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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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durch die Eingangshalle des Trump in die Hotelbar fahren. Sie
saß im Rollstuhl auf seinem Schoß, und sie sangen zusammen einen Beatles-Song,
in den die anderen Gäste einstimmten.
     
    [965]   When I get older losing my hair,
Many years from now,
Will you still be sending me a Valentine,
Birthday greetings, bottle of wine?
    Jack versuchte, sich am Fahrstuhl von der Transen-Tänzerin zu
verabschieden, aber sie bestand darauf, mit ihm auf sein Zimmer zu kommen.
Während der Fahrstuhlfahrt sang sie unentwegt weiter. (Sie saß auch dort auf
seinem Schoß.)
     
    If I’d been out till quarter to three,
Would you lock the door?
Will you still need me, will you still feed me,
When I’m sixty-four?
    Sie fuhr ihn den Flur entlang bis zu seinem Zimmer. An der Tür
versuchte Jack erneut, sich von ihr zu verabschieden.
    »Sei nicht albern, Jack«, sagte sie und schob ihn ins Zimmer.
    »Ich will keinen Sex mit dir«, sagte Jack zu ihr.
    »O doch«, sagte die hübsche Tänzerin.
    Wenig später war Jack in eine handfeste Keilerei verwickelt. Wenn
ein Transvestit Sex haben will, dann will er das genauso entschieden wie ein
Mann – schließlich ist er ja auch einer! Das Ganze entwickelte sich zu einer
regelrechten Schlacht. Das Zimmer, und besonders eine Lampe, bekamen einiges ab.
Ja, Jack war durchaus erregt, aber sogar er wußte, daß zwischen Sex wollen und
tatsächlich Sex haben ein Unterschied besteht. Nicht einmal er gab jedem
Verlangen nach.
    »Es ist doch offensichtlich, daß du mich willst«, sagte die
Tänzerin. »Hör auf, dagegen anzukämpfen.« Sie hatte sich komplett ausgezogen
und es geschafft, Jacks Kleidung weitgehend zu ruinieren. »Du hast einen
Ständer«, betonte sie immer wieder, als ob Jack das nicht wüßte.
    [966]  »Ich kriege auch oft im Schlaf einen Ständer«, sagte er.
    »Guck mich an!« schrie sie. »Ich hab auch einen Ständer.«
    »Das sehe ich«, sagte Jack. »Und Brüste hast du auch.« (Sie waren
hart wie Äpfel – das wußte Jack, weil er sie ständig aus seinem Gesicht
schieben mußte.)
    Diesmal sah er den linken Haken kommen, genauso wie den rechten
Aufwärtshaken und den Kopfstoß. Mag sein, daß sie Tänzerin war, aber sie
trainierte auch noch irgend etwas anderes. Es war nicht ihre erste Schlägerei.
    Natürlich klingelte das Telefon – der Empfang, wie Jack vermutete.
Wahrscheinlich hatten Leute aus den Nachbarzimmern gehört, wie die Lampe und
alles andere zu Bruch gegangen waren, und beim Empfang angerufen. Donald Trump wäre bestimmt begeistert!, dachte Jack. (Die
berühmte Aussicht vom Trump auf den Central Park – im Augenblick wurde sie
völlig ignoriert.)
    Er hörte, wie die Sicherheitsleute im Schloß seiner Zimmertür
herumstocherten, aber er hatte bei der Tänzerin einen Kopfdurchzug angesetzt
und würde sie nicht loslassen – nicht einmal, um die Tür zu öffnen. Ihre
Fingernägel waren wie Klauen, und er mußte den Kopfdurchzug lösen, als sie ihn
in den Unterarm biß.
    »Du kämpfst wie ein kleines Mädchen«, sagte Jack zu ihr.
    Er wußte, das würde sie richtig sauer machen. Als sie auf ihn
losging, gelang ihm ein ziemlich guter Durchschlüpfer, dank dem er hinter sie
kam. Mit einer doppelten Armklammer nagelte er sie bäuchlings auf dem Teppich
fest, so daß sie ihn nicht beißen konnte. Die Sicherheitsleute kriegten endlich
die Tür auf. Sie waren zu zweit und hatten den Nachtportier dabei.
    »Wir sind hier, um Ihnen zu helfen, Mr. Burns – ich meine, Mr.
Mocco«, sagte der Nachtportier.
    »Ich habe eine durchgedrehte Tänzerin am Hals«, sagte Jack zu ihnen.
    [967]  »Er hatte einen Ständer, eindeutig«, sagte der Transvestit.
    Einer der Sicherheitsleute hatte geglaubt, Jack wäre tatsächlich ein
Krüppel. Er hatte Jack nie außerhalb des Rollstuhls gesehen – nicht einmal im
Kino. (Er war ganz eindeutig kein Kinogänger.) So wie der andere
Sicherheitsmann reagierte, als die drei die Tänzerin gewaltsam anzogen, waren
Transen für ihn ein völlig neues Phänomen.
    Jack ging nicht zu Bett, sondern blieb auf und überlegte, wie er Dr.
García diesen Teil seiner Lebensgeschichte erzählen würde. Er wußte, dieser
Vorfall würde seinen Moment in der chronologischen Reihenfolge nicht abwarten.
Er hatte einen kalten Waschlappen auf die Stelle an seinem Unterarm gelegt, wo
die Tänzerin ihn gebissen hatte. Die Haut war nicht aufgerissen, aber der Biß
tat weh und sah häßlich aus.
    Am späten Vormittag sprach Jack vom Set aus mit Dr. García und sagte
ihr, der

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