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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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bewußt war, wie sich
das einfallende Licht in ihrer silbernen Strähne fing.)
    »Gibt es in Kilchberg noch andere Patienten, die auf Veranlassung
von Familienangehörigen hier sind – ich meine auf unbestimmte Zeit?« fragte
Jack.
    »Nun ja…«, seufzte Professor Ritter.
    »Es ist höchst ungewöhnlich, daß ein Privatpatient jahrelang hier
bleibt«, sagte Dr. Berger.
    »Wir sind teuer«, warf Dr. von Rohr ein.
    »Aber wir sind es wert!« bellte Dr. Horvath. »Und William fühlt sich
hier rundum wohl!«
    »Über die Kosten mache ich mir keine Gedanken«, sagte Jack. »Ich
habe mich nur gefragt, wie sich das langfristig auswirkt.«
    »Sie denken an Hospitalismus?« fragte Dr. von Rohr in ihrem
Ich-frage-nur-Ton.
    »Was genau ist das eigentlich?« fragte Jack.
    »Eine Schädigung, die aufgrund eines Krankenhausaufenthalts
eintritt, und zwar zusätzlich zu der Krankheit, derentwegen man sich im
Krankenhaus aufhält: also eine zweite Krankheit«, stellte Dr. Berger fest, dies
allerdings in einem Ton, als glaubte er nicht daran, als wäre Hospitalismus ein
spekulatives Leiden von der Art, nach der Dr. von Rohr nur
fragte, fast eine eingebildete Krankheit, die ein Faktenmensch wie Dr.
Berger im allgemeinen ausschloß.
    »Gegen Hospitalismus gibt es keine Medikamente«, sagte Dr.
Krauer-Poppe – als gäbe es die Krankheit für sie eigentlich auch nicht.
    [1069]  »Aber William fühlt sich hier wohl!« insistierte Dr. Horvath.
    »In St. Peter fühlt er sich wohler«, korrigierte Dr. von Rohr ihren
Kollegen. »In der Kirche St. Peter«, erklärte sie Jack. »Ihr Vater spielt dort
Orgel – Montag, Mittwoch und Freitag morgens um acht.«
    »Morgen früh kann Jack ihn spielen hören!« rief Dr. Horvath.
    »Das allein dürfte die Reise wert sein – sogar die weite Anreise von
Los Angeles«, sagte Dr. Berger zu Jack.
    »Einer von uns sollte mitkommen – Jack sollte nicht allein mit
William gehen«, sagte Professor Ritter.
    »William geht nie allein nach St. Peter!« rief Dr. von Rohr.
    »Sie sollten auch nicht mit Hugo gehen«, gab Dr. Krauer-Poppe zu
bedenken. »Einer von uns sollte mit Jack und William gehen.«
    »Aber das meine ich doch!« sagte Professor Ritter in entnervtem Ton.
    »Ich kann Sie mitnehmen!« tönte Dr. Horvath. »Ihr Vater wird sich
riesig darüber freuen, für Sie zu spielen!« sagte er zu Jack.
    »Vielleicht freut er sich zu sehr«, sagte Dr. Krauer-Poppe. »Ich
komme am besten auch mit – bloß für den Fall, daß ein Medikament benötigt wird.
Möglicherweise ist ein Beruhigungsmittel angezeigt.«
    »Übergroße Freude kann ein Auslöser sein«, erklärte Dr. Berger.
    » Kann einer sein, ist normalerweise aber keiner«, sagte Dr. von Rohr zu Jack.
    »Anna-Elisabeth und ich werden beide nach St. Peter mitkommen. Es
kann nichts passieren, worauf wir nicht vorbereitet sind!« sagte Dr. Horvath
sehr bestimmt.
    »Ihr Vater liegt uns besonders am Herzen, Jack. Wir schätzen uns
glücklich, uns um ihn kümmern zu dürfen«, sagte Professor Ritter.
    [1070]  »Es ist uns eine Ehre, ihn zu beschützen«, konterte die
übergenaue Dr. von Rohr.
    »Und was macht er mit Hugo, wenn sie zusammen in die Stadt fahren?«
fragte Jack das Team.
    Dr. Horvath sprang auf den Boden der Gymnastikhalle. Professor
Ritter verkniff sich ausnahmsweise einmal sein »Nun ja…« Dr. Krauer-Poppe verschränkte
emphatisch die Arme vor der Brust, als wollte sie sagen, daß es gegen das, was
William und Hugo in der Stadt machten, kein Medikament gab. Dr. von Rohr schlug
ganz untypischerweise die Hände vors Gesicht, als glaubte sie vorübergehend,
sie wäre Dr. Krauer-Poppe.
    »Oft gehen sie nur in ein Café –«, hob Professor Ritter an.
    »Sie gehen sich Frauen ansehen, aber nur ansehen «,
behauptete Dr. Horvath.
    »Hat mein Vater eine Freundin?« fragte Jack.
    »Er nimmt Frauen durchaus wahr«, sagte Dr. Krauer-Poppe. »Und er ist
für Frauen nach wie vor sehr attraktiv. Nicht wenige unserer Patientinnen hier
fühlen sich zu ihm hingezogen, aber natürlich unterbinden wir derartige
Beziehungen in der Klinik.«
    »Ist er denn immer noch sexuell interessiert oder aktiv?« fragte Jack.
    »Hier hoffentlich nicht!« rief Dr. Horvath.
    »Ich meine in der Stadt«, sagte Jack.
    »Gelegentlich«, begann Dr. Berger auf seine faktenorientierte Art,
»geht Hugo mit Ihrem Vater zu einer Prostituierten.«
    »Ist das denn nicht gefährlich?« fragte Jack Dr. Krauer-Poppe, die
(stellte er sich vor) dagegen

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