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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Amerikanerin geworden –, da kam jemand vom kanadischen [565]  Fernsehen
ins Daughter Alice und fragte Jacks Mutter, ob sie die Frau »an Jacks Seite«
kenne und ob es »etwas Ernstes« sei.
    »Ach, ich mische mich nicht in Jacks Privatleben ein«, sagte Alice
dann mit der trägen Unbekümmertheit eines Menschen, der ständig bekifft ist.
(Im Hintergrund heulte Bob Dylan.) »Und Jack mischt sich nicht in meins ein.«
    In New York lernte Jack die Erbin eines Fleischimperiums kennen.
Samantha war eine ältere Frau, der es gefiel, Jack ihre Kleider anzuziehen.
(Allerdings nicht, um auszugehen – er ging in New York nicht ein einziges Mal
als Frau aus, und er war auch nicht sehr lange mit Samantha zusammen.)
    Auch in London hatte er eine kleine Affäre mit einer älteren Frau,
und zwar mit Emmas englischer Verlegerin. Corinna fand es faszinierend, daß er
auch schrieb. Natürlich sagte er ihr nie, was. Für eine Verlegerin hatte sie
erstaunlich sexy Kleider, aber auch mit ihr war Jack nicht lange zusammen.
    Beiden älteren Frauen war seine Beziehung zu Emma ein Dorn im Auge,
und Jack fand, daß er zuviel Zeit damit vertat, zwischen L.A. und New York oder London hin und her zu fliegen.
Emma weigerte sich, ihr heruntergekommenes Haus am Entrada Drive zu verlassen,
und wenn Jack fort war, fehlte sie ihm zu sehr.
    Da sie in Santa Monica blieben, konnten Emma und Jack sich außerdem
einen wirklich guten Wagen leisten. Sie kauften einen silbergrauen Audi mit
anthrazitgrauen Ledersitzen, das gleiche Modell, das Jack in seiner kurz
bemessenen Zeit als Mitarbeiter des Parkservice bei Stan’s gefahren hatte. Emma
sah den Zusammenhang. »Solange die Dinger nicht mit Kindern auf dem Rücksitz
ausgeliefert werden, Zuckerbär«, sagte sie.
    Wenn er diesen Wagen fuhr, war Jack froh, daß er nie Alkohol trank –
nicht daß er deswegen schneller gefahren wäre. Laut Emma fuhr Jack noch immer
so enervierend langsam und [566]  vorsichtig wie eh und je. Emma fuhr weder langsam
noch vorsichtig. »Es wäre vielleicht sicherer gewesen, ein Haus in Beverly
Hills zu kaufen«, sagte Jack manchmal. Er meinte damit, daß ihre Wege dann
kürzer gewesen wären.
    Also gingen sie aus und wieder nach Hause (oder auch nicht), und
natürlich lernten sie andere Menschen kennen. Jack war nie länger als ein, zwei
Monate mit einer Frau zusammen. Und Emma hatte niemanden, mit dem sie
»zusammen« war – nicht für länger als eine Nacht, und das waren dann
irgendwelche hübschen Jungen, die sie im Coconut Teaszer kennengelernt hatte.
    Jack trug das Haar beinahe schulterlang, was das Verkleiden noch
einfacher machte, auch wenn es nur in der Abgeschiedenheit eines Schlafzimmers
geschah. Als Mann ließ er sich einen Dreitagebart stehen und blieb schlank und
gefährlich, denn das war sein Job.
    Jacks Rollen erforderten es nicht immer, daß er sich in eine Frau
verwandelte, doch die Möglichkeit dazu war immer gegeben – es gehörte zu seinem Noir -Ding, wie Emma es nannte.
    Auf der Leinwand war Jack mit beinahe jeder »zusammen«: mit
Elizabeth Shue, bevor sie Leaving Las Vegas drehte,
mit Cameron Diaz in einem blöden Frauenfilm, mit Drew Barrymore in einem
Stephen-King-Thriller. Er war Nicole Kidmans langsam sterbender Ehemann – es
dauerte drei Viertel des Films, bis er endlich tot war. Nicole Kidman war viel
größer als Jack, aber das fiel nicht weiter auf, denn er lag ohnehin die ganze
Zeit im Bett.
    Jack war auch der Mann, den Julia Roberts klugerweise nicht
heiratete. Er erzählte die Lüge, die Meg Ryan veranlaßte, ihn zu verlassen. Er
war der untröstliche Ober, der Gwyneth Paltrow die Vichyssoise über den Rücken
geschüttet hatte.
    Bruce Willis machte Hackfleisch aus ihm. Denzel Washington
verhaftete ihn. Jack war, wenn auch nur kurz, ein Bond-Girl – [567]  die
verführerische Schönheit, die mit einem vergifteten Pfeil aus dem Feuerzeug
getötet wird, als 007 merkt, daß sie ein Mann ist.
    Myra Ascheim hatte recht gehabt: Auf Jack Burns warteten jede Menge
Reibachszenen. Wenn Jack sich für eine Lieblingsszene hätte entscheiden müssen,
wäre seine Wahl auf die mit Jessica Lee gefallen. »Der Augenblick latenter
Grenzüberschreitung«, schrieb The New Yorker.
    Jessica spielt eine reiche Erbin. Jack ist ein Dieb, und er hat
gerade mit ihr geschlafen. Sie duscht, und Jack ist allein in ihrem
Schlafzimmer und begutachtet alles. Überall steht teures Zeug herum. Er
schlendert in Boxershorts im Zimmer umher, während Jessica nebenan unter

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