Bis in alle Ewigkeit
Fjodorowitsch?« Die Schwester schüttelte den Kopf und drehte Agapkin mit dem Gesicht zum Licht. »Die Haut ist aufgeplatzt, es blutet sogar. Na, dann sitzen Sie mal schön still, ich kümmere mich darum.«
Doch Agapkin stieß ihre Hand weg, sprang auf und rannte hinaus.
»Völlig durchgedreht. Wohl zu viel Kokain geschnupft«, knurrte die Schwester ihm hinterher.
Diesmal stand die Tür zu Ossjas Zimmer offen. Außer Ossja und Tanja war niemand im Raum. Ossja hing am Tropf, Tanja lag angezogen, mit einem Wolltuch zugedeckt, auf einem Klappbett und schlief. Es roch schwach nach Ethanol. So roch es in allen Behandlungsräumen. Ethanol wurde zum Desinfizieren von Wunden benutzt. Agapkin schlich sich auf Zehenspitzen hinein und sah den Spirituskocher und eine Schale mit Spritzen. Ohne nachzudenken, schloss er die Tür und drehte den Schlüssel um.
Sein Blick blieb an der abgewetzten Arzttasche haften, die auf einem Stuhl stand. Langsam, wie unter Hypnose, machte er ein paar Schritte darauf zu. Die Tasche war offen. Sie enthielt die üblichen, ordentlich sortierten Instrumente, Medizinfläschchen und Medikamentenschachteln.
Vor Schmerzen und Schlafmangel tränten Agapkin die Augen. Durchs Fenster drang nebliges Morgenlicht herein.
Ich hätte erst ins Labor gehen sollen, da kenne ich mich aus, ich hätte gesehen, was fehlt, und Bescheid gewusst.
Noch ein Schritt, und er konnte die dunklen Fläschchen und die Etiketten darauf erkennen.
Ein leises Stöhnen ließ ihn zusammenzucken und die Hand von der Tasche wegziehen. Tanja hatte die Augen geöffnet und starrte ihn an. Im ersten Moment erkannte sie ihn nicht, dann setzte sie sich abrupt auf und rieb sich die Augen.
»Sie? Was machen Sie hier?«
»Guten Morgen, Tanja.« Er räusperte sich heiser und presste die eiskalten Finger auf die heiße Beule auf der Stirn. »Wie geht es Ossja? Ich habe mir Sorgen gemacht, Sie waren die ganze Nacht hier. Soll ich Sie ablösen?«
Draußen wurde heftig an der Tür gerüttelt. Dann klopfte es.
»Sie haben abgeschlossen? Warum?«, fragte Tanja erstaunt.
»Verzeihen Sie. Reine Gewohnheit.« Er ging zur Tür und schloss auf.
Sweschnikow kam herein, warf einen raschen Blick auf seinen Assistenten, auf Tanja, ging wortlos zu Ossja, schlug die Decke zurück, drückte das Stethoskop auf seine Brust und hörte ihn ab. Er runzelte die Stirn und bewegte konzentriert die Lippen. Agapkin verzog sich rückwärts in eine Ecke und ließ sich auf einem Hocker nieder.
»Nun ja, nicht schlecht«, sagte der Professor schließlich. »Tanja, geh jetzt nach Hause, schlafen. Die Droschke wartet unten. Ich habe mit einer Pflegerin gesprochen, sie kommt gleich und bleibt bis zum Abend hier, dann löst Schwester Arina sie ab.«
»Und du?«, fragte Tanja.
»Ich habe in zwanzig Minuten Visite.«
»Bist du sicher, dass wir Ossja einer Pflegerin anvertrauen können?«
»Ja. Er liegt nicht mehr im Koma. Er schläft. Beruhige dich endlich.« Der Professor nahm ein kleines Fläschchen mit Glasstöpsel und ohne Etikett vom Tisch.
Agapkin starrte wie gebannt darauf und verstand nicht, wieso er es nicht früher bemerkt hatte. Der Professor fing seinen Blick auf, seufzte, schüttelte den Kopf, wickelte das Fläschchen sorgfältig in Mull und packte es in seine Tasche.
»Fjodor, Sie sind aus dem Behandlungszimmer weggelaufen und haben der Schwester einen Schreck eingejagt. Auf Ihrer Stirn prangt eine gewaltige Beule, das Blut ist geronnen. Was war los? Seien Sie so gut, erklären Sie es mir.«
»Ach, nichts, ich dachte plötzlich: Progerie, Alterung, das ist genau der Fall …«, murmelte Agapkin erschrocken. »Verzeihen Sie, ich habe nicht ausgeschlafen, ich war irgendwie schrecklich aufgeregt. Ich wüsste gern: Gibt es Hoffnung?«
Stille trat ein. Der Professor schloss seine Tasche und reichte sie Tanja. Bevor sie hinausging, küsste sie den schlafenden Ossja, zupfte ihm die Decke zurecht, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste ihren Vater auf die Wange, dann sah sie Agapkin an und sagte: »Fjodor Fjodorowitsch, Ihre Nerven sind sehr angegriffen. Schonen Sie sich. Sie müssen sich mal ausruhen, Sie brauchen frische Luft und gesunden Schlaf.«
Siebtes Kapitel
»Hast du keine Angst, dass deine Mascha dir in ein, zwei Jahren über wird?«, fragte Colt leise, als er sich auf dem Flugplatz von Tamerlanow verabschiedete.
Das Gesicht des Gouverneurs wurde starr, eine ungute Blässe trat unter seiner Bräune hervor, und seine Augen funkelten so, dass
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