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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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ist bei ihrer Oma aufgewachsen, meiner Mutter, und ich war ständig auf Expeditionen. Wissen Sie, ich hatte so ein Gefühl, dass ich nicht hierherkommen sollte. Ich hätte in Moskau bleiben, auf Olja warten und sie in Empfang nehmen sollen, dann wäre die Situation jetzt nicht so aberwitzig. Aber die Sonorch-Priester, die haben nicht nur mir den Kopf verdreht. Ihr Zeichen, der dreiäugige Garuda, wurde auf verschiedenen Kontinenten entdeckt, auf Denkmälern verschiedener Epochen. China, Indien, Ägypten. Der Potala-Palast in Tibet. Die australischen Ureinwohner malen ihn auf Bumerangs und fertigen rituelle Garuda-Masken.«
    »Was ist der Garuda?«
    »Ein mythisches Geschöpf, ein Vogel mit Menschenkopf und Adlerflügeln. Seine Verwandten in Zeit und Raum sind der Samurg, der Feuervogel und Phönix. Sie alle sind Feuergeborene, erstehen aus Asche wieder auf und beherrschen das Geheimnis der physischen Unsterblichkeit. Doch nur der Garuda der Sonorchen hat ein drittes Auge, es ist rhombenförmig, wie ein Schlangenauge, und sitzt nicht auf der Stirn, sondern auf dem Scheitel. Seine Form und Lage erinnern an die Fontanelle bei Neugeborenen. Vielleicht ist es ja der Schlüssel zum Geheimnis.« Sie lachte nervös, öffnete ihre Tasche, zog eine Zigarette aus einer Schachtel, steckte sie aber gleich wieder zurück.
    »Rauchen Sie nur, wenn Sie möchten«, sagte Colt und ließ ein Feuerzeug schnappen. »Sie haben gesagt, das dritte Auge sei der Schlüssel zum Geheimnis. Was meinten Sie damit?«
    »Überall, wo die Sonorchen ihre Spuren hinterlassen haben, werden bei Ausgrabungen Schädel mit Spuren einer Trepanation gefunden. Der rhombische Schnitt auf dem Kopf ist professionell ausgeführt, die Patienten überlebten die Operation.Einige Experten glauben, Ziel der Operation sei eine Manipulation an der Epiphyse, der Zirbeldrüse, gewesen. In den meisten antiken Mythologien gilt die Zirbeldrüse als drittes Auge. Heute vermuten die Biologen, dass namentlich die Zirbeldrüse für das Altern und den Tod des Körpers verantwortlich ist. Das hat ein großartiger russischer Arzt übrigens schon zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts begriffen. Womöglich habe ich es ihm zu verdanken, dass ich jetzt mit Ihnen fliege.«
    Colt stand auf. Sofort erhob sich auch die blutjunge Stewardess von ihrem Platz.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Danke, nicht nötig. Schlafen Sie weiter«, sagte er und schob das Mädchen beiseite.
    »Aber Sie sollten lieber nicht herumlaufen, wir kommen gleich in ein Gebiet mit Turbulenzen.«
    »In Ordnung. Schenken Sie mir bitte einen Kognak ein.«
    Das Mädchen brachte ihm ein Kristallglas auf einem Tablett.
    Colt leerte das Glas in einem Zug. Etwas Kognak geriet in seine Luftröhre, und er hustete lange und qualvoll, wurde krebsrot, und seine Augen tränten. Jelena klopfte ihm erschrocken auf den Rücken. Die Stewardess bot ihm Wasser und Tabletten an. Das Flugzeug wurde durchgerüttelt. Colt stürzte zur Toilette, der Husten war in Brechreiz übergegangen.
    »Und?«, fragte Jelena besorgt, als er sich endlich in den Sitz ihr gegenüber fallenließ.
    »Alles in Ordnung. Achten Sie nicht darauf. Weiter, bitte.«
    »Was?«
    »Der russische Doktor, dem Sie es verdanken …« Colt schluckte krampfhaft, »dessentwegen Sie in die Steppe gefahren sind.«
    »Nun ja, im Grunde ist das alles sehr vage, nur Vermutungen von mir, mehr nicht. Der Doktor interessierte sich fürdie Funktionen der Epiphyse, und die Legende behauptet, einige seiner Versuche seien erfolgreich gewesen. Doch dann – Revolution, Bürgerkrieg, der Doktor ist in diesem blutigen Chaos verschwunden. Einer Hypothese zufolge wurde er beim Versuch, die russisch-finnische Grenze zu überschreiten, von Tschekisten festgenommen und arbeitete dann in einem geheimen Laboratorium unter der Schirmherrschaft von Gleb Bokia, zusammen mit Bartschenko. Vor kurzem bin ich in einem Privatarchiv auf den Entwurf eines Briefes von Bartschenko gestoßen, in dem er seinen Vorgesetzten die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Expedition in die Republik Wudu-Schambala darlegt. Der Text ist undeutlich, voller Verschleierungen und Abkürzungen. Weder der Name des Doktors noch das Wort ›Sonorchen‹ kommen darin vor. Nur ein Hinweis auf ein lokales Epos über einen Orden von Unsterblichen. Sie hätten das dritte Auge geöffnet. Ihre uralte vergessene Methode decke sich mit der Hauptrichtung der Forschungen des Laboratoriums für spezielle

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