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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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daraus
ziehen zu lassen, und überredete ihn, durchsickern zu lassen, daß er an etwas
schrieb – obgleich das natürlich nicht stimmte. »Halt es ein bißchen im
Ungewissen, Zuckerbär. Sag einfach, daß du immer schreibst.« Das erwies sich in vielen Interviews als kleine Bombe. Es klang
irgendwie sinister, als wäre das, woran er angeblich immer schrieb, ein Exposé.
Aber wofür? »Es verleiht dir etwas Geheimnisvolles«, erklärte ihm Emma. »Es
unterstreicht dein Noir -Ding.« Meinte sie damit, daß
das Schreiben seine sexuelle Zweideutigkeit als Schauspieler betonte?
    Manche Interviewer wollten nur wissen, was Jack schrieb. Es machte
sie ganz verrückt, daß er nicht darüber sprechen wollte. Schon aus diesem Grund
schien es sich zu lohnen, es zu [563]  erwähnen. »Ich habe keine Lust, ein normales
Leben zu führen, zu heiraten, Kinder zu kriegen – jedenfalls jetzt noch nicht«,
begann er gewöhnlich. »Im Augenblick will ich mich voll und ganz auf meine
Arbeit konzentrieren.«
    »Sie meinen Ihre Arbeit als Schauspieler?«
    »Ja, klar. Und das Schreiben.«
    »Was schreiben Sie denn?«
    »Ich schreibe einfach. Ich schreibe immer. «
    Selbst seine Mutter wollte wissen, was Jack schrieb. »Keine
Memoiren, hoffe ich!« sagte sie und lachte nervös.
    Leslie Oastler betrachtete Jack mit Bedauern – als hätte sie ihm
niemals ihre »Rose von Jericho« gezeigt, wenn sie gewußt hätte, daß er eines
Tages Schriftsteller sein würde.
    Emma sagte, ihre Mutter frage sie immer wieder, ob sie etwas von
Jack gelesen habe. Emma fand ihre kleine Lüge sehr komisch. Jack nicht. Er
verstand die Pointe nicht.
    Als Myra Ascheim starb – Jack, den niemand angerufen hatte,
erfuhr es durch den Nachruf in Variety –, sagte Bob
Bookman, Jack brauche ohnehin keinen Talentmanager. Ein Agent bei C.A.A. sei ausreichend. Jack hatte bereits einen
Agenten und einen Rechtsanwalt: Alan Hergott. »Sie brauchen keinen
Talentmanager, sondern einen Finanzmanager«, sagte Alan.
    Weil er seine Mutter unterstützen wollte, fand Jack einen Finanzmanager
in Buffalo, New York. Er hieß Willard Saperston, und da er aus Buffalo stammte,
hatte er Verbindungen nach Toronto. Die kanadischen Steuern waren sehr hoch,
und so empfahl Willard als erste Maßnahme, Jack solle die amerikanische
Staatsbürgerschaft annehmen, was dieser auch tat. Des weiteren wurde er
»Investor»: Er investierte ins Daughter Alice, damit seine Mutter nicht für
jeden Dollar, den er ihr gab, »diese idiotisch hohen Steuern« bezahlen mußte.
    Jack kam der Gedanke, seine Mutter könnte das Daughter [564]  Alice
verkaufen und sich zur Ruhe setzen wollen; und wenn die Beziehung zu Leslie
Oastler sich, wie er einst angenommen hatte, auf deren finanzielle
Unterstützung für Alice gründete, dann würde seine Mutter sich jetzt vielleicht
von ihr trennen.
    Doch Alice fühlte sich in der Welt des Tätowierens zu Hause– es war
das eine Gebiet, auf dem sie eine Expertin war. Und ganz gleich, was Jack für
die Gründe gehalten hatte, warum sie damals bei Mrs. Oastler eingezogen war –
sie war jedenfalls keineswegs dazu gezwungen worden. Die beiden waren ein Paar
und würden es bleiben. Wie Tatovør-Ole einst gesagt hatte: Jacks Mutter war Tochter Alice. Sie war eine alte Hippiebraut und eine
Matrosentätowiererin, und sie lebte, was ihr Künstlername versprach.
    Jack hätte vielleicht mehr Zeit in Toronto verbracht, wenn er es
geschafft hätte, sie so zu akzeptieren, wie sie war – das und die Tatsache, daß
er mit seiner Mutter niemals über seinen verschwundenen Vater würde sprechen
können.
    Daß Jack Burns der Sohn einer Tätowiererin war und seinen Vater nie
gekannt hatte – tja, man kann sich vorstellen, wie diese Dinge in Interviews
und Hintergrundberichten über den erfolgreichen jungen Schauspieler behandelt
wurden. Die Filmindustrie konnte von exotischen Lebensläufen nie genug kriegen,
und die Klatschjournalisten wurden nicht müde, jede noch so kleine
Absonderlichkeit im Leben eines Prominenten breitzutreten. Ein Reporter schrieb
einmal, Jack habe »eine tätowierte Vergangenheit«. (Dies war um so
bemerkenswerter, als weder Jack noch seine Mutter tätowiert waren.)
    Das kanadische Fernsehen wollte Jack und seine Mutter stets im
Daughter Alice interviewen. Und kaum hatten amerikanische Medien ein Foto von
Jack mit irgendeiner jungen Frau gebracht – bis auf Emma waren sie nie
Kanadierinnen, und auch Emma war (ebenfalls aus steuerlichen Gründen)
inzwischen

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