnte damit zusammenhängen, dass ich nie den Taxischein gemacht habe. Sonst wäre ich nämlich heute vielleicht sogar in Amerika, in Princeton oder an einer anderen Universität in den Staaten als Professor tätig. Aber dann würde ich nicht Jonas heißen, sondern Fischer, und ich würde in jeder Beziehung mehr gewicht haben.
Jonas in der Katholischen Akademie? Ich frag mich ja selber: Bin ich der falsche Mann am richtigen Ort? Oder umgekehrt: Bin ich der richtige Mann am falschen Ort? Wenn ja, dann hoffe ich, dass Adorno falsch lag, der gesagt hat, dass es nichts Richtiges im Falschen gibt. Aber weil ich davon ausgehe, dass die Katholische Akademie nur was Richtiges sein kann, kann auch ich hier nur richtig sein.
Humor und glauben ist das Thema des heutigen Abends. Was hat ein Kabarettist wie der Jonas mit glauben zu tun, werden sich einige von Ihnen fragen. Dass er Humor hat, ist aufgrund seines Berufs anzunehmen. Obwohl es bestimmt Leute gibt, die sagen: »Ich war neulich in seiner Vorstellung, das hab ich gar nicht komisch gefunden.« Es gibt aber auch immer Leute im Publikum, die sich komisch vorkommen, weil sie nicht lachen können.
Um diese Humorphänomene aufzuklären, muss ich etwas weiter ausholen, ich muss Sie in meine Kindheit entführen:
Nach Passau. Ich bin in Passau aufgewachsen. Das allein müsste jetzt eigentlich schon genügen, um meine Kompetenz in Sachen glauben unter Beweis zu stellen. In Passau aufwachsen, das ist die harte Schule des Katholizismus, das Bootcamp für Zweifler und Nichtgläubige. Wer dort länger lebt, der muss einfach gläubig werden. Ich wurde also hineingeboren in eine tief katholische, in eine gläubige Welt. Und katholisch zugerichtet.
Was den Humor dabei betrifft, fiel die Ausstattung etwas schmaler aus. Humor spielte in meiner Kindheit in Passau kaum eine Rolle. Spott schon, der Vater war Ostpreuße und evangelisch, die Mutter aus Niederbayern und erzkatholisch, das war damals nicht immer komisch, forderte aber Humor heraus.
Auch außerhalb der Familie gab es Persönlichkeiten, die durch ihr Verhalten Humor förderten. Ich erinnere mich noch gut an unseren Kaplan Hackl, der nicht nur mich später in der Volksschule, St. Nikola, an den Schläfenhaaren aus der Bank ziehen sollte, wenn ihm etwas nicht passte an unserem Verhalten als Schüler der Katholischen Knabenschule.
Als Ministrant diente ich unter Pfarrer F. X. Kufner, einem großen Humoristen vor dem Herrn, der mir eine nicht immer sanfte Hinführung zur theologischen Literatur ermöglichte und mich damit zu einem lesenden gotteskind machte. Bei uns daheim in der Familie wurde kaum gelesen, und wenn, dann nur die Passauer Neue Presse. Den Bayernkurier haben wir auch bekommen, genauso wie das Passauer Bistumsblatt, aber das hat keiner gelesen. In das Bis tumsblatt hab ich ab und zu reingeschaut, und ich glaube mich zu erinnern, dort Witze gelesen zu haben. Oder aber ich habe mich getäuscht und damals schon beim Lesen Fehler gemacht und gelacht, wo eigentlich kein Lachen beabsichtigt war. Überhaupt nicht gelacht habe ich allerdings, als ich gehört habe, dass ich Pfarrer werden soll.
So hat man gesagt, wenn einer Theologie studieren sollte. Ich sollte also Pfarrer werden. Der Prälat Sommer war von dieser Idee begeistert, ich nicht, aber der Prälat hat darauf bestanden und gemeint, ich soll in mich hineinhören, damit ich die Berufung nicht verpasse. Aber ich habe nichts gehört. Immer wieder hat der Prälat gefragt, ob ich schon was gehört hätte von ganz oben. Nein, hab ich gesagt, ich glaub, dass ich nicht berufen bin. Dann hat er es mit Bestechung probiert. Er hat mir fürs Ministrieren immer zwei Mark gegeben. Aber für zwei Mark hab ich mich nicht berufen gefühlt. Dann hat er mich eines Tages gefragt, was eigentlich los wäre mit mir, warum ich nicht will? Und dann hab ich gesagt, dass ich nicht in Schwarz rumlaufen mag. Ja mei, dann wirst halt Bischof oder Kardinal, dann darfst in Rot gehen.
Da hab ich auch nicht richtig gezogen, und dann hat er seinen
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