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Bis ich bei dir bin

Bis ich bei dir bin

Titel: Bis ich bei dir bin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Hainsworth
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sauber, aber der Mülleimer steht auf dem Tresen, voller Glas und Schmutz.
    »Ich habe sie aufgefegt … zum Glück, bevor ich mir die Fußsohlen aufgeschnitten habe«, sagt Mom, die hinter mich getreten ist und meine Schulter knetet. »Schatz, was ist denn los?«
    Ich stehe in der Tür und reiße mich zusammen. Die Zeitung liegt ausgebreitet auf dem Küchentresen, ein Rand ist zu säuberlichen Fransen eingerissen. Zwei Barhocker stehen so, als hätten zwei Personen dort zusammen gesessen. Sie und ich.
    Es ist wirklich passiert.
    Ich schüttele Moms Hand ab und unterdrücke ein Schaudern.
    »Nichts. Ich … ich habe es einfach vergessen. Entschuldige.«
    »Cam?«
    »Wie war es heute bei Gericht? Hast du einem Staatsanwalt die Hölle heißgemacht?«
    »Schatz«, sie nimmt ihre Brille ab, »ich habe Dr. Summers gesagt, dass wir vielleicht über Medikamente nachdenken sollten.«
    Ich schließe entsetzt die Augen, weil ich weiß, dass sie mein Gesicht nicht sieht. Glückspillen, damit man nichts mehr spürt. Sie haben schon einmal versucht, mir die zu verabreichen. Ich will ohne Viv nicht leben, aber die Qual, sie zu vermissen, ist immer noch besser, als gar nichts mehr zu fühlen.
    »Nein.«
    »Wir müssen das nicht jetzt sofort entscheiden, ich wollte es nur ansprechen.«
    » Nein , Mom.«
    Sie denkt wahrscheinlich, ich merke nicht, dass sie vor mir zurückgewichen ist und ganz vorsichtig spricht. Sie wartet ab, was nach einem malträtierten Telefon und einem zerschmetterten Glas kommt, und tatsächlich gab es einmal eine Zeit, zu der ich möglicherweise noch mehr Sachen zertrümmert hätte.
    »Ich brauche das nicht«, erwidere ich ruhig.
    Da überrascht sie mich, indem sie meine Hand nimmt und mir direkt in die Augen sieht. Bevor Dad ging, hatte sie immer so eine starre Helmfrisur. Ich weiß nicht, ob sie sich einfach nicht mehr die Mühe macht, zum Frisör zu gehen oder was, aber ich finde, sie sieht jünger aus so, wenn sie ihre braungrauen Haare einfach hochsteckt. Ohne die Brille treten die verschiedenen Braunschattierungen ihrer Augen klar hervor. Sie kommt mir irgendwie kleiner vor heute, aber dann fällt mir ein, dass ihre hochhackigen Schuhe ja drüben auf dem Boden liegen.
    »Ich bin stolz auf dich, weil du so tapfer mit … alledem umgehst.« Ihre Stimme bebt leicht. Sie will Vivs Namen nicht sagen. Sie tut es nie. »Aber du musst mir versprechen, dass du keine Termine bei deiner Ärztin mehr auslässt. Du brauchst sie zurzeit.«
    »Okay. Versprochen.«
    Mom drückt meinen Arm, stellt sich auf die Zehenspitzen und gibt mir einen Kuss. Ich umarme sie halbherzig, brummele etwas von Geometrie und gehe in mein Zimmer, wo ich mich erschöpft gegen die geschlossene Tür sinken lasse.
    Ich sitze in Dr. Summers’ Warte- und zugleich Wohnzimmer, obwohl es erst Dienstagmorgen ist. Lance hechelt laut zu meinen Füßen. Das war der einzige freie Termin vor Freitag, womit ich jedoch ganz einverstanden bin, weil ich die Sache so schnell wie möglich aus der Welt schaffen will. So viel dazu, mich am Riemen zu reißen. Ich weiß nicht, was ich sagen muss, um mir die Pillen zu ersparen, aber ich gehe hier nicht mit einem Rezept raus, selbst wenn sie mich für komplett verrückt erklärt. Ich lege die Hände auf die Knie und starre auf meine Fingerknöchel. Endlich geht die Tür auf, und Dr. Summers begleitet ihren ersten Patienten hinaus.
    Lance winselt, als wir ins Sprechzimmer gehen und die Tür hinter uns schließen. Dr. Summers setzt sich, wie so oft, mit einer Tasse Kaffee in der Hand auf ihren Stuhl. Sie trägt ein Exemplar aus ihrer Sammlung von beigen Pullis. Der Hund ist vor der Tür. Die Wanduhr tickt rhythmisch. Das alles entspannt mich. Nichts allzu Sonderbares an der Situation – außer dass heute nicht Freitag ist.
    »Ich weiß, dass meine Mutter mit Ihnen gesprochen hat«, beginne ich, noch ehe sie es sich richtig bequem gemacht hat.
    Sie lässt sich Zeit damit, die Beine übereinanderzuschlagen.
    »Und ich weiß auch ungefähr, worüber«, fahre ich fort. »Also bin ich hergekommen, um Ihnen zu sagen, dass ich darüber nachgedacht habe. Aber ich will keine Medikamente nehmen.«
    Sie wartet lange mit ihrer Antwort, sodass die Stille mir unter die Haut kriecht.
    »Weshalb denkst du, dass deine Mutter das möchte?«
    »Sie hat es mir gesagt. Ich stand ihr direkt gegenüber.«
    »Nein, entschuldige, ich meinte, was glaubst du, aus welchem Grund sie das möchte?«
    Ich rutsche auf der Couch herum und studiere

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