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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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Heft. Wenn Agapkin fragte, was das sei, antwortete der Professor: »Ach, nichts weiter, Notizen.« Dann gähnte er wieder und klagte über den chronischen Schlafmangel. Sweschnikow über die Schulter zuschauen, wagte Agapkin nicht, das konnte der Professor nicht leiden. Dann runzelte er die Stirn und schlug das Heft zu. Das Einzige, was Agapkin sah, waren die Bücher auf dem Tisch. Es war eine seltsame Auswahl. Zerfledderte alte Folianten auf Deutsch, Englisch und Französisch. Bücher über Taoismus, Alchemie, Die Lebensgeschichte des Paracelsius . Daneben ein Stapel moderner medizinischer Almanache und Zeitschriften, Maximows Grundlagen der Histologie, Virchows Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre, die druckfrische Broschüre Gehirn und Nervensystem eines gewissen Gerhard, Metschnikows Buch Etüden über die Natur des Menschen mit einer Widmung. Sowie zwei alte, auseinanderfallende Heftchen eines gewissen Nikita Koroba: Bräuche und Kulte der Steppenvölker und Aufzeichnungen zu Geschichte und Sitten der wilden Nomaden im Gouvernement Wudu-Schambala .
    »Ich verstehe Sie nicht, Michail Wladimirowitsch, Sie sind doch Wissenschaftler! Lassen Sie das Lazarett sausen, zum Teufel damit! Sie stehen kurz vor einer weltbewegenden Entdeckung, die bringt eine Wende in sämtlichen Naturwissenschaften, in der Philosophie, in der Geschichte, im Leben selbst!«
    Der Professor schüttelte den Kopf und versuchte, den Eifer seines Assistenten zu dämpfen.
    »Fjodor, wir haben bislang nichts außer seltsamen Zufällen. Die Ratte Grigori hat Glück gehabt, da sollten wir uns nichts vormachen. Sie haben binnen drei Monaten Hunderte Versuchstiere getötet, und alles umsonst.«
    »Nur hundert. Aber das ist unwichtig! Sie haben mir ja Ihre Methode nicht erklärt, und ich bin aufs Geratewohl vorgegangen.«
    »Es gibt keine Methode. Auch ich bin aufs Geratewohl vorgegangen und habe Ihnen alles berichtet. Möglicherweiseenthielt das Blut der Spenderratte oder die Luft zum Zeitpunkt der Operation eine unbekannte Bakterienkultur. Nicht ausgeschlossen, dass auch der Wechsel von Licht und Dunkel eine Rolle gespielt hat. Die Epiphyse ist lichtempfindlich. Womöglich hatten auch die Tränen einen positiven Effekt. Sie liefen mir aus den Augen, weil ich eine Ätherflasche zerbrochen hatte. Aber entscheidend für den Erfolg der Operation war vermutlich die Romanze Nebliger Morgen, die ich bei der Manipulation an der Ratte vor mich hin sang.«
    Mehrfach ging Agapkin in Sweschnikows Abwesenheit in dessen Arbeitszimmer und suchte nach dem lila Heft. Er wusste, dass es im einzigen abgeschlossenen Schubfach des Schreibtisches lag. Er suchte nach dem Schlüssel, wurde von Klawdija auf frischer Tat ertappt und rechtfertigte sich ausführlich und verworren, was ihn dem redlichen Dienstmädchen noch verdächtiger machte.
    Agapkin magerte ab, wurde blass, büßte seinen Schlaf und seinen Appetit ein. Das bemerkte sogar Wolodja, der eigentlich kein besonderes Auge und Gespür für fremdes Leiden hatte.
    »Möchten Sie sich nicht ein wenig zerstreuen?«, fragte er ihn eines Tages beim Essen.
    Sie saßen zu zweit am Tisch und wurden von Marina bedient. Sonst war niemand im Haus.
    »Was meinen Sie damit?« Agapkin fuhr auf und warf ein Stück warmen Kringel, das er eben noch lange und gründlich mit Butter bestrichen hatte, auf den Teller.
    »Ich besuche morgen eine bemerkenswerte Dame. Ich könnte Sie mitnehmen.«
    »Zu Renata?« Agapkin gähnte qualvoll.
    »Wie haben Sie das erraten?«
    »In letzter Zeit ist sie für Sie offenbar die bemerkenswerteste Dame in Moskau, womöglich in ganz Russland. Aber, verzeihenSie, ich teile Ihre Begeisterung nicht, außerdem bin ich beschäftigt.«
    Wolodja trank einen Schluck Kaffee, holte eine Papirossa hervor, steckte sie in eine Bernsteinspitze, sah Agapkin spöttisch an und fragte: »Womit genau sind Sie denn so beschäftigt, dass Sie nicht schlafen, nicht essen und nicht an die frische Luft gehen?«
    Er riss ein Streichholz an, die angezündete Papirossa roch appetitlich. Agapkin gähnte erneut, diesmal gespielt, zog eine silberne Taschenuhr heraus, stand auf und schob geräuschvoll den Stuhl zurück.
    »Entschuldigen Sie, Wolodja, ich muss ins Labor. Ich wünsche Ihnen guten Appetit und einen amüsanten Abend bei Renata!«
    »Und Sie werden doch mitkommen, Fjodor Fjodorowitsch«, sagte Wolodja sehr leise in seinem Rücken.
    »Was?« Agapkin drehte sich zu abrupt um,

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